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Jörn Wunderlich
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Jörn Wunderlich von Wilfried M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Wunderlich,

einer Propaganda aus dem bayer. Landesjugendamt zufolge sollten Richter in
Sorgerechtsverfahren schriftl. Äußerungen bzw. Gutachten, die von psychol. Sachverständigen erstattet wurden, an das Jugendamt weitergeben (S. 43 in 1.))

Dagegen sieht der namh. SGB VIII- und Datenschutzexperte Prof. Dr. jur. KUNKEL jedenfalls in der Weitergabe ohne Einverst. der Betroffenen eine Verletzung des Datengeheimnisses (2.), m.E. gleichbedeutend mit einer Verletzung von - in Gutachten oft in Fülle enhaltenen - Privatgeheimnissen § 203 Abs. 2 (1) StGB.

Der bayer. Landesbeauftragte für den Datenschutz war o.g. Propaganda 2005 entgegengetreten, indem er darauf aufmerksam machte, daß dem JA aus §§ 49, 49 a FGG keine Beteiligtenstellung zuwächst und § 624(4) ZPO zu beachten ist (3.).

Erinnert werden muß auch daran, daß SV- Gutachten erst nach richterlicher Prüfung - z..B. in Auswertung von Einwänden, welche die Parteien erheben - in den Rang beweiserheblicher Tatsachen erhoben werden und daß das JA vor Desinformationen geschützt werden sollte (vgl. Frankf. Kommentar 2006 SGB VIII zu § 17 Abs. 3 - Rz. 37).

Welche Auffassung vertritt DIE LINKE, welche vertreten Sie?

Sollten - strafbewehrt - eher das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und die Gewaltenteilung durchgesetzt werden oder die viel gepriesene kommunikative Vernetzung von JA und Fam.gericht?

Empfiehlt der Augsburger DS- Beauftragte (4.) dem JA zu Unrecht, Gutachten
ungelesen zurückzusenden?

Mit freudlichen Grüßen

W. Meißner
Gruppe Justizkontrolle Bayern/ Scientologyabwehr Deutschland

1.) http://maennerpartei.eu/index.php/downloads/doc_download/39-documenta-barbarica

2.) http://maennerpartei.eu/index.php/downloads/doc_download/36-prof-kunkel

3.) http://maennerpartei.eu/index.php/downloads/doc_download/37-051129bayrdatenschutzbeauftragteranwmbroschuerepdf

4.) http://maennerpartei.eu/index.php/downloads/doc_download/38-von-ds-beauftr-einer-sueddeutschen-stadt

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Meißner,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:

Der Wortlaut des Gesetzes ist da eindeutig. Nach § 17 Abs. 3 SGB VIII teilen die Gerichte in Scheidungssachen, bei denen minderjährige Betroffen sind, nur die Stammdaten (Name, Anschrift) mit, damit die Jugendämter ihre Beratungsangebote unterbreiten können. Die Übersendung weitergehender Informationen, wie Gutachten etc., wird davon nicht erfasst. Eine solche Übermittlung wäre, ein Verstoß gegen diverse Vorschriften wie § 624 IV ZPO a.F. (seit 01.09.09 § 139 FamFG), 170 GVG etc.

Dies ist nur dann in einem bestimmten Umfang zur Sachaufklärung und nach einer Abwägung zulässig, wenn z.B. das Jugendamt durch das Gericht herangezogen wird (früher §§ 49, 49a FGG, seit 01.09.09 § 162 FamFG) oder als Beteiligter dem Prozess beitritt, § 162 II FamFG. Sofern die beschriebene Handhabung durch die Gerichte also zutrifft, wäre dies rechtswidrig.

Die Einhaltung des Rechts ist Aufgabe der Gerichte selbst und von Behörden, z.B. der Datenschutzbehörden, so dass bei Kenntniserlangung solcher Vorgänge z.B. der Datenschutzbeauftragte informiert werden könnte.

Selbstverständlich ist es vor diesem Hintergrund skandalös, wenn derartige sensible Daten tatsächlich verschickt werden sollten. Eine Empfehlung an das Amt, übermittelte Gutachten ungelesen zurückzuschicken, ist allenfalls eine Notlösung zur Wahrung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Da nicht bekannt ist, ob derartige Praxis verbreitet ist, wird DIE LINKE zunächst Informationen einholen. Eine Novellierung des Gesetzes erscheint nicht erforderlich, da es sich hier um ein Vollzugsproblem handelt.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Wunderlich