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Gisela Piltz
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Frage von Leif H. •

Frage an Gisela Piltz von Leif H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Glück auf aus Schwarzenberg!

Nun ist bei uns der Weihnachtsmarkt vorbei und ich finde endlich wieder Zeit mich der Politik zu widmen.

Heute bewegt mich der Umstand, daß Sie dem neuen Wahlgesetz zugestimmt haben, mit Ihnen in Kontakt zu treten.

Haben Sie die Beispiele, in denen es nach dem neuen Wahlrecht weiterhin zu einem negativen Stimmgewicht kommt, vor der Abstimmung zur Kenntnis genommen? Eine Erläuterung der Beispiele finden Sie hier:

http://www.mehr-demokratie.de/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&file=fileadmin/pdfarchiv/bund/2011-10-14-wahlrechtsbeschwerde-presseinfo-beispiele.pdf&t=1323875594&hash=d03cb05f8908d372c405bc9ac2cf5c09

Wie ist es dazu gekommen das neue Wahlgesetz zu verabschieden, ohne den Versuch einen Konsens mit allen Fraktionen zu erreichen? Ist das beim Wahlrecht nicht angebracht?

Mit herzlichen Güßen,
Leif Hansen

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Hansen,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage auf http://www.abgeordnetenwatch.de zur Wahlrechtsreform.
Wie Sie vielleicht schon in der Antwort meines Kollegen Dr. Stefan Ruppert, der für unsere Fraktion das Thema Wahlrecht als Berichterstatter betreut, auf die Frage zu den Berechnungen von Herrn Wiesner auf der Webseite http://www.wahlrecht.de gelesen haben, existieren unterschiedliche Berechnungen zum Auftreten des negativen Stimmgewichts nach der Wahlrechtsreform. Die Zahlen der Koalition und die von Herrn Wiesner unterscheiden sich in einer Grundannahme: Letztere basieren auf der Prämisse, dass zusätzliche Zweitstimmen von zusätzlichen Wählern abgegeben werden. Die Berechnungen der Koalition gehen hingegen davon aus, dass die Anzahl der abgegebenen Wählerstimmen konstant bleibt. Zusätzliche Zweitstimmen für eine Liste kommen hier beispielsweise aus dem Topf der ungültigen Zweitstimmen oder Stimmen von Parteien, die unter die 5-Prozent-Hürde gefallen sind. Man kann sich sicherlich mathematisch und auch demokratietheoretisch darüber streiten, welche der beiden unterschiedlichen Annahmen die bessere bzw. realistischere ist. Mir erscheint es jedoch so, dass sich dieser Streit nicht zugunsten einer Seite auflösen lässt. Deshalb kann man auch nicht sagen, dass eine Simulation falsch und die andere richtig ist.
Nach den Berechnungen der Koalition wird das negative Stimmgewicht durch das neue Wahlrecht nahezu komplett beseitigt. Eine Auswertung von 1.000 zufällig simulierten Wahlergebnissen im Umfeld der tatsächlichen Ergebnisse von 2005 und 2009 ergab, dass nur noch in 9 bzw. 14 Fällen ein negatives Stimmgewicht darstellbar wäre. Bei dieser geringen Wahrscheinlichkeit des Auftretens von negativem Stimmgewicht kann man davon ausgehen, dass es sich um „seltene Ausnahmefälle“ handelt, die das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seines Urteils als vernachlässigbar beschrieben hat. Der Klage vor dem Bundesverfassungsgerichts sehen wir daher gelassen entgegen.

Die Koalitionsfraktionen haben das Gespräch mit den Oppositionsparteien zum Wahlrecht aktiv gesucht und es haben auch verschiedene Gespräche stattgefunden. Eine gemeinsame interfraktionelle Lösung des Problems des negativen Stimmgewichts wäre sehr begrüßenswert gewesen. Allerdings ist das vor allem daran gescheitert, dass die Oppositionsfraktionen bei der Wahlrechtsreform primär die Abschaffung der Überhangmandate zum Ziel hatten. Der eigentliche Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, eine Lösung des Problem des negativen Stimmgewichts zu finden, geriet dabei aus Oppositionssicht eher ins Hintertreffen. Die Überhangmandate per se sind aber nicht verfassungswidrig. Das hat Karlsruhe in seiner Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt.

Mit freundlichen Grüßen
Gisela Piltz