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Gerd Friedrich Bollmann
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Frage von Sebastian N. •

Frage an Gerd Friedrich Bollmann von Sebastian N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Herr Bollmann,

Da sie bei der Abstimmung über den EU Vertrag von Lissabon zugestimmt haben, möchte ich sie bitten mir die folgenden Fragen zu beantworten.

Haben sie vor ihrer Zustimmung den vollständigen EU Vertrag von Lissabon gelesen, bzw. besitzen sie eine vollständige und endgültige Kopie des Vertrages von Lissabon?

Hatten sie beim Studium des Vertrages irgendwelche Bedenken oder Zweifel, dass der Vertrag von Lissabon nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar sein könnte.

Wie würden sie ihrer Meinung nach, die Gründe für das "NO" der irischen Bevölkerung zum Vertag von Lissabon definieren. In den deutschen Medien erfährt man immer nur das die Iren gegen den Vertrag gestimmt haben und das dies sehr negativ für die EU und für Deutschland sein. Es wird aber nie auf die möglichen Motive der Iren für dieses "NO" eingegangen.

Aufgrund der Ablehnung des Vertrages von Lissabon in Irland, frage ich mich, ob dieser Vertrag eventuell negative Folgen für Deutschland und die deutsche Bevölkerung haben könnte.
Sind ihnen negative Konsequenzen des Vertrages von Lissabon, im Bezug auf das deutsche Grundgesetz und die Rechte des normalen Bürgers bekannt?

Warum wurde nur in Irland eine Abstimmung über der Vertrag von Lissabon gehalten, warum wird darüber nicht in Deutschland abgestimmt?

Ich hoffe sie können meine Fragen detailliert beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Nowak

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Nowak,

in Deutschland hat es keine Volksabstimmung gegeben, weil das Grundgesetz keinen Volksentscheid auf Bundesebene zulässt. Gemäß unserer Verfassung sind die Entscheidungen von Bundestag und Bundesrat zu treffen. Um eine Volksabstimmung zu ermöglichen, ist also eine Grundgesetzänderung notwendig. Dazu bedarf es einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Im Jahr 2002 hatte die SPD zu-sammen mit ihrem damaligen Koalitionspartner einen Gesetzentwurf zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid eingebracht. Die CDU/CSU hat damals abgelehnt und ist bis heute gegen die Einführung von Volksentscheiden. Daher war keine Zweidrittelmehrheit möglich. Die absolute Mehrheit von SPD und Grünen reichte nicht aus.

Ich kann in dem Vertrag von Lissabon keine negativen Auswirkungen für Deutsch-land und die Rechte unserer Bürger erkennen. Sicherlich könnte der Vertrag noch in einigen Punkten besser sein, er ist aber keine Verschlechterung. Die SPD wird sich weiter vehement dafür einsetzen, dass die EU sozialer wird. Ich stimme in diesem Punkt mit unserem Parteivorsitzenden Kurt Beck überein, welcher dazu im Bundestag ausführte: „Freilich fehlt für uns an diesem Eu-ropa immer noch ein ganz entscheidender Teil, nämlich das, was wir soziales Europa nennen. Die Verträge von Lissabon bieten allerdings eine Chance, dieses zu er-reichen. Das ist ein Bewertungsunterschied zwischen uns und denjenigen, die Ab-lehnung empfehlen. Sie geben uns eine Chance, und wir müssen diese Chance nutzen. Ich stimme allen zu, die sagen, dass wir die wirkliche soziale Dimension, den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland, nur durch gemein-schaftliche Anstrengung sicherstellen können.“

Insgesamt ist der Vertrag von Lissabon ein großer Fortschritt gegenüber der jetzigen Situation. Er bedeutet eine Stärkung der Demokratie. So werden die Mitentschei-dungsrechte des Europäischen Parlaments ausgeweitet. Auch soll das Europäische Parlament über alle Ausgabenbereiche mitentscheiden.

Vor allem erhalten auch die nationalen Parlamente mehr Einwirkungsmöglichkeiten. Der Vertrag von Lissabon schafft zudem erstmals die Möglichkeit eines europäischen Bürgerbegehrens. Dadurch wird die direkte Demokratie in der EU gestärkt. Des Weiteren wird durch den Vertrag von Lissabon die Handlungsfähigkeit der EU sichergestellt. Durch die EU-Erweiterung sind hier Maßnahmen notwendig gewesen. Dabei sollen zukünftig in mehr Themenbereichen Mehrheitsentscheidungen möglich sein. Eine handlungsfähige und demokratische Europäische Union ist meines Erachtens sinnvoll und notwendig. In der Vergangenheit hat uns die EU in Europa Frieden und Wohlstand gebracht. Gerade zukünftig benötigen wir ein starkes einiges Europa mit einem großen Binnenmarkt um in der globalisierten Welt mitsprechen und unsere Ziele und Interessen durchsetzen zu können. Als „kleiner“ Nationalstaat Deutschland haben wir dazu gegenüber großen Mächten wie USA, Russland, China u. a. nicht den notwendigen Einfluss. Der Lissabon-Vertrag, den ich im Übrigen besitze und den ich durchgearbeitet habe, bietet die Chance den Erfolg der EU fortzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Gerd Bollmann, MdB