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Gerhard Schick
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Frage von Marius M. •

Frage an Gerhard Schick von Marius M. bezüglich Wirtschaft

Lieber Herr Dr. Schick,

wieviel von dem Geld, das derzeit vom Bund in den Bankensektor gepumpt wird, sollte den Bankaktionären geschenkt werden?

Aus welchem Grunde sollte den Aktionären Geld geschenkt werden?

Welche Maßnahmen muß der Bundestag ergreifen, um die erfolgten Geldgeschenke zu kontrollieren und die Interessen der Steuerzahler angemessen zu vertreten.

Mit freundlichen Grüßen
Marius Mentor

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Mentor,

Sie sprechen einen sehr wichtigen Punkt an: Es kann grundsätzlich nicht sein, dass private Bankaktionäre von den öffentlichen Rettungsmaßnahmen durch Gewinnausschüttungen profitieren. In der aktuellen Rechtslage ist dabei zu differenzieren zwischen staatlichen Garantien, Rekapitalisierungsmaßnahmen und Risikoübernahmen. Für die beiden letztgenannten Fälle ist – meines Erachtens völlig zu Recht – eine Dividendenausschüttung untersagt. Das heißt also, dass die Bankaktionäre keine Gewinnanteile erhalten können, wenn der Bund den Banken direkt Kapital zur Verfügung stellt. Dies betrifft beispielsweise die Commerzbank. Eine Übersicht über die Auflagen der Stabilisierungsleistungen finden Sie hier:
http://www.soffin.de/leistungen_auflagen.php?sub=3

Einen Sonderfall stellt die Rettung der „Hypo Real Estate“ dar. Sie war zwar notwendig, ist aber politisch schlecht vollzogen worden. Darunter fällt auch ein unangemessen hoher Kaufpreis der Aktien, für die der Bund teilweise 3 Euro pro Stück gezahlt hat, später für weitere Anteile 1,39 Euro geboten. Und zwar für ein Institut, das ohne staatliche Rettung bereits insolvent und dessen Aktien damit wertlos gewesen wären. Die Banken, die bei einer Pleite der HRE massiv gelitten hätten, verdienen zur Zeit sogar noch an der Rettung dieser Bank, die Deutsche Bank allein bis zu 100 Millionen Euro.

Hier wird eine Haltung der Bundesregierung deutlich, die sich durch die gesamten Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzmarkts wie ein roter Faden zieht: Statt – wie etwa in Großbritannien oder den USA – die Kontrolle des Staates über bedrohte Finanzinstitute notfalls zu erzwingen, wurde und wird hierzulande viel zu stark auf Freiwilligkeit gesetzt. Das bekommen die Steuerzahler zu spüren, teilweise zugunsten der Bankaktionäre.

In Ihrer letzten Frage sprechen Sie den eigentlichen Skandal der Bankenrettungsmaßnahmen an: Genau die von Ihnen zu Recht eingeforderte Kontrolle und Interessenvertretung der Steuerzahler ist dem Bundestag gar nicht möglich. In den Gesetzen zur Finanzmarktstabilsierung hat sich das Parlament mit den Stimmen der Großen Koalition quasi selbst entmachtet und der Regierung größtenteils freie Hand gelassen. Dort, wo die Milliardenverluste einer nimmersatten Branche sozialisiert werden, fehlt die Bereitschaft, wirklich parlamentarische Kontrolle auszuüben, um Transparenz und die bestmögliche Verwendung der Gelder sicherzustellen. Jeder ALG2-Empfänger wird intensiv auf seine Berechtigung zum Bezug staatlicher Gelder geprüft, bei den Banken werden in Deutschland nicht einmal die Konditionen der Rettungspakete offengelegt. Lediglich in einem Gremium, das der strikten Geheimhaltung unterliegt, werden neun Parlamentarier regelmäßig von der Bundesregierung unterrichtet, Einfluss ausüben können sie allerdings ebenfalls nicht. Diese Aushebelung parlamentarischer Kontrolle und Transparenz war für Bündnis 90/Die Grünen übrigens einer der Hauptgründe dafür, dass wir im Bundestag gegen das Bankenrettungspaket gestimmt haben, obwohl wir die stabilisierenden Maßnahmen grundsätzlich für notwendig erachtet haben.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick