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Jochen Borchert
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Frage von Nuriel B. •

Frage an Jochen Borchert von Nuriel B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Borchert,

ich bin Schüler der Oberstufe am Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums in Recklinghausen und arbeite über die Ferien an einer Arbeit über das Gesetz zur Offenlegung von best. Nebeneinkünften von Bundestagsabgeordneten (MdBs).

Es soll die Transparenz im politischen Geschäft erhöhen und die direkte Einflussnahme von Wirtschaft und Verbänden augenfällig machen. Allerdings könnte es auch auf Menschen aus der wirtschaft, die Politiker werden wollen abschreckend wirken.

Mich interessiert Ihre Meinung, da mir aufgefallen ist, dass Sie momentan viermal Ausichtsratsvorsitzender und dreimal Präsident in verschiedenen Firmen und Vereinen - mit teilweise Monats-Gehältern von über 7000 € - sind.

Daher meine Fragen:

- Wie stehen sie zu o.g. Gesetz?
- Glauben Sie, dass es einem Berufspolitiker schlecht ansteht, wenn er "nebenbei" sechs hochbezahlten (>7000€ /Monat) Beschäftigungen nachgeht?
- Wie sind Ihre Aufgaben als MdB im Rahmen des Mandats im Bundestag sowie Ihre Verplichtung ggü. den Bürgern Ihrer Heimatregion mit den sicherlich vielfältigen Pflichten Ihrer Nebenbeschäftigungen in Einklang zu bringen?
- Welchen "Dienst" haben Sie Ihren Wählern aus Ihrer Heimatregion zuletzt erwiesen? Oder glauben Sie, da Sie über die Landesliste im Bundestag sind, keine direkte Verpflichtung dem Bürger gegenüber zu haben?
- In welchem Verhältnis stehen die erbrachten Leistungen Ihrer Nebenbeschäftigungen zu deren hohen Vergütungen?

Ich freue mich über Ihre Antwort und die Erlaubnis Sie in meiner Arbeit persönlich zitieren zu dürfen.

Mit freundlichem Gruß

Nuriel Boll

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Lieber Nuriel Boll,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Das Thema Nebeneinkünfte von Abgeordneten ist viel diskutiert und auch recht schwierig. Das Bundesverfassungsgericht hat sich ebenfalls damit auseinander gesetzt. Die von Ihnen aufgeworfene Frage, wie die neue Veröffentlichungspflicht wirkt, kann man zu diesem frühen Zeitpunkt noch gar nicht beurteilen. Ziel war es, mehr Transparenz zu schaffen, aber genau hier liegt auch die Schwierigkeit. Denn wie viel Transparenz wird tatsächlich geschaffen. So ist die veröffentlichte Angabe der Nebeneinkünfte eher verwirrend. So schreiben auch Sie, dass ich 4 Aufsichtsratvorsitze und drei Präsidentenpositionen innehabe "mit teilweise Monats-Gehältern von über 7000 EUR", das ist so nicht richtig. Die Angaben beziehen sich auf das Jahreseinkommen. Darüber hinaus ist nicht nur die Art und Weise der Veröffentlichung zum Teil missverständlich, sondern auch die Aussagekraft des Inhaltes. Eine meist ungelesene Erklärung auf der Internetseite des Deutschen Bundestages (als Link unter den Nebeneinkünften eingebaut), erklärt wie sich die Nebeneinkünfte zusammensetzen. Da heißt es, "Für die Höhe der Einkünfte sind nach den Verhaltensregeln die für eine Tätigkeit zu zahlenden *Bruttobeträge* unter Einschluss von *Entschädigungs- Ausgleichs- und Sachleistungen* (etwa die Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten durch einen Veranstalter) zu Grunde zu legen. Unberücksichtigt bleiben insbesondere Aufwendungen, Werbungskosten und sonstige Kosten aller Art. *Die Höhe der Einkünfte bezeichnet daher nicht den wirtschaftlichen Gewinn aus einer Tätigkeit oder das zu versteuernde Einkommen.* Vor allem Kollegen, die in einer Branche arbeiten, die hohe Umsatzzahlen aufweisen, weisen so sehr schnell hohe Nebenverdienste auf, die nicht dem tatsächlichen Einkommen entsprechen.

Mit diesem Hintergrundwissen wird die ein oder andere Kritik an den Nebeneinkünften von Abgeordneten nicht mehr aufrechterhalten werden können.

Ich möchte aber auch auf die von Ihnen gestellte Frage der "Machbarkeit und Vereinbarkeit" von Mandat und Nebentätigkeit eingehen. Zunächst einmal bedeutet ein Mandat, dass man die Bürger aus dem eigenen Wahlkreis möglichst gut in der Bundespolitik vertritt. Dabei ist es natürlich von großem Vorteil, wenn man die unterschiedlichen Interessen der Bürger kennt. Durch die Mitgliedschaft in unterschiedlichen Organisationen und die Übernahme von Ämtern, kann man genau diese Interessen erfahren und weiter tragen. So ist zum Beispiel der LVM ein Versicherungsverein, in dem jeder einzelne Versicherte Mitglied ist und somit vom wirtschaftlichen Erfolg der LVM direkt partizipiert und die Unternehmenspolitik über die Mitgliederversammlung auch direkt steuern kann. Das Wissen, um die Interessen der Mitglieder eines so breit aufgestellten Vereins kann mir für meine Entscheidungsfindung wichtige Informationen liefern. Die Bundespolitik beschäftigt sich, und damit möchte ich auf den Wahlkreisbezug in Ihrer Anfrage eingehen, nicht unmittelbar mit kommunalpolitischen Fragestellungen. Allerdings sind natürlich viele Verknüpfungen vorhanden. So haben die Entscheidungen hinsichtlich der Finanzstrukturen in unserem föderalen Staat, Einfluss auf den kommunalen Haushalt.

Ich denke, der zeitliche Aufwand für ein Nebenamt oder eine Nebentätigkeit muss immer in einem gesunden Verhältnis zum Hauptamt, in diesem Fall zum Bundestagsmandat stehen. Aber das geht jedem Berufstätigen so, der sich außerhalb seines Berufes engagiert. Sei es ehrenamtlich oder als Nebenjob. Das kennen Sie als Schüler wahrscheinlich genauso gut, wie ich als Bundestagsabgeordneter.

Wie ich das Gesetz als solches beurteile, ergibt sich zum größten Teil schon aus meinen vorherigen Antworten. Transparenz halte ich für sehr wichtig, wichtig ist aber auch, dass die Informationen, die veröffentlicht werden müssen, dann auch diese Transparenz fördern und nicht ein falsches Bild erzeugen.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Ferienarbeit unterstützen und bedanke mich für Ihr Interesse für die Politik. In diesem Sinne verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen nach Recklinghausen

Ihr Jochen Borchert