Portrait von Jürgen Kucharczyk
Jürgen Kucharczyk
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Jürgen Kucharczyk zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Matthias S. •

Frage an Jürgen Kucharczyk von Matthias S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kucharczyk,

ich hätte gerne einmal gewust warum sie für die Voratsdatenspeicherung gestimmt haben und was sie von den Jährlich statt findenden Bilderberg Konferrenzen halten bzw. wissen ,an denen 2005 unter anderem Angela Merkel,Gerhard Schröder und Otto Schily teilgenommen haben ?

M.f.G.
Matthias Streib

Portrait von Jürgen Kucharczyk
Antwort von
SPD

Berlin, den 29. November 2007

Sehr geehrter Herr Streib,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 18. November 2007, die Sie über abgeordnetenwatch.de an mich gerichtet haben. Gern möchte ich auf die von Ihnen gestellten Fragen eingehen.

Trotz schwerwiegender politischer und verfassungsrechtlicher Bedenken habe ich im Ergebnis dem Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung zugestimmt, jedoch gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen eine persönliche Erklärung am Tag der Abstimmung abgegeben, die ich Ihnen in Auszügen vorstellen möchte.

„Grundsätzlich stimmen wir mit dem Ansatz der Bundesregierung und der Mehrheit unserer Fraktion dahingehend überein, dass die insbesondere durch den internationalen Terrorismus und dessen Folgeerscheinungen entstandene labile Sicherheitslage auch in Deutschland neue Antworten benötigt. Dabei sind wir uns auch bewusst, dass insbesondere durch die rasante Entwicklung der Telekommunikation auch in diesem Bereich Maßnahmen zur Verhinderung schwerster Straftaten notwendig sind. Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, dass – nicht zuletzt befördert durch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – Freiheitsrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung konstitutiven Charakter für die Existenz unseres Gemeinwesens haben und die Beachtung dieser Rechte immer wieder angemahnt wurde.

In diesem Abwägungsprozess gilt für uns, dass Sicherheit keinen Vorrang vor Freiheit genießen darf, will man beides gewährleisten. Weder gibt unsere Verfassung ein Grundrecht auf Sicherheit her, noch ist vorstellbar, dass es ohne Abschaffung der Freiheit eine absolute Sicherheit gegen jedwede Gefährdung durch kriminelles Handeln geben kann.

Wir werden diesem Gesetzentwurf trotz dieser Bedenken zustimmen, weil es den Rechtspolitikern unserer Fraktion gelungen ist, hohe Hürden für die Umsetzung dieser problematischen Restriktionen einzuziehen. Ein generell geltender Richtervorbehalt z.B. für den Zugriff auf bei den Telekommunikationsunternehmen ohne Anlass gespeicherte Verbindungsdaten, das ausdrückliche Verbot des Rückgriffs auf Informationen, die zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung gehören, die Beschränkung des Zugriffs und der Verwertung auf „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ machen den dargestellten Paradigmenwechsel weniger unerträglich.“

Zu den Bilderberg-Konferenzen hat mein Fraktionskollege Martin Gerster MdB bereits im Sommer 2007 ein Statement auf abgeordnetenwatch.de abgegeben, das ich uneingeschränkt teile. Er schreibt: „Bei den Bilderberg-Konferenzen handelt es sich um seit 1954 jährlich stattfindende Treffen hochrangiger Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Medien, die früher vor allem aus den Staaten der NATO stammten – mittlerweile hat sich dieser Kreis erweitert. Die Tatsache, dass es zu den entsprechenden Treffen weder Tagesordnungen, noch Medienberichte oder offizielle Protokolle gibt, hat in der Vergangenheit diversen Verschwörungstheorien Nahrung gegeben.

Grundsätzlich bin ich kein Anhänger solcher Mutmaßungen und halte viele der hierzu kursierenden Informationen für so wenig glaubwürdig, dass ich sie an dieser Stelle nicht kommentieren will. Das gilt auch für die angeblichen oder tatsächlichen Namen auf den kursierenden Gästelisten. Natürlich nähren private Zusammenkünfte von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens den Vorwurf, hier werde große Politik hinter verschlossenen Türen gemacht. Dennoch sollte man den faktischen Einfluss solcher Treffen und Gespräche auch nicht überschätzen.

Auf Grund der vielschichtigen Mechanismen demokratischer Kontrolle halte ich die Spekulationen über den angeblich massiven Einfluss solcher Treffen auf die politische Entwicklung - gerade in Bezug auf Deutschland - für überzogen. Aus demokratietheoretischer Sicht finde ich diesen Mangel an Transparenz sehr bedauerlich, sehe aber auch keinen Anlass mich als "Kaffeesatzleser" zu betätigen."

Ich hoffe sehr, dass meine Ausführungen für Sie von Nutzen sind.

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Kucharczyk