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Hellmut Königshaus
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Frage von Rainer W. •

Frage an Hellmut Königshaus von Rainer W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Königshausi,

seit Dezember 2005 ist die UN-Konvention gegen Korruption in Kraft, auch mit den Stimmen Deutschlands. Deutschland hat - im Gegensatz zu 100 anderen Nationen - diese Konvention allerdings noch immer nicht ratifiziert, obwohl z.B. im Schlussdokument des G8-Gipfels von Heiligendamm es sich verpflichtete, beispielgebend bei der Bekämpfung der Korruption zu sein.
Grund für die noch nicht erfolgte Ratifizierung ist die notwendige Neufassung des § 108 e StGB (Abgeordnetenbestechung).
Wann gedenken Sie, mit Ihrer Bundestagsfraktion endlich eine gesetzgeberische Initiative zu unternehmen?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Wanninger,

vielen Dank für Ihre interessante Frage. Bitte entschuldigen Sie, dass ich erst jetzt in der sitzungsfreien Zeit dazu komme, sie zu beantworten, aber das Thema ist zu kompliziert, um es so nebenbei abzuhandeln.

Ich bedauere es sehr, dass wir in Deutschland in dieser Frage noch nicht zu einer abschließenden Lösung gelangt sind. Die weltweite Bekämpfung der Korruption ist eines meiner zentralen Ziele als Entwicklungspolitiker, aber darüber hinaus der gesamten FDP-Bundestagsfraktion. Auch alle anderen Fraktionen des Deutschen Bundestages bekennen sich zu diesem Ziel. Das gilt auch für die Frage der Abgeordnetenbestechung, die ja nur einen kleinen Teil des UN-Übereinkommens ausmacht. Es ist aber gerade in diesem Punkt nicht so einfach, das Übereinkommen in nationales Recht umzusetzen. Denn neben dem Ziel der Korruptionsbekämpfung gilt es die vom Grundgesetz vorgegebenen, unveränderlichen Vorgaben zur Gewährleistung beispielsweise des freien Mandats und des Immunitätsrechts aus Artikel 46 GG zu beachten.

Abgeordnetenbestechung ist, unabhängig von dem UN-Übereinkommen, in Deutschland gemäß § 108e StGB schon seit 1993 strafbar. Danach macht sich ein Abgeordneter strafbar, wenn er für ein bestimmtes Stimmverhalten einen Vorteil als Gegenleistung annimmt, ebenso derjenige, der ihm diesen Vorteil verschafft. Das strafwürdige Unrecht der Abgeordnetenbestechung, also die unlautere Einflussnahme auf den demokratischen Willensbildungsprozess, ist also im deutschen Recht bereits sanktioniert. Das wird auch in der Praxis durchgesetzt, denn auch für Abgeordnete gilt das Legalitätsprinzip. Die Staatsanwaltschaft muss also auch die Abgeordnetenbestechung verfolgen, wenn sie tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Straftat hat, d.h. ermitteln und ggfs. Anklage erheben. Das gilt natürlich auch bei einem Verdacht gegen einen Abgeordneten. Das Recht auf Immunität schützt ihn davor nicht. Dadurch unterscheidet sich das deutsche Immunitätsrecht wesentlich von dem vieler anderer Länder. Deutschland muss sich also grundsätzlich in dieser Frage nicht verstecken, auch wenn über eine weitere Präzisierung des Tatbestandes des § 108e StGB, also der „Abgeordnetenbestechung“, nachgedacht werden muss.

Dennoch ist das deutsche Recht mit dem UN-Übereinkommen nicht ohne weiteres in Übereinstimmung zu bringen. Das Übereinkommen nimmt keine Rücksicht auf die gewachsenen Rechtstraditionen der Mitgliedsländer, schenkt aber auch anderen wichtigen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie zu wenig Beachtung. So setzt das Übereinkommen einerseits „Amtsträger“, also Beamte und andere hoheitlich tätige Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, und andererseits Abgeordnete gleich. Diese Gleichsetzung tangiert aber unmittelbar eine der tragenden Säulen der repräsentativen Demokratie, nämlich das freie Mandat. Nach dem Willen des Grundgesetzes genießt der Abgeordnete, anders als ein Amtsträger im öffentlichen Dienst, gemäß Art. 46 Abs. 2 GG Immunität. Er ist damit vor willkürlichen Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit geschützt, insbesondere vor Verhaftung ohne Genehmigung des Parlaments. Dieses soll seine Unabhängigkeit sichern und gewährleisten, dass er in seinen Entscheidungen frei ist und nur seinem Gewissen verpflichtet ist. Aber die Immunität schützt ihn eben nicht vor der Strafverfolgung, sie unterliegt im Interesse des Schutzes des Parlaments als solchem, also der Legislative, vor unzulässigen Pressionen der Exekutive lediglich der besonderen Kontrolle des Parlaments.

Das deutsche Abgeordnetenrecht unterwirft die Volksvertreter zudem strikten Reglementierungen. So sind die Bundestagsabgeordneten an Verhaltensregeln gebunden, die umfangreiche Anzeige- und Veröffentlichungspflichten beinhalten. Erst kürzlich sind die Verhaltensregeln erneut deutlich verschärft worden.

Die Verhandlungen über die UN-Konvention haben gezeigt, dass auch andere Länder Schwierigkeiten haben, dieses Übereinkommen mit ihrem jeweiligen Verfassungsrecht in Übereinstimmung zu bringen, und zwar auch in diesen Fällen meist nicht deshalb, weil etwa die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung an sich in Frage gestellt würde, sondern aus ähnlichen Gründen wie in Deutschland.

Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregierung seinerzeit aufgefordert, sich bei den Verhandlungen über das UN-Übereinkommen für eine Lösung einzusetzen, die mit dem deutschen Recht vereinbar ist. Es ist aus den vorgenannten Gründen sehr bedauerlich, dass die Bundesregierung sich über dieses Votum des Bundestages hinweggesetzt hat und in den Schlussberatungen ihren Vorbehalt gegen eine mit dem Grundgesetz nur schwer zu vereinbarende Definition des „inländischen Amtsträgers“ zurückgezogen hat. Damit hat sie erst diese Problemlage geschaffen. Denn gerade Deutschland, das zu Recht in seiner Entwicklungszusammenarbeit von den Regierungen der Nehmerländer die nachdrückliche Bekämpfung der Korruption in ihren Ländern einfordert, steht natürlich in einem schiefen Licht da, wenn es eine einschlägige UN-Übereinkunft selbst nicht unterzeichnet.

Es wird daher jetzt darauf ankommen, dass der Deutsche Bundestag aktiv wird, nachdem die Bundesregierung in dieser Frage versagt hat. An diesen Beratungen werden sich die FDP-Fraktion und insbesondere auch ich uns konstruktiv beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Hellmut Königshaus