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Hubertus Heil
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Frage von Mathias T. •

Herr Bundestagsabgeordneter und Bundesminister Hubertus Heil, wird noch für die Ärmsten der Armen, z.B. bei Rentnern und Studente, die Abstimmunsvorlage ergänzt? Mit Betroffenheit Mathias Thalheim

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr T.,

ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an mich wenden.

Die aktuellen finanziellen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger sind enorm. Dabei trifft die Krise wie Sie bereits selbst darstellen die Schwächsten am härtesten. Wer vorher gut verdient hat, kann sehr wahrscheinlich einige Zeit überbrücken. Aber wer wenig Geld hat, den treffen die aktuellen Preissteigerungen, gerade auch im Energiebereich, besonders hart. Das betrifft Geringverdienende, Minijobberinnen und Minijobber, viele Rentnerinnen und Rentner sowie Studentinnen und Studenten.

Akut helfen wir Studierenden mit BAföG mit einen Heizkostenzuschuss von einmalig 230 Euro. Dieser wird automatisch ohne Antragstellung im Sommer ausgezahlt, wenn die Betriebskostenabrechnung mit den Heizkosten für diesen Winter verschickt werden.

Studierende profitieren darüber hinaus auch von weiteren allgemeinen Entlastungen der Entlastungspakete I und II.

  • Schon ab Juli werden die Bürgerinnen und Bürger keine EEG-Umlage, also die Ökostromumlage über die Stromrechnung mehr zahlen. Bisher war dieser Schritt erst für Anfang 2023 geplant. Die Entlastung von rund 6,6 Milliarden Euro sollen die Stromanbieter vollends an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben
  • Wir sorgen für günstigere Spritpreise, indem wir die Energiesteuer auf Kraftstoffe befristet für drei Monate auf das europäische Mindestmaß absenken. Das macht bei Benzin 30 Cent und bei Diesel 14 Cent je Liter aus. Und wir wollen dafür sorgen, dass die Absenkung tatsächlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wird. Dazu kommt die Erhöhung der Fernpendlerpauschale rückwirkend zum 1. Januar 2022 auf 38 Cent ab dem 21. Kilometer. Damit stellen wir sicher, dass der Lohn nicht vom Weg zur Arbeit oder dem Studium aufgefressen wird.
  • Wir machen außerdem Tempo bei der Einführung des im Koalitionsvertrag geplanten Klimagelds. Möglichst noch in diesem Jahr wird ein Auszahlungsweg über die Steuer-ID entwickelt, um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Weg für Direktzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen. Mit dem Klimageld werden wir staatliche Einnahmen aus dem CO2-Preis im Verkehrs- sowie Wärmebereich an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben.

Über die akute Situation hinaus, wissen wir, dass aktuell die Möglichkeit der BAföG Unterstützung nicht alle Studierenden erreicht. Daher haben wir im Bundeskabinett am 6. April einen ersten wichtigen Schritt getan, um mit dem beschlossenen Entwurf eines 27. BAföG-Änderungsgesetzs mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung zu schaffen.

Wir wollen vor allem die Reichweite des BAföG deutlich ausdehnen und heben daher die Freibeträge vom Einkommen um 20 Prozent an. Auch die Bedarfssätze, den Kinderbetreuungszuschlag und vor allem den Wohnzuschlag wollen wir signifikant erhöhen, sodass der Förderungshöchstbetrag von heute 861 Euro auf 931 Euro ansteigen wird.

Wir wollen auch die Altersgrenze im BAföG von 30 Jahren beim Beginn einer förderungsfähigen Ausbildung zusammen mit der bisher gesonderten Altersgrenze von 35 Jahren für den Beginn eines Masterstudiums auf künftig einheitlich 45 Jahre anheben. Auch später im Leben getroffene Entscheidungen für eine höher qualifizierende Ausbildung verdienen Unterstützung.

Auch die Möglichkeit des Restschulderlasses nach 20 Jahren wollen wir auf alle Darlehensnehmenden ausdehnen und unter vereinfachten Bedingungen und ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgestalten.

 

Nicht zuletzt wollen wir durch die Abschaffung des Schriftformerfordernisses im BAföG - und zugleich auch im AFBG - die digitale Antragstellung erleichtern und in erheblichem Maße zur Verwaltungsvereinfachung beitragen.

 

Für mich ist besonders wichtig, dass die Studierenden und Schülerinnen und Schüler damit schon zum kommenden Schuljahresbeginn bzw. Wintersemester von spürbaren Leistungsverbesserungen profitieren werden.

 

Das 27. BAföG-Änderungsgesetz ist aber erst der Einstieg in eine umfassendere Neuausrichtung der individuellen Bildungsförderung, die wir uns im Koalitionsvertrag gemeinsam vorgenommen haben und die wir im weiteren Verlauf der Wahlperiode angehen werden.

 

Auch Rentnerinnen und Rentner profitieren von dem Entlastungspaket. Wir haben besondere Maßnahmen für einkommensschwache Rentnerinnen und Rentner getroffen. So erhalten selbstverständlich auch Rentnerinnen und Rentner, die auf die Grundsicherung angewiesen sind, erneut einen Zuschlag, um die zusätzlichen Ausgaben aufzufangen. Die erneute Einmalzahlung von 100 Euro werden wir aufgrund der aktuellen Preissteigerungen nochmal verdoppeln. Damit werden Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme zu Juli 2022 200 Euro ausgezahlt. Darüber hinaus sind 46 Prozent der Wohngeldbezieher Rentnerinnen und Rentner. Sie profitieren von einem Heizkostenzuschuss von 270 Euro.

Wie auch schon oben erwähnt sind die Rentnerinnen und Rentner auch von der Abschaffung der EEG Umlage und der ÖPNV- Flatrate betroffen. Fest steht auch, dass die Renten ab 1. Juli 2022 kräftig steigen werden: 5,35 Prozent in Westdeutschland - die größte Erhöhung seit 40 Jahren und 6,12 Prozent in Ostdeutschland Osten - die größte Erhöhung seit 1994. So werden bereits Durchschnittsrentnerinnen und -rentner mit rund 900 Euro gesetzlicher Rente nach 6 Monaten durch die monatliche Erhöhung mehr Geld in der Tasche haben als diejenigen, die den einmaligen Bonus von 300 Euro erhalten, der zudem voll zu versteuern ist.

Mir ist es wichtig zu betonen, dass es jetzt nicht um immer neue Entlastungspakete gehen kann. Wir brauchen gezielte dauerhafte Entlastungen, wenn die Preise hochbleiben. Dafür hat der Bundeskanzler Staat, Sozialpartner und Wirtschaft zu einer konzertierten Aktion eingeladen.

Außerdem habe ich das soziale Klimageld vorgeschlagen, um vor allem die Bezieher mit mittleren und unteren Einkommen zu entlasten. Das soziale Klimageld soll dann auch Rentnerinnen und Rentnern zu Gute kommen. Konkret ist mein Vorschlag, das soziale Klimageld einmal im Jahr auszuzahlen, an die Menschen, die als Alleinstehende weniger als 4000 Euro brutto und als Verheiratete zusammen weniger als 8000 Euro brutto im Monat verdienen - also denjenigen, die normale und geringe Einkommen haben. Über die genaue Staffelung und den Umfang müssen wir noch sprechen. Ich will das in die Koalition einbringen, weil ich als Sozialminister eine Verantwortung habe - auch wenn die Federführung eher beim Finanzminister und beim Klimaminister liegt.

Eines ist aber auch bei weiteren Maßnahmen klar: Wir sollten nicht so tun, als könne der Staat alles für alle ausgleichen.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben!

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil

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