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Frage von Christina S. •

Frage an Ingo Egloff von Christina S. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Egloff,

gestern habe ich im Fernsehen den NDR Post Check gesehen und nehme dieses zum Anlass Sie zu Thema Datenschutz zu befragen.

In der Reportage ging es unter anderem darum, dass die Tochterfirma "Deutsche Post Direkt" Adressdaten, Namen und sogar Themengebiete (z.B. durch bestehende Zeitschriftenabos oder aber dem Stadtteil) zuordnet, welche sich für Werbung gezielt für diese Person anbietet.

Kommt Google Earth, der Straßenfotodienst von Microsoft, die Post, so muss ich erst ausdrücklich widersprechen, um meine Daten löschen zu lassen. Selbst die Behörden sollten durch das sog. 57-Sekundengesetz Daten weiter verkaufen dürfen.

In Verträgen mit 30 Seiten kleingedruckten Geschäftsbedingungen, die weniger als 1% komplett durchliest steht irgendwo in der Mitte, das man damit einverstanden ist, das die eigenen Daten zur Marketing- und Werbezwecken auch von Partnerunternehmen genutzt werden dürfen. Auch hier muss man wieder ausdrücklich wiedersprechen.

Facebook schiebt Neuerungen unter, und man muss erst mühsam Häkchen entfernen. Die Fotorechte hochgeladener Fotos gehen ohne ausdrückliche Einwilligung und Auswahl an Facebook.

Weiß ich von einer Neuerung nichts, so habe ich eben Pech gehabt. Was macht die Generation ohne Computer? Meinen Sie das eine 85 jährige Person von Google Streetview weiß und überhaupt online wiedersprechen könnten? Also meine Großeltern konnten es nicht!

Weshalb stehen die Gesetze auf Seiten der Unternehmen und nicht auf der der Verbraucher?

Es muss der Grundsatz gelten, dass man davon ausgeht ich stimme nicht zu und bin nicht einverstanden. Sprich ich muss zur Nutzung und Weitergabe meiner Daten an andere Firmen ausdrücklich zustimmen und vorher um Einwilligung gefragt werden.

Denn ich denke ein Großteil ist eben nicht einverstanden, aber nur zu faul gegen ständig neue Dinge Widerspruch einlegen zu müssen oder weiß davon gar nichts.

Viele Grüße
Christina Schneider

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Antwort von
SPD

Liebe Frau Schneider,

die wesentlichen Teile des deutschen Datenschutzrechts stammen aus den späten 1970er Jahren. Um die rasante Entwicklung neuer Nutzungs-, aber eben auch Missbrauchsmöglichkeiten zu reflektieren, bedarf es dringend einer Reform, die sowohl die technischen als auch gesellschaftliche Veränderungen berücksichtigt.

Ihre Forderung nach einer vorherigen Einwilligung in die Weitergabe erhobener Daten anstelle des bislang gültigen Opt-out, also einer Widerspruchslösung mit Informationspflicht, ist absolut gerechtfertigt. Auch wir verlangen hier eine umfassende Modernisierung, um auf die Bedürfnisse der Verbraucher in einem völlig veränderten datenschutzrechtlichen Umfeld angemessen eingehen zu können.

Wir benötigen vor allem eine europäische Harmonisierung auf dem höchsten möglichen Niveau, denn viele der Probleme, die Sie beschreiben, sind ja längst grenzüberschreitender Natur. Ob Sie online Bücher einkaufen oder soziale Medien nutzen, die Anbieter sitzen in vielen Fällen im europäischen Ausland und verfahren mit Ihren Daten nach den dortigen Datenschutzbestimmungen - falls sie nicht auch dagegen verstoßen...

Die EU-Kommission ist nicht untätig gewesen. Es ist der Trägheit der Bundesregierung auch auf diesem politischen Sektor geschuldet, dass zum Beispiel die bereits 2011 verabschiedete europäische "E-Privacy-Richtlinie" in Deutschland immer noch nicht umgesetzt ist. Hohe Erwartungen setzen wir in die neue EU-Datenschutzverordnung, die im Juni erstmals vorgestellt wurde und wichtige Elemente enthält, die im Internet-Zeitalter maßgebliche Bedeutung haben: ein Recht auf Vergessen, mit dem Nutzer jederzeit ihre Einwilligung zur Datenverarbeitung zurücknehmen können, eine datenschutzfreundliche Vorgabe, immer nur soviele Daten zu erheben, wie tatsächlich für die Nutzung benötigt werden, und vor allem die Tatsache, dass auch außereuropäische Unternehmen sich an die Bestimmungen der Verordnung zu halten haben, wenn Ihre Angebote auf europäische Bürgerinnen und Bürger abzielen.

Wichtig ist in den weiteren Verhandlungen über die Verordnung, dass die Bundesregierung sich im Europäischen Rat für den Schutz deutscher Grundrechte einsetzt. Ich bin wenig zuversichtlich, dass Schwarz-Gelb hier viel Einsatz zeigen wird. Wenn man sich das Herumgeeiere ansieht, mit dem die pompös angekündigte Gründung einer "Stiftung Datenschutz" immer wieder verschoben werden musste, weil die ganze Konstruktion schief und krumm ist, ist wenig Anlass zu Optimismus, dass die Bundesregierung sich in den letzten paar Monaten ihrer Amtszeit noch einmal dazu aufrafft, ihr ursprüngliches Prestigethema Verbraucher- und Datenschutz mit neuem Schwung zu versehen.

Herzliche Grüße

Ingo Egloff