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Frage von Frank F. •

Wäre es denkbar den § 16i SGB II (Teilhabe am Arbeitsmarkt) so zu überarbeiten dass auch Ausbildungen bzw. ein duales Studium in angemessener Höhe unterstützt werden?

Der § 16i SGB II bezieht sich laut Auskunft die ich erhielt, nur auf einen festen Arbeitsplatz.

Wäre es denkbar diesen Paragraphen zu überarbeiten damit auch der Lohn bei einer Ausbildungen bzw. einem duales Studium in angemessener Höhe übernommen werden? Sicherlich erbringt jemand der 40 Stunden arbeitet volle Arbeitskraft, aber wenn jemand einen solchen Job nicht bekommt, dafür aber bereit ist sich mittels Ausbildung / dualen Studium in Position für eine langfristige feste Anstellung zu bringen, dann ist das doch ebenso förderungswürdig oder nicht?

Manchmal reicht die Ausbildung aus der Jugend nicht um die Langzeitarbeitslosigkeit zu beenden, wenn man aber nicht gerade erst von der Schule kommt, kann man möglicherweise auch nicht mehr von 700,-€ Azubigehalt oder 1.000,- € Vergütung während eines dualen Studium leben. Sollte die Initiative die Langzeitarbeitslosigkeit zu beenden nicht noch "breiter" gefördert werden?

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Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. 

die Förderung nach § 16i SGB II eröffnet sehr arbeitsmarktfernen Menschen längerfristige Perspektiven in öffentlich geförderter, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung mit dem Ziel sozialer Teilhabe. Zielgruppe der Förderung sind Menschen über 25 Jahren, die seit mindestens sechs Jahren innerhalb der letzten sieben Jahre Leistungen nach dem SGB II bezogen haben und in dieser Zeit nicht oder nur kurzzeitig erwerbstätig waren. Arbeitgeber, die einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag mit den Geförderten abschließen, erhalten in den ersten beiden Förderjahren einen Lohnkostenzuschuss in Höhe von 100 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns. Das Arbeitsentgelt wird durch die Förderung also nicht aufgestockt.

Die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt - durch eine anschließende ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsaufnahme - ist nach der sozialen Teilhabe mittelfristiges Ziel der Förderung. Dazu sollen eine beschäftigungsbegleitende Betreuung (Coaching) sowie die Möglichkeit von Weiterbildungen während der Förderung beitragen. Öffentlich geförderte Beschäftigung dient nicht vorrangig dem Erwerb eines Ausbildungs- oder Studienabschlusses. 

Gleichwohl kann die berufliche Weiterbildung bei bestehender oder drohender Arbeitslosigkeit, ebenso wie der nachträgliche Erwerb eines Berufsabschlusses, über § 81 SGB III durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden. Das Bürgergeld-Gesetz hat dafür gesorgt, dass das Nachholen eines Berufsabschlusses im Rahmen einer Umschulung bei Bedarf auch unverkürzt gefördert werden kann. Für die Förderung einer Umschulung, die zu einem Berufsabschluss führt, sind jedoch neben arbeitsmarktlichen und fachlichen auch persönliche Voraussetzungen zu erfüllen. So dürfen z. B. keine vorrangigen bzw. entgegenstehenden Vermittlungshemmnisse bestehen. 

§ 16i SGB II hingegen richtet sich an sehr arbeitsmarktferne Menschen, die bisher nicht nachhaltig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden konnten und einer intensiven Begleitung während der Beschäftigung bedürften. Eine Ausbildung oder ein duales Studium würde bei dieser Zielgruppe im Regelfall zu einer Überforderungssituation und in der Folge zu vielen Maßnahmeabbrüchen führen.

Für junge Menschen, auch für Bürgergeldbeziehende, gibt es mit der außerbetrieblichen Berufsausbildung (§ 76 SGB III) eine weitere Möglichkeit, bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, eine vollqualifizierende Berufsausbildung zu absolvieren. Die Ausbildung wird in einer außerbetrieblichen Einrichtung begonnen und kann dort auch abgeschlossen werden. Ein Wechsel in eine betriebliche Ausbildung wird aber grundsätzlich angestrebt. Die jungen Menschen werden hierbei vom Träger der außerbetrieblichen Ausbildung unterstützt. Während der betrieblichen Berufsausbildung unterstützt die „Assistierte Ausbildung“ Auszubildende und ihre Betriebe. Zum Beispiel werden Hilfen zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten, zur Förderung der Fachpraxis und Fachtheorie sowie zur sozialpädagogischen Begleitung angeboten. Des Weiteren besteht für junge Menschen die Möglichkeit, „Berufsausbildungsbeihilfe“ zu erhalten, die dazu beiträgt den Lebensunterhalt zu sichern. 

Die Finanzierung einer (rein schulischen) Ausbildung oder eines Studiums regelt ansonsten das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG. Auch hier ist die Förderung einkommens- und vermögensabhängig. Zudem muss der Beginn der schulischen Ausbildung oder des Studiums vor dem 45. Geburtstag liegen. Ausnahmen sind möglich, z. B. wenn wegen der Erziehung eines Kindes unter 14 Jahren die Ausbildung nicht früher begonnen werden konnte. Auch bei einem dualen Studium besteht grundsätzlich Anspruch auf BAföG-Leistungen. Bundesausbildungsförderung und Bürgergeld sind unterschiedliche Leistungssysteme, die sich gegenseitig ausschließen. 

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB

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