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Hubertus Heil
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Frage von Stefan K. •

Warum liegt der Regelsatz des Bürgergeldes unterhalb der Armutsgrenze?

Sehr geehrter Herr Heil,

wer nicht nur gerade so existieren sondern auch leben und an unserer Gesellschaft teilhaben möchte, benötigt dafür deutlich mehr Geld als das, was aktuell als Bürgergeld gezahlt wird. Bürgergeldempfänger werden derzeit ausgegrenzt und auf diese Weise radikalisiert. Gleiches gilt für all jene, die trotz Arbeit unterhalb der Armutsgrenze leben. Die daraus resultierende Angst vor sozialem Abstieg wird zusammen mit der Propaganda gegen Menschen ohne Arbeit seitens Arbeitgebern ausgenutzt, um Löhne zu drücken und immer schlechtere Arbeitsbedingungen umzusetzen. Die Folgen sehen wir seit Jahren zunehmend insbesondere in den ärmeren Bundesländern.

Das Bürgergeld müsste mindestens auf 60% des Medianeinkommens erhöht werden. Der Mindestlohn wäre so anzupassen, dass in einer 4-Tage-Woche mit maximal 30 Stunden Arbeitszeit 75% des Medianeinkommens erreicht werden. Finanzieren könnten das jene, die sich tatsächlich auf der Arbeit von Millionen ausruhen: Die Superreichen.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. 

Deutschland bekennt sich im Grundgesetz dazu, dass jeder Mensch ein Recht auf ein menschenwürdiges Dasein einschließlich einer angemessenen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hat. Man spricht hierbei vom soziokulturellen oder menschenwürdigen Existenzminimum. Die Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme gewährleisten dieses soziokulturelle Existenzminimum. 

Das spiegelt sich auch in den Regelbedarfen als einem Bestandteil der Leistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme wieder. Die Ermittlung und Fortschreibung der Regelbedarfe ist gesetzlich festgelegt. 

Die Armutsrisikoschwelle ist für die Ermittlung der Regelbedarfe indes weder inhaltlich geeignet, noch genügt sie den diesbezüglichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Sie ist eine statistische Maßgröße für die Einkommensverteilung und liefert keine Information über individuelle Bedürftigkeit. Ihre Höhe hängt u.a. von der zugrundeliegenden Datenbasis, der Bezugsgröße (50%, 60% oder 70% des mittleren Einkommens), dem regionalen Bezug und der Gewichtung der Haushaltsmitglieder bei der Bestimmung des Nettoäquivalenzeinkommens ab. 

Über die Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns entscheidet alle zwei Jahre eine unabhängige Kommission der Sozialpartner - die Mindestlohnkommission. Für ihre eigenverantwortliche Entscheidung sind der Kommission Kriterien im Gesetz vorgegeben: Die Mindestlohnkommission prüft in einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden. Dabei hat sie sich nachlaufend an der Tarifentwicklung zu orientieren. 

Zu beachten ist, dass der allgemeine gesetzliche Mindestlohn nur eine branchenübergreifende absolute Lohnuntergrenze darstellt. Über diesem Grundniveau der Entlohnung obliegt es weiterhin in erster Linie den Tarifvertragsparteien, eine angemessene Entlohnung, die die Besonderheiten der Branche bzw. des Unternehmens und der spezifischen Tätigkeit berücksichtigt, sicherzustellen.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB

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