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Heinz Lanfermann
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Frage von Silvio R. •

Frage an Heinz Lanfermann von Silvio R. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Lanfermann,
wie ich erfahren habe, verzögert sich die Inkraftsetzung der Unterhaltsrechtsreform immer wieder. Dies ist ein herber Schlag ins Gesicht von geschiedenen Ehegatten, welche Aufstockungsunterhalt zahlen müssen.
Nach knapp 14 Jahren Ehe wurde meine Ehe 2004 geschieden, das gemeinsame Kind (heute fast 17) lebt bei der Mutter.
Eine Scheidung soll eine Ausnahme sein und muss auch weh tun, so weit so gut. Dazu muss aber der Zugewinnausgleich und der Versorungsausgleich genügen. Nacheheliche Unterhaltszahlungen im 21. Jahrhundert über max. 5 Jahre sind überflüssig.
Momentan bin ich als Zahler von Aufstockungsunterhalt ein deutlich benachteiliger Mann. Ich hatte das "Glück", durch das Engagement meiner Eltern eine sehr gute Ausbildung und damit auch einen guten Job zu erhalten. Heute weiss ich, dass man
damit nicht heiraten darf, denn die Früchte erhält die Ex-Frau, jahrelang.
Meine Ex-Frau hat einen Vollzeitjob, der besser ist als vor der Ehe, aber sie hat eben keine Uni absolviert und verdient dadurch weniger. Der Aufstockungsunterhalt ist hier nicht nötig, aber er fördert per Gesetz Gier, Häme und Rachegefühle.
Auch ich habe "eheliche Nachteile" erlitten, indem ich nicht jeden möglichen Karrieresprung mitgemacht habe, sondern auf Wunsch der Familie in der Heimatstadt geblieben bin. Bei jedem möglichen Elterabend, bei jedem möglichen Arztermin für unser Kind war ich dabei, auch ich kenne einen Kindergarten und eine Kinderkrippe von innen. Dies interessiert die heutige Gesetzgebung (noch?) nicht, sondern sie hat einen hochbürokratischen Apparat geschaffen, der nacheheliche Unterhaltsforderungen für Frauen auf Grund mittelalterlicher Sichtweise unterstützt.
Warum und durch wen wird die Einführung der Unterhaltsreform verzögert?
Muss man "nacheheliche Solidarität" per Gesetz auf so drastische und langwierige Art wie dem Auftstockungsunterhalt erzwingen? Was ist nacheheliche Eigenverantwortung genau?

Danke für Ihre Antwort!

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Rummer,

die FDP-Bundestagsfraktion befasst sich seit langem mit der Reform des Unterhaltsrechts. Sie hat das Thema in der letzten Wahlperiode zum Gegenstand einer Großen Anfrage gemacht (BT-Drs. 15/3117) und darüber hinaus dem Deutschen Bundestag im April 2005 ein umfassendes Konzept zur Reform des Unterhaltsrechts zur Beratung vorgelegt (BT-Drs. 15/5369). Da der Antrag wegen der vorgezogenen Neuwahlen nicht mehr beraten werden konnte, hat sie das Anliegen im März 2006 erneuert und den Antrag „Unterhaltsrecht ohne weiteres Zögern sozial und verantwortungsbewusst den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen“ (BT-Drs. 16/891) in den Deutschen Bundestag eingebracht.

Neben einer grundlegenden Vereinfachung des Unterhaltsrechts fordern wir darin eine Neufassung der Rangverhältnisse, die der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung trägt. Nach unseren Vorstellungen soll dem Kindesunterhaltsanspruch der absolute Vorrang vor allen anderen Ansprüchen gebühren. Nacheheliche Unterhaltsansprüche der Ehepartner sollen befristet werden. Auf diese Weise soll die Eigenverantwortung der Ehepartner gestärkt werden. Der Unterhaltsberechtigte soll zu eigener Erwerbstätigkeit und selbstverantwortlicher Lebensführung motiviert werden. Kriterien für die Befristung der Unterhaltsansprüche sollen die Dauer der Ehe und die innereheliche Aufgabenverteilung, insbesondere die Kindererziehung und die Zeiten der Kinderbetreuung, sein. Freiwillige Vereinbarungen zwischen den Parteien sollen erleichtert werden.

Eine solche Ausgestaltung des Unterhaltsrechts würde dem gesellschaftlichen Wandel in besonderer Weise gerecht. Die so genannte Einverdienerehe, die noch immer als Leitbild dem geltenden Unterhaltsrecht zu Grunde liegt, entspricht so nicht mehr der gesellschaftlichen Wirklichkeit und berücksichtigt nur unzureichend die immer häufigere partnerschaftliche Rollenverteilung in der Ehe. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass für Ehen, die nach altem Recht geschlossen wurden, Übergangsregelungen notwendig sein werden. Diese Ehen wurden häufig im Vertrauen auf die bestehenden Regelungen geschlossen. Unterhaltsberechtigte aus jahrzehntelang bestehenden so genannten Einverdienerehen bedürfen daher für einen Übergangszeitraum eines besonderen gesetzlichen Schutzes. Dabei darf die nach geltendem Recht bestehende Lebensstandardgarantie jedoch nicht für alle Zeiten festgeschrieben werden. Anderenfalls würde die von Ihnen angesprochene nacheheliche Solidarität überstrapaziert.

Tatsächlich ist zu befürchten, dass sich die Unterhaltsreform verzögern wird, nachdem das Vorhaben bei den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD in den politischen Streit geraten ist. Leider werden gegenwärtig die zu entscheidenden Sachfragen von sachfremden Erwägungen überlagert. Zwischen den Koalitionsfraktionen scheint es unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten über das Familienbild zu geben, das dem Familien- und Unterhaltsrecht zu Grunde zu legen ist. Dabei wird vieles miteinander vermischt, was mit dem Familienrecht nur am Rande zu tun hat, beispielsweise die Frage der Finanzierung von Krippenplätzen oder die grundsätzliche Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das sind aber Fragen, die weit über das Familienrecht hinausreichen. Umso bedauerlicher ist es, dass der gegenwärtige Streit das Reformvorhaben blockiert.

Mit freundlichen Grüßen

Heinz Lanfermann