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Heike Gebhard
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Frage von Rüdiger S. •

Frage an Heike Gebhard von Rüdiger S. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Frau Gebhard,

ich bin über unser Schulsystem entsetzt und da nicht der Einzige. Die Diskussion beherrscht allerdings überwiegend die Frage, wie unsere Kinder lernen sollen. Die Fragen, ob alle Kinder 4 oder 6 Jahre gemeinsam lernen, ob die Ganztagsschule flächendeckend eingeführt werden soll oder die Frage, ob ein Turboabitur Sinn macht oder nicht, sind zweifellos sehr wichtig.
Es wird aber kaum danach gefragt, WAS unsere Kinder lernen. Wenn man sich die Lehrpläne ansieht, wird schnell klar, dass sie überfrachtet sind. Darüber hinaus lassen sie oftmals keine logische Stringenz im Lernstoff erkennen, was vor allem Schüler frustriert. Lehrer sind mit der Situation offenbar auch sehr oft überfordert. Die wachsende Nachfrage zwecks Nachhilfe und vor allem die überfüllten Praxen der Kinder- und Jugendpsychologen geben doch beredtes Zeugnis darüber ab, dass unser Bildungs-/Schulsystem vermurkst ist. Eltern als auch Fachverbänden verwehrt man de facto ein Mitspracherecht. Die Politik überlässt die Umsetzung ihrer Vorgaben oder Ideen der Kultusbürokratie.
Wie gedenken Sie eine Korrektur dieser unerträglichen Situation herbeizuführen oder meinen Sie, dass der derzeitige Kurs der richtige ist? Geben Sie sich wie etwa Herr Pinkwart mit den Angaben des Schulministeriums zufrieden, das unlängst etwa behauptete, die Lehrpläne seien entrümpelt? Es lässt sich leicht das Gegenteil beweisen. Lassen Sie unsere Kinder endlich wieder ohne ideologischen Ballast das lernen, was sie wirklich für ihr weiteres (Berufs-) Leben brauchen!

Freundliche Grüße,

Rüdiger Stritzke

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dr. Stritzke,

die NRW-Landesregierung und die sie tragende derzeitige schwarz-gelbe Mehrheit im Landtag halten aus rein ideologischen Beweggründen starr am dreigliedrigen Schulsystem fest- und gegen jede wissenschaftlich international fundierte Erkenntnis. Denn in Schulsystem á la CDU/FDP kommen auf 9 Absteiger nur 1 Aufsteiger. Auf die Lehrenden wirkt dieses Schulsystem auf Dauer im zunehmenden Maße demotivierend und belastend. Wir hingegen setzen auf die Gemeinschaftsschule als wohnortnahe Ganztagsschule. Mit gemeinsamen Lernen auf jeden Fall bis zur Klasse 6. Mit einem individuellen Lern- und Förderplan für jedes Kind, für den fächerübergreifenden Erwerb von Wissen und sozialen Fähigkeiten in Projekten bei flexiblen Organisationsstrukturen: Ohne Kopfnoten, ohne verbindliche Grundschulempfehlungen, ohne Prognoseunterricht. Das von schwarz-gelb zwangsverordnete Turboabitur ist sowohl in der Umsetzung als auch im Ergebnis unbefriedigend. Ein generelles Abitur nach 12 Jahren lehnen wir ab. Doch wir werden den Jugendlichen den Weg dazu auf freiwilliger Basis offen halten.

Bereits diese Maßnahmen werden eine Menge an Druck, der auf Kindern und Lehrern gleichermaßen lastet, nehmen. Darüber hinaus gilt es, die Lehrpläne den neuen Erfordernissen anzupassen. Unser Wissen wächst täglich. Wir können nicht die gleichen Inhalte wie vor 30 Jahren vermitteln und das neue Wissen obendrauf. Diese Überforderung gilt es abzustellen. Auch ich sehe hierin eine Ursache für die Zunahme psychischer Erkrankungen der Kinder und Jugendlichen.

Die Beschneidungen der Mitwirkungsrechte insbesondere der Schülerinnen und Schüler sowie der Elternschaft machen wir nicht nur rückgängig. Im Gegenteil: Wir wollen sie ausbauen und vertiefen. Ebenso brauchen die Lehrenden mehr Möglichkeiten der eigenen Aus- und Fortbildung. Des Pudels Kern des von uns gewollten leistungsfähigen Schulsystems der Zukunft ist es, nicht nur Abschlüsse zu vergeben, sondern mittels gerechteren Bildungschancen Anschlüsse zu ermöglichen.

Freundliche Grüße
Heike Gebhard MdL