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Hendrik Hoppenstedt
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Frage von Andre T. •

Frage an Hendrik Hoppenstedt von Andre T. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Hoppenstedt,

im Rahmen der Ermittlungen gegen einige sogenannte Netzaktivisten einer mehr oder weniger bekannten Plattform wurde im vergangenen Jahr bekanntlich seitens des ehemaligen Generalbundesanwalts, Herr Harald Range, der Vorwurf des Landesverrats erhoben. Soweit bekannt, wurde Herr Range daraufhin von Heiko Maas seines Dienstes enthoben.

Die Weisungsgebundenheit deutscher Staatsanwälte und des Generalbundesanwaltes sind lt. Welt-Artikel (Link unten) seit 1879 im Gerichtsverfassungsgesetz verankert, woraus gegenwärtig gewisse Rückschlüsse auf den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland von Aktivisten in sozialen Medien gezogen werden.

Wie beurteilen Sie diese fundamentale Kritik an der "deutschen Rechtsstaatlichkeit" vor dem genannten Hintergrund? Wie schätzen Sie das Vorgehen von Herrn Maas im genannten Zusammenhang ein?

Mit freundlichen Grüßen

Andre Töllner

https://www.welt.de/politik/deutschland/article144979267/Range-raeumte-mit-einem-Maerchen-auf.html

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Sehr geehrter Herr Töllner,

vielen Dank für Ihre Frage zur Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft und zum Agieren des Bundesjustizministeriums hinsichtlich des ehemaligen Generalbundesanwalts Harald Range bei den Ermittlungen wegen Geheimnisverrats gegen Netzpolitik.org. Ich habe mir den Artikel aus der WELT durchgelesen und sehe im Weisungsrecht keinen Mangel an Rechtsstaatlichkeit, wie Sie dies schreiben.

Richtig ist, dass die Möglichkeit der Ausübung des sog. externen Weisungsrechts durch den Bundesjustizminister den Eindruck vermitteln kann, dass sich das staatsanwaltliche Handeln etwa des Generalbundesanwalts nicht allein an Recht und Gesetz orientiert, sondern auch durch politische Interessen des weisungsbefugten jeweiligen Bundesjustizministers bestimmt wird.

Das Weisungsrecht ist in § 146 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) geregelt. Darin steht, dass die Beamten der Staatsanwaltschaft den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen haben. Nach § 147 Nr. 1 GVG hat der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz das Recht der Aufsicht und Leitung hinsichtlich des Generalbundesanwalts.

Im Gegensatz zu Richtern sind Staatsanwälte nicht unabhängig. Aus §§ 148 und 149 GVG ergibt sich, dass der Generalbundesanwalt ein Beamter ist. Er wird auf Vorschlag des Bundesministers der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates vom Bundespräsidenten ernannt.

Einem Weisungsrecht des Vorgesetzten zu unterstehen, ist für Beamte nicht ungewöhnlich. Beamte sind verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (vgl. § 62 S. 2 Bundesbeamtengesetz, § 35 S. 2 Beamtenstatusgesetz).

Dazu kommt eine sich aus dem Demokratieprinzip ergebende Überwachungspflicht. Diese setzt eine ununterbrochene Verantwortungs- und Kontrollkette voraus, die zwischen jedem einzelnen Beamten bis zum Parlament bestehen muss. Im Falle der Bundesanwaltschaft reicht sie vom einzelnen Bundesanwalt über den Generalbundesanwalt und den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz bis zur Bundeskanzlerin. So erfolgt letztlich eine auch parlamentarische Kontrolle des Generalbundesanwalts über den für die Justiz zuständigen Bundesminister, der seinerseits dem Deutschen Bundestag gegenüber verantwortlich ist.

Dass das Parlament von seinem Kontrollrecht Gebrauch macht, hat der Fall Maas/Netzpolitik.org gezeigt. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat sich mit dem Thema befasst und die Bundesregierung hat u.a. in einer Kleinen Anfrage zum „Weisungsrecht gegenüber Staatsanwälten“ Stellung genommen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/022/1802265.pdf .

Es ist klar, dass es nicht gut ist, wenn das Agieren von Bundesjustizminister Heiko Maas im Falle der Ermittlungen hinsichtlich Netzpolitik.org sogar mehr als nur den Anschein einer sachwidrigen Einflussnahme erweckt. Ich habe das im August 2015 in einer Pressemitteilung kritisiert: http://www.hendrik-hoppenstedt.de/aktuelles/kritik-an-maas-weisungsrecht-nicht-nach-politischer-opportunitaet-ausu/

Wie bei anderen Staatsanwälten sind auch Verfahren des Generalbundesanwalts besonders grundrechtsrelevant. Es spricht daher im Sinne von Klarheit und Eindeutigkeit viel dafür, die notwendige Transparenz dadurch zu gewährleisten, Weisungen an den Generalbundesanwalt künftig schriftlich zu dokumentieren.

Möglicherweise gibt es weitere Verbesserungsmöglichkeiten über die sich eine grundsätzliche Diskussion lohnt. Allerdings ist die Frage des Ob und Wie eines Weisungsrechts durchaus komplex. Dies zeigen die unterschiedlichen Regelungen auf Landesebene. Das Einzelweisungsrecht sollte deshalb nicht vorschnell abgeschafft werden.

Mit freundlichen Grüßen

Hendrik Hoppenstedt

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