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Josef Göppel
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Frage von Harald K. •

Frage an Josef Göppel von Harald K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Göppel,

versucht man als Bürger kritische Fragen zur EU, dem Euro oder den je nach Kanzlerinnenlaune mehr oder weniger offenen Grenzen zu stellen antwortet die politische Klasse im Allgemeinen, aber auch Ihre Parteifreunde und Sie persönlich immer recht nebulös mit dem Satz "Deutschland profitiert am meisten" (z.B. Ihre Antwort auf diesem Portal vom 28.4.15). Ich gehe davon aus, daß Sie als seriöser Politiker diese Behauptung problemlos belegen können. Ich bitte Sie deshalb mir die Bezugsquelle bzw. den Titel der wissenschaftlich Studie zu nennen auf die sich Ihre Aussage bezieht. Außerdem würde mich interessieren, was Sie exakt unter dem Begriff "profitieren" verstehen und inwiefern andere EU und Euromitgliedsstaaten Ihrer Meinung nach in geringerem Maße von den Segnungen der Staatengemeinschaft "profitieren"?

Mit freundlichen Grüßen

Harald Kroemer

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kroemer,

die Europäische Union ist viel mehr als nur der wirtschaftliche Vorteil einer Freihandelszone. Ein enger kultureller und wirtschaftlicher Austausch mit Staaten wie Frankreich, Belgien oder Italien ist inzwischen so selbstverständlich, dass es schwer fällt, einen Alltag ohne Europäische Union als Vergleichsmaßstab zu denken. Naheliegend wäre ein Vergleich mit der Schweiz, die aber über zahlreiche völkerrechtliche Verträge eng mit der Europäischen Union verbunden ist. Hinzu kommt, dass für ein größeres, in der Mitte Europas liegendes Land, ein Rosinenpicken nach dem Schweizer Vorbild schwer zu realisieren wäre. Es gibt für Deutschland aufgrund unserer geographischen Lage und des wirtschaftlichen Gewichts keine Alternative zur aktiven Gestaltung des Zusammenlebens mit unseren Nachbarn.

Die Europäische Union ist die Plattform, auf der wir mit unseren Nachbarn Probleme diskutieren und gemeinsam lösen. Die Geschichte Europas beweist, dass sich sonst Spannungen aufbauen, die in Konflikte münden, die sich sicher niemand wünschen kann. Es gehört übrigens selbstverständlich zu einer demokratisch verfassten Staatengemeinschaft, dass auch Integrationsschritte kritisch hinterfragt werden und Anpassungen notwendig werden können.

Zurück zum Kern Ihrer Frage. Sie beschreiben nicht, was Sie als Alternative sehen. Ich schlage vor, dass wir uns ein Europa der Nationalstaaten vorstellen, das diplomatische Beziehungen wie die Staaten Südamerikas unterhält, aber auf die Erhebung von Zöllen verzichtet. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse könnten dann ein Problem sein. Nehmen wir an, es hätte die Osterweiterung der Europäischen Union nicht gegeben. Polen und Tschechien wären also einfach nur Mitglied einer Freihandelszone geworden, wie sie Mexiko und die USA bilden. Die NAFTA hat es bei weitem nicht in vergleichbarem Maße geschafft, ärmere Mitglieder wirtschaftlich zu entwickeln. Obwohl die USA ihre südliche Grenze zum Bollwerk ausgebaut haben, blüht die grenzüberschreitende Kriminalität und der Migrationsdruck ist unverändert hoch.

Wie diese beiden Beispiele zeigen, ist aus meiner Sicht bei der Beurteilung der Vor- und Nachteile der Europäischen Union die eigene Vorstellungs- und Urteilskraft die wichtigste Leitschnur. Es gibt aber natürlich auch volkswirtschaftliche Studien, die den von Ihnen gewünschten Vergleich in mathematisch gestützten Modellen versuchen. Ein Beispiel ist die Studie "Economic Growth and European Integration: A Counterfactual Analysis" aus dem Jahr 2013. Die Forscher vergleichen Staaten, die der europäischen Union beigetreten sind, mit außereuropäischen Staaten, die eine ähnliche wirtschaftliche Ausgangsbasis hatten. Im Falle Großbritanniens kommen die Volkswirte zum Ergebnis, dass das heutige Pro-Kopf-Einkommen um rund ein Viertel niedriger läge. Sie finden die Studie hier: http://extranet.isnie.org/uploads/isnie2013/campos_coricelli_moretti.pdf .

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Josef Göppel