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Hans-Peter Uhl
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Frage von Jan B. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Jan B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Dr. Uhl.

Ich kann nicht verstehen, warum Hartz IV nicht überarbeitet wird und warum die Betroffenen nicht ein Wort mitreden dürfen. In der Hartz-Kommission saß m.W. niemand von einem Erwerbslosenverband. Warum war das so?

Die Zumutbarkeitskriterien sind leider sehr schlimm, wie Sie hier sehen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hartz_IV#Zumutbarkeitskriterien

Wie Sie anhand dieses Links sehen, wird dort behauptet, dass die 1 Euro-Jobs mitlerweile Schaden anrichten . Ist das Ihrer Meinung nach eine Fehlinformation?

Bei mir war es so, dass ich von Ostdeutschland nach Bayern umziehen musste. Meine Freundin hat daraufhin mit mir Schluß gemacht, obwohl sie von mir schwanger war.

Erkennen Sie an, dass das ein Eingriff in die Familienbindung und in das Recht dort zu wohnen, wo man möchte, ist ?

Sie bezweifeln in Ihrer Antwort an Herrn Mayer, dass Hartz IV zu Lohndumping führe. Ich darf Ihnen mitteilen, dass das viele anders sehen, z.B. die Hans Böckler-Siftung.
In diesem Link können Sie das nachlesen:

http://www.boeckler.de/92462_88630.html

In diesem Link wird z.B. beschrieben, dass jeder einen Job annehmen muss, der 30% unter dem ortsüblichen Lohn ist. Bei mir war es aber so, dass die ARGE mir mit einer Streichung drohte, als ich den mir angebotenen Job nicht annehmen wollte. Ist es also nicht so, dass man zuerst prüfen sollte, ob ein Job zumutbar ist und dann erst mit einer Streichung drohen? Im Moment ist das m.W. umgekehrt.

Und was ist mit den Arbeitsplätzen, wo es gar keinen Tarifvertrag gibt oder wo die Arbeitgeber von den Arbeitgeberverbänden ausgetreten sind? Ist es nicht so, dass diese dann bezahlen dürfen, wie sie möchten?

Mit freundlichen Grüßen

Jan Baranowski

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Baranowski,

der von Ihnen mitgeteilte Link zur Böckler-Stiftung ist interessant. Im einzelnen kann ich die Diskussion um die Effekte von Hartz-IV, Ein-Euro-Jobs nicht auf volkswirtschaftlich-fachlicher Höhe führen, da ich kein parlamentarischer Fachmann für diese Themen bin.

Ich möchte Ihnen mit ein paar grundsätzlichen Gedanken antworten:

Markt und Wettbewerb sind (zum Glück) wesentliche Elemente in unserer Wirtschafts- und Sozialordnung. Somit hat das Gesetz von Angebot und Nachfrage starken Einfluss auf die Festsetzung von Preisen und natürlich auch von Löhnen und Gehältern. So hat jemand mit einer Qualifikation, für die es einen Mangel gibt, natürlich eine stärkere Position bei der Gehaltsforderung als jemand mit einer momentan weniger dringend benötigten Qualifikation. Hinzu kommt die betriebswirtschaftliche Rechnung des Arbeitgebers, von dem man erwarten kann, dass er die Beschäftigten angemessen an seinen Gewinnen beteiligt. Man kann jedoch nicht erwarten, dass er Arbeitskräfte in einem Umfang beschäftigt oder in einem Ausmaß entlohnt, das sich für ihn nicht rechnet.

Die Frage, ob ein Tarifvertrag für den Arbeitnehmer grundsätzlich vorteilhafter ist als ein Einzelarbeitsvertrag, würde ich nicht so eindeutig bejahen wie Sie. In puncto Leistungsgerechtigkeit könnte ein Einzelvertrag u.U. effektiver sein: Viele Arbeitnehmer könnten höhere Gehaltsforderungen realisieren.

Markt und Wettbewerb können hart und unbequem sein und z.B. einen Wohnortwechsel veranlassen. Im Ganzen ist diese Härte jedoch gerechtfertigt durch die Produktivität der Wettbewerbsordnung, die in puncto allgemeine Wohlstandsentwicklung, technischer Fortschritt etc. letztlich einen größeren Gemeinwohleffekt hervorbringt als dies in alternativen Systemen (Elemente der zentralen Planung und Steuerung) der Fall sein könnte.

Konkret zu Ihrer Frage: Das Recht auf freie Wahl des Wohnortes ist nicht isoliert zu betrachten von der Pflicht, nach Möglichkeit eigenverantwortlich (z.B. durch Erwerbstätigkeit) für sich selbst zu sorgen.

Natürlich können Marktergebnisse auch ungerecht sein, wenn eine schwache Position ausgenutzt wird und z.B. Arbeitnehmer dauerhaft einen geringeren Lohn bekommen als es ihrer Produktivität entspricht. Dies ist natürlich nicht akzeptabel, da Menschen (z.B. als Arbeitnehmer) niemals nur Mittel zum Zweck sind, sondern eine unveräußerliche Würde haben. Diese zu schützen bemüht sich der Gesetzgeber, indem er dem Wirtschaftsleben einen rechtlichen Rahmen gibt (Umwelt-, Arbeitsschutz-, Mieterschutzrecht etc.). All diese Wirtschaftsregulierung muss jedoch behutsam vorgehen, um die Wirtschaftstätigkeit der Unternehmen nicht zu lähmen. Schließlich kann der Staat unternehmerisches Handeln nicht erzwingen, sondern er muss es - im allgemeinen Interesse - grundsätzlich fördern. Z.B. ein gesetzliche Mindestlohn könnte der Allgemeinheit diesbezüglich mehr schaden als nützen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl