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Frage von Claus D. •

Frage an Jörg Tauss von Claus D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Tauss,

ich will hier drei allgemeine Fragen stellen, die mich wirklich bewegen, denn auch ich bin ´politikverdrossen´ und glaube, dafür gute Gründe zu haben. Ich bin dicht davor, ins Lager der Nichtwähler zu wechseln (radikal will ich nicht wählen). Ja, ich habe grundsätzliche Probleme mit der ´real existierenden Demokratie´ in Deutschland.
1: Sie sind auch ´mein Volksvertreter´, obwohl nicht direkt gewählt. Obzwar viele Lobbyisten regelmäßig Zugang zu Ihnen und Ihr Gehör finden, scheint mir dies als normalem (ich will nicht sagen ordinärem) Bürger nicht so leicht möglich zu sein. Mich würde nämlich oft interessieren, wie Sie sich in einzelnen Sachfragen entschieden haben oder entscheiden wollen. Dinge, die mir wichtig sind und für meine zukünftigen Wahlentscheidungen relevant wären. Gibt es eine Plattform, wo Fakten, auch zu Entscheidungen in Sachfragen, veröffentlicht sind um Sie zutreffend einschätzen zu können?
2: Mit Entsetzen stelle ich fest, dass zur Entscheidungsfindung und Gesetzgebung das Parlament (i.b. Bundestag) zunehmend entwertet wird. Das meiste scheint mir in Ausschüssen und dergleichen abzugehen, das sog. ´Hohe Haus´ entartet meiner Meinung nach zum ´Schauspielhaus´. Und das mit oft so verdammt wenig Teilnehmern. Allein letztere Tatsache zeigt doch, wie groß der Stellenwert des Parlaments bei den Abgeordneten ist. Finden Sie das OK? Wie stehen Sie zu Ideen, mehr Direktdemokratie zu etablieren? Glauben Sie nicht, dass der ´mündige Bürger´ z.B. zur EU Verfassung ´gefragt´ werden sollte?
3: Wie kann es sein, dass, wie im Grundgesetz festgelegt, die Gewissensfreiheit des Abgeordneten gegenüber dem Fraktionszwang fast immer hintan steht? Schlimmer noch, man redet von ´Abweichlern´, wenn es mal einer wagt, aus der Reihe zu tanzen. Dies hat doch eine verheerende Wirkung auf Freunde einer offenen und intakten Demokratie.

Mit freundlichem Gruß,
Claus Durst

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Sehr geehrter Herr Durst,

vielen Dank fuer Ihr Mail. Gestatten Sie, dass ich ebenfalls sehr offen antworte:

Die Gruende fuer Ihre individuelle "Politikverdrossenheit" kenne ich nicht. Mit Politikverdrossenheit kann ich dessen ungeachtet nichts, aber auch gar nichts, anfangen. Sie erscheint mir eher das Luxusproblem einiger Zeitgenossen auf dem Trittbrett modischen Zeitgeistes zu sein, die sich auch ansonsten langweilen. Ich habe keine Probleme mit Demokratie, schon gar nicht mit unserer Demokratie. Ich bin stolz auf sie.

Auch fehlt mir insofern jegliches Verstaendnis fuer Nichtwaehler. In Anbetracht von ungezaehlten Menschen, die die im Kampf fuer Demokratie und Wahlrecht ihre Freiheit und oft sogar ihr Leben liessen, kommt mir bei solchen Leuten eher die Galle hoch, um ein anderes Wort mit K... zu vermeiden.

Da ich mich nicht erinnern kann, wann Sie um einen Termin gebeten haben, bitte ich Sie zudem, mich mit der Unterstellung zu verschonen, als "ordinaerer Buerger" keinen Termin zu bekommen. In meinem Wahlkreisbuero bekommen selbst 11- jaehrige Schuelerinnen Termine. Woher beziehen Sie eigentlich Ihre reichlich vorhandenen Vorurteile? Im uebrigen koennen Sie meine Arbeit auf meiner Hompage www.tauss.de verfolgen, sich auf der Bundestagshomepage einen Ueberblick verschaffen oder eben auf dieser Seite von Abgeordnetenwatch.

Ausschussarbeit ist im uebrigen parlamentarische Arbeit. Auf der Seite des Deutschen Bundestages koennen Sie sich ueber Parlamentsablaeufe jedoch einen umfassenden Ueberblick verschaffen. Ich wuerde Ihnen dazu raten. Ihre Einschaetzung des Schauspielhauses vermag ich ebenfalls nicht zu teilen. Fuer die Nazis war das demokratisch gewaehlte Parlament uebrigens eine Quasselbude. Insofern wuerde ich mir die Nachbarschaft Ihrer "Argumente" auch einmal etwas genauer ueberlegen, wenn Sie sich vollmundig als Freund einer offenen und intakten Demokratie "outen".

Ich selbst nehme an moeglichst vielen Plenarberatungen teil. Allein ein Blick auf die Tagesordnung des Bundestages wuerde Ihnen aber zeigen, dass es voellig unmoeglich ist, an allen Beratungen des Hauses teilzunehmen. Ich habe parallel meine Arbeit zu erledigen, die nicht nur in der (in der Regel naechtlichen) Beantwortung von Buereranfragen besteht, sondern vor allem in meiner Funktion fuer die Bereiche Bildung, Forschung, Wissenschaft und Medien. Die hieraus resultierenden Aufgabenstellungen gegenueber der Oeffentlichkeit, im Parlament und gegenueber meiner Fraktion, haben stets Prioritaet gegenueber einem fuer mich zweitrangigen Fachthema im Plenarsaal.

Die Gewissensfreiheit steht im uebrigen dem Fraktionszwang nicht hinten an. Bei Sachfragen entscheidet allerdings die Mehrheit, bei Gewissensfragen jede(r) Abgeordnete fuer sich selbst. Auch ich habe mir schon erlaubt, gegen die Mehrheit meiner Fraktion zu stimmen.

Zum Thema Volksabstimmungen: Ich habe mich stets fuer mehr plebiszitaere Elemente im Grundgesetz ausgesprochen.

Mit freundlichen Gruessen
Joerg Tauss, MdB