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Hubertus Heil
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Frage von Ilse T. •

Frage an Hubertus Heil von Ilse T. bezüglich Frauen

Lieber Hubertus Heil,

ich vermisse in der derzeitigen Diskussion um Quoten für Frauen in den Aufsichtsräten die Stimme meiner SPD. Dieses Theater entbehrt jeder realen Betrachtung, die Unternehmen sind homogen zusammengesetzte Ansammlungen von Männern, die sich untereinander kennen, verstehen und auf keinen Fall Frauen in ihren Reihen wollen. Wenn das Frau Schröder und Frau v.d. Leyen nicht kapieren (doch sie kapieren es, haben aber Angst vor den Unternehmen und ihren Lobbygruppen) dann habe ich keine Ahnung. Da ich aber 35 Jahre Frauenarbeit mache und alle Höhen und Tiefen kenne, erschreckt mich wie ruhig die SPD ist. Dass Michaela Schwesig etwas sagt ist klar. Wo bleiben die SPD-Männer ?

42 Jahre in unserer Partei, wir sind im Bewußtsein Frauen gegenüber noch nicht viel weitergekommen.
Im übrigen bin ich sehr dafür Frauen die einen Arbeitsplatz suchen, gleich der K
arriere zu verdächtigen. Auch das plappert jede/r so einfach nach. Wir sollten wissen, dass das Wort "Karrierefrau" sofort bei konservativen Menschen den Eindruck von karrieregeilen Weibern, die keine Kinder wollen oder die Kinder fremden Menschen überlassen, Doppelverdienerinnen usw. Frauen (auch Männer) die einen der wenig vorhandenen Arbeitsplätze (nicht im Führungsb ereich)ergattern sind weit von Karriere entfernt ! Sie sind froh wenn sie sich und ihre Familie ernähren können und haben in diesem Land wenig Chancen überhaupt einen kleinen Aufstieg in die nächste Gehalts- oder Lohngruppe zu erhalten. Es ist einfacher einen Quereinsteiger A-Tarif zu bezahlen als einer Verwaltungsangestellten eine Stufe höher im TVÖD zu gönnen. Die Realität hat mit dem ganzen konservativen Geschwafel und der diskriminierenden Zuschreibung "Karriere" nichts zu tun. Redet doch bitte wenigstens in der SPD von Arbeitsplätzen und nicht von Karriere, dann sind wir den realen Bedingungen etwas näher.

Mit den besten Grüßen
Ilse Thomas

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Antwort von
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Liebe Ilse Thomas,

vielen Dank für Deine Zuschrift vom 2. Februar, auf die ich hiermit gerne antworten möchte.
Ich gebe Dir recht: es muss noch viel passieren, bis wir eine wirkliche Gleichberechtigung von Frauen im Arbeitsleben erreichen. Das gilt sowohl für die beschämende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen als auch für die mangelnden Zugangsmöglichkeiten zu leitenden Positionen in der Wirtschaft.

Nach den Streitereien zwischen den Ministerinnen von der Leyen und Schröder über verschiedene Quotenmodelle hat die Kanzlerin nun deutlich gemacht, dass es mit der schwarz-gelben Bundesregierung keine Quote von Frauen in Führungspositionen der größten Wirtschaftsunternehmen geben wird. Alles soll beim alten bleiben. Die gerade wieder aufkeimende und bitter nötige Debatte soll erstickt werden. Das werden wir aber nicht mitmachen! Die SPD will weiterhin eine gesetzlich verpflichtende Frauenquote von 40% in den Leitungsgremien der Unternehmen, denn dass wir mit freiwilligen Erklärungen der Wirtschaft nicht weiterkommen, haben die letzten 10 Jahre deutlich gezeigt. Diese Forderung vertreten dabei keineswegs nur die Frauen in der SPD. Beispielsweise hat sich Sigmar Gabriel ganz klar für eine Frauenquote von 40% ausgesprochen, wie sie ja seit vielen Jahren auch schon innerhalb der SPD gilt.

Über der Debatte zu Frauen in Spitzenpositionen dürfen wir aber nicht vergessen, dass mehr weibliche Aufsichtsräte und Vorstände einem großen Teil der arbeitenden Frauen zunächst kaum nützen. Frauen bekommen für die gleiche Arbeit immer noch rund ein Viertel weniger Lohn und es sind Frauen, die am häufigsten in prekären Arbeitsverhältnissen stehen und Armutslöhne bekommen. Frau von der Leyen – die in der vergangenen Legislaturperiode als Familienministerin eine Quote übrigens immer abgelehnt hat – könnte nun auch etwas für die Beseitigung der Entgeltungleichheit tun und der Einführung von Mindestlöhnen zustimmen, wodurch für viele Frauen ein großer Fortschritt erreicht werden könnte. Doch entschlossenes Regierungshandeln im Sinne der Frauen ist derzeit nicht zu erkennen.

Ich danke Dir für Dein langjähriges Engagement und verbleibe mit besten Grüßen

Hubertus Heil

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