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Hubertus Heil
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Frage von Robin S. •

Sehr geehrter Herr Heil, der Artikel im MDR zeigt gravierende Missstände auf. Welche konkreten Schritte planen Sie, um die Ausbeutung vietnamesischer Azubis zu verhindern?

Der MDR-Artikel (https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/vietnam-auszubildende-deutsche-unternehmen-100.html) beleuchtet die Ausbeutung vietnamesischer Azubis in Deutschland. Sie arbeiten übermäßig (66 statt 40 Stunden) bei unzureichender Bezahlung (419 Euro statt 1.100). Hohe Vermittlungsgebühren (12.000-20.000 Euro) führen zur Verschuldung, während prekäre Wohnbedingungen herrschen. Diese Praktiken verletzen Gesetze, z.B. Arbeitszeit- und Mindestlohngesetz. Vermittlungsagenturen und Arbeitgeber machen sich strafbar wegen Betrugs, Wucher, Menschenhandels sowie Lohnbetrugs. Die IHK erklärte Verträge für ungültig, blieb aber vage und untätig. Trotz einer Kooperationsvereinbarung (Hanoi) zur fairen Behandlung überwacht die Arbeitsagentur diese Bedingungen offenbar nicht adäquat. Strenge Kontrollen sind nötig, um die Azubi-Rechte zu schützen und Ausbeutung zu verhindern. Eine Lösung wäre die Betreuung durch Mentoren, die in die schulische Erwachsenenbildung integriert werden

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Sehr geehrter Herr S.

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich kann Ihre Empörung verstehen und bin da ganz bei Ihnen. Lassen Sie mich die rechtliche Lage kurz erläutern:

Um Arbeitsausbeutung zu verhindern, besteht vor Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung grundsätzlich ein sog. Zustimmungserfordernis durch die Bundesagentur für Arbeit (BA). Dies gilt auch für Ausbildungsverhältnisse. Die BA prüft dabei, ob die Bedingungen des Beschäftigungsverhältnisses orts- und branchenüblich sind. Ist dies nicht der Fall, stimmt die BA der Beschäftigung nicht zu. In diesem Fall kann auch kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Staatsangehörige aus Drittstaaten nicht zu ungünstigeren Bedingungen beschäftigt werden als inländische Beschäftigte.

In der Praxis gibt es leider Fälle, in denen trotz des Zustimmungserfordernisses durch die BA Staatsangehörige aus Drittstaaten in faktisch ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse teilweise unter Zahlung hoher Vermittlungsgebühren geraten. 

Nach deutschem Recht dürfen dabei für die Vermittlung von Auszubildenden durch Vermittlungsagenturen Vergütungen weder verlangt noch entgegengenommen werden. Lediglich von Arbeitgebern dürfte eine Gebühr verlangt werden. Wird entgegen dieser Vorschrift eine Vereinbarung zwischen dem Vermittler und dem Ausbildungssuchenden geschlossen, ist diese unwirksam. Diese Regelung erstreckt sich jedoch nur auf private Vermittlungsagenturen im Geltungsbereich des SGB III. Die Vorschrift findet daher in der Praxis auf private Vermittlungsagenturen mit ausschließlichem Sitz in Vietnam keine Anwendung.

In Vietnam ist der Markt für private Arbeitsvermittlungen zwar auch reguliert. So sieht die vietnamesische Gesetzgebung vor, dass Vermittlungen immer über lizensierte vietnamesische Anbieter erfolgen müssen. Akteure aus Deutschland müssen mit diesen lizensierten Anbietern zusammenarbeiten. Eine weitere gesetzliche Regulierung des vietnamesischen Marktes oder ggf. striktere Durchsetzung bzw. Prüfung bestehender Regelungen hinsichtlich der in Vietnam ansässigen Arbeitsvermittlungen kann nur durch die vietnamesische Seite erfolgen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales steht dabei zu dieser Thematik mit verschiedenen Stakeholdern im Austausch.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB 

 

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