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Hans-Peter Uhl
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Frage von Eckhard H. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Eckhard H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,

das ein Staat in seinem Kern nur dann leistungsfähig bleibt, wenn Korruption auf allen Ebenen wirksam bekämpft wird ist sicher unstrittig. Für eben diese Bekämpfung sind offensichtlich entsprechende Gesetze notwendige Vorraussetzung.
Warum werden dann zwei besonders wichtige Berufsgruppen von einer gesetzlichen Regelung ausgenommen?

Privileg für Parlamentarier:
Schon vor drei Jahren unterschrieb Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption. Doch Deutschland setzt den Vertrag nicht in nationale Gesetze um. Warum nicht? Siehe hierzu auch:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/inhalt/9/0,4070,5250569-0,00.html

Privileg für niedergelassene Ärzte:
Korruption scheint im Gesundheitssystem ein grosses Problem. Warum gibt es kein Gesetz, dass die hier geschilderten Praktiken von niedergelassenen Ärzten unter Strafe stellt.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/inhalt/28/0,4070,5254396-5,00.html#

In dem von Transparency International veröffentlichten "Korruptionsindex" für 2006 steht Deutschland an 16. Stelle. Die oben genannten Beispiele deuten an wo konkret Handlungsbedarf besteht. Warum wird korruptes Verhalten nicht unabhängig von Berufsgruppen gleich geahndet?

Mit freundlichem Gruss,
Eckhard Hölzemann, München

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Hölzemann,

zweifellos muss Korruption auf allen Ebenen bekämpft und geächtet werden. Fälle von Korruption erschüttern unser Vertrauen in die Funktionsweise unserer Institutionen und erwecken den Eindruck, dass der Ehrliche der Dumme sei. Dies darf nicht sein. Dieser Form der Resignation müssen wir als Gesellschaft – und als Gesetzgeber – entgegentreten, indem Korruption sanktioniert wird.

Im Strafrecht werden alle Delikte – z.B. in den Bereichen Betrug und Untreue, Straftaten gegen den Wettbewerb und Urkundenfälschung – selbstverständlich gleichermaßen geahndet – unabhängig von der Berufsgruppe. Eine andere Frage ist, ob Bestechlichkeit für verschiedene Stände und Berufsgruppen spezifisch definiert und als abgegrenzter Tatbestand begrifflich fixiert werden muss.

Bei Abgeordneten und Ärzten haben Sie diesbezüglich ein „Privileg“ ausgemacht.

Was niedergelassene Ärzte angeht, so sind die gesetzlichen Krankenkassen seit 2004 rechtlich verpflichtet, sog. Anti-Korruptionsstellen zu errichten, um eine rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln der GKV zu verhindern. Der Aufbau der Stellen besagt natürlich nicht, dass die Stellen bereits seit dem 01.01.2004 voll einsatzfähig gewesen sind.
Das BMG hatte aber einen Zwischenbericht der Kassenverbände angefordert, der zum Ergebnis kam, dass die Kassen 2004 und 2005 fast 32 Mio. Euro durch diese Stellen wieder „reingeholt“ haben. Dabei wurde mehreren 1000 Fällen nachgegangen.

Thema „Abgeordnetenprivileg“:
Die Diskussion darüber, wie in Deutschland mit dem Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption vom 27. Januar 1999 sowie dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003 umzugehen sein wird, ist nun in Gang gekommen. Auch die CDU/CSU-Fraktion wird sich dazu positionieren.

Vorläufig kann ich Sie nur darauf hinweisen, dass das Thema der strafrechtlichen Sanktionierung bestimmter Handlungen von Abgeordneten sehr schwierige straf- und verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die einer sorgfältigen Überprüfung bedürfen, insbesondere im Hinblick auf das in der Verfassung verankerte freie Mandat des Abgeordneten.

Bereits 1993 bei der Schaffung von § 108e StGB setzte sich der Gesetzgeber mit dem Bestimmtheitsgrundsatz und der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung des Abgeordneten auseinander. In den identischen Begründungen der Gesetzentwürfe der CDU/CSU und FDP einerseits (BT-Drs. 12/5927) und der SPD-Fraktion andererseits (12/1630) heißt es zu diesen Punkten (http://dip.bundestag.de/parfors/parfors.htm):

"Der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung kann nicht dem der Beamten- und Richterbestechung nachgebildet werden. Im Bereich des Öffentlichen Dienstes ist es generell verboten, einen persönlichen Vorteil für eine Diensthandlung oder im Zusammenhang mit einer dienstlichen Tätigkeit anzunehmen oder zu gewähren. Der Amtsträger soll seine Entscheidung im Rahmen der maßgeblichen Rechtsvorschriften stets unparteiisch und frei von unsachlichen Einflüssen treffen. Beim Träger eines Abgeordnetenmandats fehlt es hingegen bereits an einem genau umgrenzen Pflichtenkreis, wie er für Amtsträger existiert. Bei der Ausübung von Stimmrechten im Parlament spielen oft auch politische Gesichtspunkte und Rücksichtsnamen eine Rolle. Es ist nicht zu beanstanden, wenn bei der Stimmabgabe politische Zwecke mitverfolgt werden, die den eigenen Interessen des Stimmberechtigten entgegenkommen. Bei zahlreichen Abgeordneten ist die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe von wesentlicher Bedeutung für ihre Aufstellung als Kandidat. Von dem Abgeordneten erwartet die gesellschaftliche Gruppe denn auch, dass er sich für Ihre Belange einsetzt“ (S.5).

„Zwar sind auch bei Abgeordneten Fälle denkbar, in denen Vorteile nicht für eine Stimmabgabe, sondern für ein anderes Verhalten in strafwürdiger Weise angenommen bzw. gewährt werden. Bei der Art des Aufgabenbereichs der Abgeordneten ist es jedoch nicht möglich, solche andersartigen Handlungen, die Gegenstand einer Bestechung sein könnten, begrifflich in einem klar abgegrenzten Tatbestand zu erfassen. Die Tätigkeit der Abgeordneten reicht über das eigentliche parlamentarische Wirken hinaus in das allgemeine politische Geschehen, wo scharf abgrenzbare Verhaltensvorschriften fehlen“ (S.6).

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Uhl