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Jörn Wunderlich
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Frage von Michael S. •

Frage an Jörn Wunderlich von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wunderlich,

das war Klasse. Ich habe gerade auf youtube Ihre Rede in erster Lesung zu den DNS-Sperren gesehen.

Ein bestimmter Zusammenhang kommt mir in den Diskussionen die ich verfolge zu jedoch kurz.

Die Sperren helfen den Tätern

1. Ein Admin einer KiPo-Seite schaut, ob seine Seiten Online sind
2. Er entdeckt das Stoppschild
3. Er ist weg und entzieht sich der Strafverfolgung

=> Es wird nicht ein Kind gerettet aber die Anbieter geschützt.
Auch als begleitende Maßnahme sind die Sperren Gift und zwar unabhängig, ob im In- oder Ausland. Der Anbieter ist so oder so weg!

Wie sehen Sie das?

Gruß

Michael Schlierenkamp

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schlierenkamp,

selbstverständlich reicht es nicht, Kinderpornografie erst im Internet zu bekämpfen. Es müssen in erster Linie die Herstellung von Kinderpornografie, der sexuelle Missbrauch oder die sexueller Ausbeutung von Kindern aufgedeckt werden. Um aber wirkungsvoll agieren zu können, braucht die Polizei vor allem mehr Personal und eine bessere technische Ausstattung, um an die Täter heranzukommen.
Die Möglichkeit, dass Täter gewarnt werden, ist nicht von der Hand zu weisen.

Im Ergebnis der Anhörung im Wirtschaftsausschuss am 27. Mai 2009 zur Sperrung von Internetseiten zur Bekämpfung der Kinderpornografie musste ich feststellen, dass die von der Bundesregierung als wirksames Mittel gegen Kinderpornografie gepriesenen Internetsperren verfassungsrechtlich unzulässig, handwerklich mangelhaft und weitgehend nutzlos sind.*

Das BKA weiß nicht, welche Bedeutung das Internet beim Tausch von Kinderpornos hat. Der Verfassungsrechtler Prof. Matthias Bäcker hat gezeigt, dass das Gesetz einen ganzen Strauß verfassungsrechtlicher Probleme aufwirft. Und die Medienrechtlerin Dr. Korinna Kuhnen findet es albern, dass die Bundesregierung dem Löschen der Bilder keinen Vorrang einräumt.

Der Verdacht auf Internetzensur bleibt. Eine Ausweitung der Sperren fürchtet auch die Internetwirtschaft. Ein solcher Entwurf hilft keinem Kind, sondern ist Wahlkampfgetöse der Union. Wirkungsvoller wäre es, die Kriminalämter mit ausreichend Personal und Technik für einen aussichtsreichen Kampf gegen die Täter und Produzenten kinderpornografischen Materials ausstatten. Denn die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass Kinderpornografie in abgeschotteten Gruppen direkt getauscht wird. Das kann aber nicht durch rechtlich problematische Internetsperren verhindert werden.

Mit dem vermeintlichen Ziel der Terrorismusbekämpfung wurden bereits eine Reihe von Bürgerrechten eingeschränkt und nicht zuletzt die verdachtsunabhängige Speicherung sämtlicher Kommunikationsdaten beschlossen. DIE LINKE im Bundestag hat hinsichtlich der von der Bundesregierung angestrebten Datenerhebung/Datenschutz eine Reihe von Anträgen eingebracht, die sich an folgenden Grundsätzen orientieren:

- strengste Zweckbindung einmal erhobener Daten;
- radikale Datensparsamkeit;
- strengste Nachweise der konkreten Erforderlichkeit;
- Stärkung und Ausbau unabhängiger Datenschutzeinrichtungen.

Einer weiteren Einschränkung von Grundrechten wird die Linke nicht zustimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Wunderlich