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Hans-Peter Uhl
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Frage von Ekkehardt Fritz B. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Ekkehardt Fritz B. bezüglich Recht

Werter Herr Dr. Uhl,

die im Moment regierende Koalition regiert gegen das Volk und unsere sich immer noch Grundgesetz nennende Verfassung? Diesen Eindruck habe ich nach all den in dieser Legislaturperiode verabschiedeten Gesetzen bekommen, welche dann vom BVerfG gekippt wurden.Trotzdem werden durch die Bundesregierung dies bzgl. immer wieder entsp. Versuche unternommen und dabei jeder in den Dreck gezogen, der sich dagegen wehrt. So jüngst durch Sie in Sachen Vorratsdatenspeicherung auch unsere Justizministerin http://www.handelsblatt.com/ politik/deutschland/kritik-von-der-union-justizministerin-ist-bremsklotz-fuer-die-regierung/6698518.html .

Auch hier war - wie in vielen anderen Fällen auch - die Kritik vollkommen unberechtigt! Ich denke: Das einzige - um bei Ihren Worten zu bleiben - „Sicherheitsrisiko für Deutschland“ ist der Zustand der aktuellen Bundesregierung.

Da Deutschland von Seiten der EU bei Nichtdurchsetzung des „Diktats zur Datenspeicherung" mit Strafe in nicht unerheblicher Höhe gedroht wird, frage ich Sie: Ist es durch die EU schon heute möglich, unser/e Grundgesetz/Verfassung außer Kraft zu setzen? Und wenn: Wozu brauchen wir Sie bzw. die Bundesregierung dann noch? Nach meinem Wissen gilt aber nachwievor: Die Grundprinzipien des EU Gemeinschaftsrecht können unser nationales Verfassungsrecht „noch nicht“ außer Kraft setzen. Demokratie hat "noch" Vorrang! Wie kann die EU dann versuchen, sich sogar mit Strafandrohung darüber hinweg zu setzten?

„Gott sei Dank“ mussten auch Sie in Sachen der ursprünglich von Ihnen mit allen Mitteln gewollten Änderung des Meldegesetzes http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/anders-als-die-regierung-csu-politiker-haelt-an-meldegesetz-fest/6861166.html , welches sicherlich ebenfalls verfassungswidrig gewesen wäre, einlenken. Ich bedanke mich dafür ebenso, wie für die Beantwortung meiner vier Fragen.

Ekkehardt Fritz Beyer

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Beyer,

Ihre sehr unsachliche Vorhaltung, dass die Regierungskoalition im Bund „gegen das Volk“ und die Verfassung regiere, weise ich entschieden zurück. Ferner weise ich Ihre Unterstellung zurück, ich hätte jemanden „in den Dreck gezogen“.

Natürlich können die EU-Organe nicht eine Gesetzgebung in Deutschland erzwingen, die grundgesetzwidrig wäre. Ein solcher Konflikt besteht jedoch bei der sog. ‚Vorratsdatenspeicherung‘ auch gar nicht.

Das Bundesverfassungsgericht hat die ´Vorratsdatenspeicherung´ nämlich definitiv NICHT verboten, sondern im Gegenteil ausdrücklich als verfassungsgemäß gebilligt, wenn auch mit Einschränkungen gegenüber der alten Rechtspraxis. Dies habe ich bereits mehrfach erklärt, u.a. hier:
http://www.theeuropean.de/hans-peter-uhl/7775-vorratsdatenspeicherung-in-deutschland

Es wäre Aufgabe der Bundesjustizministerin, einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, der die EU-Richtlinie und zugleich die Vorgaben des BVerfG umsetzt. Die Bundesjustizministerin kommt ihrer Pflicht leider nicht nach.

Worum geht es bei der ‚Vorratsdatenspeicherung‘ (offiziell: Mindestspeicherung für Verkehrsdaten der Telekommunikation)?

Seit jeher speichern die Telekommunikationsunternehmen Verkehrsdaten nach §§ 96 ff. TKG zum Zweck der Entgeltermittlung und Entgeltabrechnung von Telekommunikationsverbindungen. Ein weiterer Anwendungsbereich betrifft die vom Anschlussinhaber gewünschte Erteilung von Einzelverbindungsnachweisen.

Schon bisher DÜRFEN dazu nach § 97 Abs 3 TKG die Verkehrsdaten bis zu sechs Monate nach Versendung der Rechnung gespeichert werden. Die vielgescholtene ‚Vorratsdatenspeicherung‘ würde dazu führen, dass diese Daten (bei den Kommunikationsdienstleistern) einheitlich für sechs Monate gespeichert werden MÜSSEN.

Es geht also darum, durch eine einheitliche Speicherfrist die Verfügbarkeit von Verkehrsdaten zu sichern, damit sie im Einzelfall durch die Polizei abgerufen werden können,
• wenn es um eine schwere Straftat geht (dies wäre im Gesetz konkret zu definieren).
• wenn ein Richter dies prüft und anordnet.

Die ‚Vorratsdatenspeicherung‘ begründet somit die rechtsstaatlich geregelte und kontrollierte Möglichkeit, geltendes Recht (Strafprozessordnung und Gefahrenabwehrrecht) wirksam zur Anwendung zu bringen, wenn sich wesentliche Ermittlungsansätze auf Verkehrsdaten der Telekommunikation (Telefonie und/oder Internet) beziehen.

Begründung: Der Rechtsstaat kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn die Bürger darauf vertrauen können, dass Straftaten aufgeklärt, Gefahren abgewehrt und die Verletzung von Rechten der Bürger geahndet werden können. Dazu gehört wesentlich, die Identität von Straftätern und Rechtsbrechern rekonstruieren zu können. Anarchie und ein allgemeines Recht des Stärkeren können schließlich keine sinnvolle Alternative sein.

Weitere Informationen dazu:
http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Sicherheit/SicherheitAllgemein/FAQ_Mindestspeicherfristen/faq_node.html

Wenn das Melderecht in der vom Bundestag beschlossenen Form verfassungswidrig wäre, wäre auch das seit Jahrzehnten geltende Melderecht verfassungswidrig. Schließlich haben wir uns bei dieser Regelung, und dies kann angesichts der öffentlichen Diskussion nicht oft genug betont werden, weitgehend an dem bisherigen Recht der Landesmeldegesetze orientiert. Neu hinzu kamen allerdings eine Reihe datenschutzrechtlicher Verbesserungen, die sich bisher so nicht in den Landesgesetzen finden (Notwendigkeit einer Zweckangabe bei Abfrage durch das Unternehmen; Erfordernis, den Bürger auf sein Widerspruchsrecht jährlich hinzuweisen; Bußgeldbewehrung dieser Vorgaben).
Wieso also hat das bisherige Melderecht noch niemand gerügt und eine Klage vor das BVerfG gebracht?

Mit freundlichen Grüßen
Uhl