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Hans-Joachim Fuchtel
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Frage von Jürgen V. •

Frage an Hans-Joachim Fuchtel von Jürgen V. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Fuchtel,

sie haben in der Abstimmung zu den Internet-Sperren (ZugErschwG) für die Sperren gestimmt. Ich habe mir nun auch Ihre bisherigen Aususagen zu diesem Thema durchgelesen und trotzdem blieben zum bereits verabschiedeten ZugErschwG einige weitergehende Fragen offen:

1. Halten Sie ein Stopp-Schild für nützlich um den Missbrauch von Kindern zu verhindern?
Was sagen sie zu der Aussage zahlreicher Experten, dass das Stopp-Schild sogar von Laien innerhalb weniger Sekunden umgangen werden kann und, dass damit sogar Täter geschützt werden? Falls sie nicht der Meinung sind, das Stopp-Schild sei in der Praxis wirkungslos, inwieweit haben Sie einen informationstechnischen Hintergrund, dies besser als die erwähnten Experten beurteilen zu können?
2. Glauben bzw. befürworten Sie, dass diese Zensureinrichtung in naher Zukunft auch für andere Seiten(rechtsextreme Inhalte, "Killerspiele", Gewaltdarstellung) usw. genutzt werden wird?
3. Sehen Sie in dem verabschiedeten Gesetz einen Verstoß gegen Absatz 5 Artikel 1? Ich zitiere: "Eine Zensur findet nicht statt."
4.Glauben sie nicht, dass dieses Gesetz die Gewaltenteilung, die in Art. 20 des Grundgesetzes festgeschrieben ist, aufhebt, da keinerlei Kontrollmöglichkeit über das BKA besteht?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!

Mit freundlichen Grüßen,
J. Vejmelka

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Vejmelka,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 18.08.2009 bezüglich meiner Abstimmung zu den Internet-Sperren im Rahmen des Zugangserschwerungsgesetzes (ZugErschwG).

Zunächst möchte ich Ihnen versichern, dass die Diskussion um das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet mit großer Sorgfalt und Sensibilität betrieben wurde. Leider erlebt man trotzdem immer wieder, dass bei dieser Diskussion berechtigte Anliegen und ungerechtfertigte Ängste fälschlich miteinander verwoben werden.

Bei der Kinderpornographie geht es rechtlich grundsätzlich um zwei Komplexe:

Zum einen bedroht § 184 b Abs. 1 des Strafgesetzbuches (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) all diejenigen mit Strafe, die kinderpornographische Schriften, wozu auch Ton- und Bildträger sowie Datenspeicher gehören, verbreiten, solche Schriften öffentlich ausstellen, anschlagen, vorführen oder sonst zugänglich machen oder die diese Machwerke herstellen, beziehen, liefern, vorrätig halten, anbieten, ankündigen, anpreisen, einzuführen oder auszuführen unternehmen.

Dies sind diejenigen, die kinderpornographische Inhalte ins Netz stellen. Hier genügt oft ein Hinweis an die Betreiber der Server, um dem Spuk ein Ende zu bereiten.

Gemäß § 184 b Abs. 2 des Strafgesetzbuches gilt grundsätzlich aber auch, dass sich strafbar macht, wer es unternimmt, sich kinderpornographische Schriften – dazu gehören auch Dateien und das Betrachten von Bildern im Netz – zu verschaffen. Der Bundesgerichtshof hat dies folgendermaßen präzisiert: „Auch mit der bloßen Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher eines PC-Systems erlangt dessen Benutzer Besitz, weil es ihm möglich ist, jederzeit diese Dateien wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht wurden" (BGH 1 StR 430/06 - Beschluss vom 10.10.2006).

Entsprechend ist die Sperrung einer derartigen Seite als die Verhinderung einer Straftat zu qualifizieren. Dies unterscheidet diesen Fall von dem der Sperrung einer Seite, die vielleicht einen strafwürdigen Inhalt hat, wo es aber nicht strafbar ist, sich diese Inhalte zu verschaffen.

Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion war es unerträglich, dass wir in Deutschland bisher noch nicht umfassend gegen die Beschaffung von kinderpornographischen Schriften vorgegangen sind. Die Bundesregierung hat darüber unter Federführung der BMin Dr. von der Leyen in den letzten Monaten intensive Gespräche und Verhandlungen mit der betroffenen Wirtschaft geführt. Dabei sind zwei Dinge deutlich geworden: Erstens sind die Access-Provider dazu bereit, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren und so die Beschaffungskriminalität einzudämmen. Fünf große Unternehmen haben sich auf vertraglicher Basis dazu verpflichtet. Und zweitens brauchen wir eine gesetzliche Regelung.

Glücklicherweise konnten wir in den Verhandlungen mit der SPD zentrale Forderungen der Union durchsetzen, so dass mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen weitere effektive Maßnahmen gegen dieses Übel ermöglicht werden.

Lassen Sie mich kurz die wichtigsten Punkte des Gesetzes hervorheben:

1.Durch die Sperrung der kinderpornographischen Seiten im Internet wird der Kampf gegen dieses Verbrechen um präventive Maßnahmen ergänzt. Zufällige Besuche auf diesen Seiten werden durch eine Stopp-Seite verhindert. Die Stopp-Seite setzt ein deutliches Signal für das Netz: Stopp, hier geht es nicht weiter, hier wird der legale Raum verlassen! Die Sperrung solcher Seiten ist eine zusätzliche und ergänzende Maßnahme, wenn ein wirksameres Vorgehen direkt gegen die schrecklichen Inhalte bei ausländischen Angeboten nicht möglich ist. Die Stopp-Seite ist ein wichtiger Baustein einer Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und seiner Darstellung im Internet.

2.Nutzer, die z.B. durch Links in Spam-Mails auf diese Stopp-Seite gelangen, müssen nicht mit Strafverfolgung rechnen. Die Daten, die an der Stopp-Seite anfallen, dürfen für die Strafverfolgung nicht genutzt werden. Für uns ist klar, dass Hersteller und Konsumenten von Kinderpornographie mit aller Härte des Gesetzes verfolgt werden müssen. Genauso klar ist aber auch, dass wir harmlose Nutzer nicht durch – letztlich unbegründete – staatliche Verfolgungsmaßnahmen stigmatisieren und ihre bürgerliche Existenz vernichten dürfen.

3.Wir haben klargestellt, dass Sperrmaßnahmen auf kinderpornographische Internet-Seiten beschränkt bleiben.

4.Nach zwei Jahren wird eine Evaluierung durch die Bundesregierung stattfinden. Ein Jahr später wird das Gesetz auf Grund der gewonnenen Erfahrungen optimiert werden.

Besonders wichtig ist mir, klar zu stellen, dass es sich bei der genannten Sperrliste und bei der Verpflichtung der Internet Provider, die auf dieser Liste enthaltenen Internet-Seiten zu sperren, eben nicht um eine Zensur des Internets handelt, bei der der Staat – aus welchen Gründen auch immer – einige Internetseiten sperren lässt, um seine Bürgerinnen und Bürgern mehr oder weniger willkürlich an der Nutzung des Internets zu hindern. Läge die Sache so, würde ich Ihre Bedenken uneingeschränkt teilen und hätte den Gesetzentwurf nicht unterstützt. Die Sache liegt aber anders, denn hier geht es um die Verhinderung von Straftaten gem. § 184 b des Strafgesetzbuches.

In der öffentlichen Diskussion ist leider bisher nicht ausreichend verdeutlicht worden, dass die Einschränkungen des Zugangs und die Strafverfolgung sich nur auf die besondere Struktur des § 184 b des Strafgesetzbuches beziehen, d.h. auf die Verschaffung von Kinderpornographie. Es ist nicht daran gedacht, ähnliche Maßnahmen auch bei anderen Rechtsverletzungen zu ergreifen, bei denen z.B. das Betrachten der Seite straflos ist und eine weitere Handlung – möglicherweise ein Download einer Datei – hinzutreten muss, um ein Rechtsgut zu verletzen. Insofern bin ich fest davon überzeugt, dass dieses Gesetzesvorhaben die Grundrechte der Bürger nicht tangiert.

Nun konkret zu Ihren Fragen:

Fraglos ist die Einführung des Stopp-Schildes nötig, um gegen das Verschaffen kinderpornographischer Schriften vorzugehen und so Straftaten zu verhindern. Jedoch ist es sehr schwer, konkret quantitativ und qualitativ zu beurteilen, ob und inwiefern dieses Gesetz den Konsum von Kinderpornographie und die Produktion von Kinderpornographie verhindert oder erschwert. Dies gilt allerdings auch für andere Sicherheitseinrichtungen im realen Leben, wie beispielsweise Türschlösser und kann daher nicht als Grund für eine Abschaffung des Stopp-Schildes angegeben werden. Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass es besser ist, diesen Weg zu gehen, als gar keine Maßnahmen zu ergreifen.

Die Frage inwieweit Täter durch die Einführung eines Internetstoppschildes geschützt werden, kann ich nicht nachvollziehen.

Mein Wissen über die Hintergründe zu den neuen Internetsperren beruht in großem Maße auf diversen Experten, die die Koalitions-Fraktionen bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes entscheidend beraten und unterstützt haben.

Zwar stimme ich Ihnen zu, dass das Zugangserschwerungsgesetz in den Schutzbereich der uneingeschränkten Freiheit zur Informationsbeschaffung eingreift, aber dieser Eingriff ist meines Erachtens aus den oben aufgezählten Gründen gerechtfertigt.

Darüber hinaus ist es nicht richtig, dass keine Kontrollmöglichkeit über das BKA besteht. Mit dem Gesetz ist auch der Vorschlag eines Expertengremiums realisiert worden: Der Datenschutzbeauftragte benennt fünf Mitglieder, die berechtigt sind, jederzeit die Sperrliste beim Bundeskriminalamt einzusehen und zu überprüfen.

Mir ist klar, dass das Gesetz kein Allheilmittel ist. Aber es ist ein weiterer Baustein in unserer Gesamtstrategie, die Kinder zu schützen und den Markt für Kinderpornographie soweit es geht auszutrocknen. Jetzt ist es Zeit, entschlossen handeln!

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Fuchtel, MdB