In der letzten Landtagssitzung haben Sie die Ablehnung des Gesetzentwurfs 18/11498 für Bündnis 90/DIE GRÜNEN begründet. Wie geht es nach der Wahl mit der Besoldungsgesetzgebung weiter?
Bündnis 90/Die GRÜNEN hatten dem Entwurf in der letzten AfHuF-Sitzung noch unentschieden gegenübergestanden. Nach Diskussion in der Fraktion haben sie mittlerweile ebenso große verfassungsrechtliche Bedenken und lehnen die verfassungswidrige, Frauen mittelbar diskriminierende Regelung des Gesetzes ab, das der politischen DNA von Bündnis 90/DIE GRÜNEN – der geschlechtergerechten Gesellschaft – widerspricht.
Insofern wäre ich Ihnen für die Beantwortung folgender Fragen verbunden:
1. Welche Forderungen stellen Bündnis 90/DIE GRÜNEN hinsichtlich der Problematik an einen Koalitionsvertrag, sofern ein solcher zustandekommt?
2. Wie stehen Sie zu der von Abgeordneten diskutierten Idee einer Besoldungskommission unter Beteiligung von internen und externen Sachverständigen, um die seit spätestens 2008 verfassungswidrige Besoldungsrealität nicht noch jahrelang weiter zu verlängern und um so die vielfach gefährdete Zukunftsfähigkeit des niedersächsischen Öffentlichen Dienstes wieder zu sichern?
Sehr geehrter Herr S.,
wir Grüne sehen Handlungsbedarf für eine verfassungskonforme Lösung der Beamtenalimentation. Dies ist spätestens seit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgericht vom Mai 2020 klar. Wir unterstützen das Anliegen einer Fortentwicklung der Alimentation unter Berücksichtigung der Vorgaben zur Einhaltung eines Mindestabstandes zur sozialen Grundsicherung und zur Gewährleistung einer ausreichenden Alimentation von Beamtinnen und Beamten, die Familie mit Kindern haben.
Der von der SPD und CDU beschlossene Gesetzentwurf (Drs. 18/11498) versucht zwar eine pragmatische Lösung für die niedersächsischen Beamtinnen und Beamten zu finden, nach eingehender Diskussion in unserer Fraktion haben wir uns aber dazu entschlossen diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Die Hinweise in der Anhörung im zuständigen Haushaltsausschuss und die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst vorgetragenen substantiellen verfassungsrechtlichen Bedenken sind nachvollziehbar. Ein schwebend verfassungswidriges Gesetz können wir nicht unterstützen.
Zudem sehen wir in dem Gesetz von SPD und CDU eine schwierige familienpolitische Aussage. Wir stehen dafür, dass alle Ehepartner und Ehepartnerinnen eigene Einkünfte und eigene Versorgungsanwartschaften erwerben. Ein Gesetz, das dazu führt, dass die Alleinverdiener-Ehe begünstigt und der Anreiz, individuelle Ansprüche zu erwerben, reduziert wird, ist aus unserer Sicht familienpolitisch falsch.
Auch andere Vorschläge, wie der Ansatz der FDP, die Besoldung pauschal um 100 Euro für jede Beamtin und jeden Beamten zu erhöhen, oder die Umsetzung in Thüringen, die 300 Euro mehr beim regulären Kinderzuschlag vorsieht, sind aus unserer Sicht falsch. Wenn wir ein Problem in den Besoldungsstufen A5 bis A9 haben, ist es nicht sinnvoll, für alle Beamtinnen und Beamte bis hoch in die B-Besoldung, die sowieso 8.000 Euro im Monat verdienen, zusätzliche Zahlungen zu leisten. Dies gebietet auch das Gebot eines sparsamen Umgangs mit den Geldern der Steuerzahlerinnen und -zahlern. Insofern sind diese Vorschläge keine gute Lösung.
Aus unserer Sicht liegt ein grundsätzliches Problem vor. Durch die vielfältige Rechtsprechung und die unterschiedliche Umsetzung in den Ländern sind wir bei der Beamtenalimentation in einer schwierigen Lage, weil es für Probleme, wie beim Abstand zum Grundsicherungsniveau in Verbindung mit dem Abstandsgebot zwischen den Besoldungsstufen, keine einfachen Lösungen gibt. Unserer Ansicht nach haben wir grundlegende Reformbedarfe, die nicht mal eben mit einem einfachen Gesetz zu lösen sind. Es ist daher gut und richtig, so wie es auch die Landesregierung im Ausschuss angekündigt hat, dass sich Bund und Länder endlich zusammensetzen und die grundlegenden Problemlagen der Beamtenbesoldung angehen. Wir Grüne werden grundsätzliche Lösungsansätze positiv begleiten und darauf auch in einer künftigen Regierungsbeteiligung unser Augenmerk legen. In diesem Sinne halten wir auch Ihre Idee einer unabhängigen Kommission grundsätzlich für sinnvoll.
Mit freundlichen Grüßen,
Gerald Heere