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Johann Wadephul
CDU
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Frage von Miriam-Luan W. •

Warum sind Sie auf einmal für eine Zusammenarbeit mit der AfD? Warum trägt die CDU nicht die Verantwortung und setzt sich für einen AfD Verbot ein?

Sehr geehrter Herr Wadephul,

ich bin einfach nur schockiert, wie sehr gerade ihre CDU und Sie versuchen die AfD zu normalisieren und mit denen zusammenzuarbeiten. Ihre Aussagen haben mich und meine Familie komplett schockiert. Meine Familie war Opfer von der NS-Zeit gewesen. Meine Oma war selbst im KZ-Lager gewesen! Wir wollen nicht, dass genau so eine Partei wie die AfD mehr Macht bekommt und normalisiert wird. Sie trägt sehr offen bei, Hass zu verbreiten. Sie verwendet genau die Mitteln wie die NSDAP. Die CDU ist genau wie die Zentrumspartei wie früher. Ich und meine Familie und paar weitere Freunde haben aus diesem Grunde im Herbst Deutschland endgültig zu verlassen! Die Umfragen für die AfD steigen immer mehr. Und die CDU ist an dieser Katastrophe massiv beteiligt. Ich habe sie vertraut und Sie haben es jetzt schon gebrochen.

Wird die CDU überhaupt einmal in ihrer Verantwortung gerecht mal gescheiter gegen die AfD vorzugehen oder bleibt sie ein Steigbügelhalter?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau W.,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zum Umgang mit der AfD. Ich kann Ihnen versichern, dass es zwischen der uns und der AfD keine Zusammenarbeit geben wird! Eine Partei, die den Austritt aus der EU und der NATO fordert, gegen Menschen hetzt und Grundwerte unserer Verfassung infrage stellt, widerspricht grundlegend unseren politischen Überzeugungen.

Wir müssen uns aber gleichwohl die Frage stellen, wie wir mit dem immer weiteren Erstarken der AfD umgehen. Dabei wird es der AfD nur weiter helfen, wenn wir ihnen weiterhin die Opferrolle geben, auf die sie mittlerweile ihr politisches Konzept aufgebaut hat.

Die politische und inhaltliche Auseinandersetzung ist stattdessen der geeignete Weg, um die AfD zu stellen. Die Lösung liegt in der Bewältigung politischer und gesellschaftlicher Probleme. Die AfD besitzt keine echten Lösungen für die Probleme in unserem Land. Sie verfolgt eine rein destruktive Politik, die unserem Land und unserer Gesellschaft schadet. Sie unterscheidet sich damit fundamental von unseren politischen Grundwerten. Unser Land braucht eine Politik, welche die Probleme im Land entschlossen angeht und dieser gefährlichen Entwicklung somit den Nährboden entzieht. Dabei dürfen wir auch bestimmte Themen wie etwa die Migrationspolitik nicht in der gesellschaftspolitischen Debatte tabuisieren. Denn am Ende überlassen wir dadurch nur das Feld der AfD, wenn die anderen Parteien keine Lösungen bieten und sich Wählerinnen und Wähler deshalb aus Politikverdrossenheit heraus der AfD annähern.

Ein Parteiverbot als Lösung greift hier nach meiner Meinung dagegen zu kurz. Aus guten Gründen haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes die Möglichkeit eines Parteiverbots in unserer Verfassung verankert. Aus ebenso guten Gründen gelten für ein solches Parteiverbot aber auch sehr hohe Hürden. Bei einem Verbotsverfahren ist höchste Sorgfalt angezeigt. Denn von einem Verbotsverfahren, das am Ende keinen Erfolg hat, würde einzig und allein die AfD profitieren. Bereits die aktuelle Verbotsdiskussion mobilisiert die Anhängerschaft der AfD und hilft ihr einmal mehr, sich als Opfer darzustellen.

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben wir ausführlich und sachlich über den in der letzten Legislaturperiode avisierten Gruppenantrag diskutiert, der auf die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD abzielte. Wir haben dabei sowohl die Rechtslage als auch den politischen Kontext fundiert und ausführlich abgewogen.

Die überragende Mehrheit unserer Fraktion hat sich anschließend gegen einen Beitritt zum Gruppenantrag zur Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD entschieden. Dabei waren folgende Erwägungen für uns handlungsleitend.

Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen für ein Parteiverbot sind mit Blick auf die AfD – zumindest derzeit – aller Voraussicht nach nicht erfüllt. Zwar führt das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall auf Rechtsextremismus. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat diese Einschätzung bestätigt. Eine Einstufung als „Verdachtsfall“ ist aber nicht gleichzusetzen mit den – erheblich höheren – Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an das Verbot einer politischen Partei stellt. Wir gehen vielmehr davon aus, dass bei der AfD die Voraussetzungen eines Parteiverbots (noch) nicht erfüllt sind.

Das Verfahren zum Verbot einer politischen Partei dauert – selbst im Erfolgsfall – mehrere Jahre. Bei der NPD hat es vier Jahre gedauert. Selbst für den Fall eines erfolgreichen Verbotsantrags könnte sich die AfD weiterhin als vermeintliche „Märtyrer“ inszenieren.

Darüber hinaus fehlte dem Gruppenantrag die erforderliche Tatsachengrundlage in Form einer umfassenden Materialsammlung. Eine solche könnte nur durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter für Verfassungsschutz erstellt werden - erst auf einer solchen Grundlage kann eine fundierte Entscheidung getroffen werden. Überdies verlangt das Bundesverfassungsgericht, vor Einleitung eines Verbotsverfahrens „strikte Staatsfreiheit“ gegenüber der betroffenen Partei herzustellen. Das bedeutet: Die Begründung eines Verbotsantrages darf nicht auf Beweismaterialien gestützt werden, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist. Eine entsprechende Garantie vermag allerdings nur die Bundesregierung respektive die Landesregierungen zu geben. Sie allein vermögen deshalb einen überzeugenden Beweisantrag zu erarbeiten.

Zudem müssen wir auch die möglichen Folgen eines Scheiterns des Verbotsantrags bedenken: Die AfD erhielte faktisch ein verfassungsgerichtliches „Gütesiegel“, eine verfassungsgemäße Partei zu sein – dieses Risiko einzugehen, halte ich für nicht vertretbar.

Ich halte es für einen Trugschluss zu glauben, die Zustimmung zur AfD ließe sich „wegverbieten“. Die politischen Kräfte der demokratischen Mitte müssen die AfD stattdessen politisch und inhaltlich stellen. Wir wollen keine Symptombehandlung, sondern Ursachenbekämpfung: Die drängenden politischen Probleme Deutschlands müssen gelöst werden, um dem in der Bevölkerung weit verbreiteten Frust gerecht zu werden. Altbundespräsident Joachim Gauck bringt es auf den Punkt: Ein Verbotsverfahren würde „noch mehr Wut und noch mehr Radikalität erzeugen – und das wäre politisch schädlich“.

Mit freundlichen Grüßen
Johann Wadephul, MdB
 

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