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Frage von Frank S. •

Frage an Gabriele Frechen von Frank S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Frechen,

können sie ein Gesetz verabschieden, das die Aktienkurse, die zu einem bestimmten Termin erreicht wurden, als Minimum festschreibt? In Pakistan wurde ein solches Gesetz bereits verabschiedet. Damit könnte man einen Crash der Börse verhindern.

Mit freundlichen Grüssen
Frank Seifert

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Seifert,

ich danke Ihnen für Ihre Frage, die ich gern beantworte.

Theoretisch ist es durchaus möglich, ein Gesetz zu verabschieden, das einen bestimmten Kurs zu einem bestimmten Termin als Mindestkurs bei einem Crash festlegt. Wie Sie schreiben, ist dies offenbar in Pakistan der Fall. Ich halte einen solchen Schritt jedoch nicht für sinnvoll, da er keinem Beteiligten einen Vorteil bringen würde und dem Prinzip des Börsenhandels widerspräche.

Der Kurs einer Aktie ist das Ergebnis von Angebot und Nachfrage nach dieser Aktie. Ein künstlich festgelegter Preis würde diesem Zusammenhang widersprechen. Liegt nämlich der staatliche Preis über dem Preis, den Angebot und Nachfrage bilden würden, gäbe es keine oder eine nur sehr geringe Nachfrage. Somit würde der Markt nicht geräumt, da der Anbieter für seine Aktien zum staatlichen Preis keine oder kaum Käufer findet. Die Wirkung des staatlichen Mindestpreises wäre damit gleich null, und weder Käufer noch Verkäufer würden profitieren.

Hinzu kommt, dass Börsencrashs für die Besitzer von Aktien zwar negativ sind, jedoch auch eine wichtige Funktion haben. Wenn nämlich, wie beispielsweise in Zeiten der sogenannten Dotcom-Blase, eine deutliche Überbewertung von Unternehmen und ihren Aktien entsteht, bedeutet ein Börsencrash die Korrektur des Marktes hin zur realistischen Bewertung der Aktie. Schließlich ist der Kurs einer Aktie der Wertmaßstab für das dahinter stehende Unternehmen.

Und lassen Sie mich noch hinzufügen: Die Anlage von Ersparnissen in Aktien ist freiwillig. Im Vergleich zu anderen Spar- und Anlageformen ist die Anlage in Aktien mit vergleichsweise hohen Risiken behaftet. Dazu gehört auch das Risiko eines Börsencrashs. Das muss jedem klar sein, der sein Geld in Aktien investiert.

Ihr Grundanliegen, nämlich eine strenge staatliche Börsenaufsicht und ein Schutz der Anlegerinnen und Anleger, teile ich durchaus. Diese Aufsicht existiert in Form der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin. Die BaFin überwacht im Auftrag des Bundesfinanzministeriums die Einhaltung des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und verfügt über weitreichende Einflussmöglichkeiten. In § 4 WpHG sind diese genauer ausgeführt:

„Die Bundesanstalt überwacht die Einhaltung der Verbote und Gebote dieses Gesetzes und kann Anordnungen treffen, die zu ihrer Durchsetzung geeignet und erforderlich sind. Sie kann den Handel mit einzelnen oder mehreren Finanzinstrumenten vorübergehend untersagen oder die Aussetzung des Handels in einzelnen oder mehreren Finanzinstrumenten an Märkten, an denen Finanzinstrumente gehandelt werden, anordnen, soweit dies zur Durchsetzung der Verbote und Gebote dieses Gesetzes oder zur Beseitigung oder Verhinderung von Missständen nach Absatz 1 geboten ist.“

Im Fall der aktuellen Turbulenzen an den Aktienmärkten hat die BaFin von ihren Rechten bereits Gebrauch gemacht. So hat sie am 19. September untersagt, Leerverkäufe von Aktien namhafter Aktiengesellschaften (Allianz, Commerzbank, Deutsche Bank, Postbank etc.) zu tätigen. Am 9. Oktober hat sie außerdem ein Moratorium gegenüber der deutschen Niederlassung der isländischen Kaupthling Bank angeordnet, nachdem diese durch die Zentrale nicht mehr mit ausreichend Liquidität versorgt worden war. Ziel des Moratoriums ist es, die in der deutschen Filiale verbliebenen Vermögenswerte zu sichern.

Natürlich müssen und werden die Ereignisse der vergangenen Monate dazu führen, Anleger- und Verbraucherschutz, Aufsicht, Transparenz und Regulierung zu überprüfen und gegebenenfalls nachzusteuern.

Wie Sie sehen, steht dem Bundesfinanzministerium mit der BaFin ein starkes Instrument zur Überwachung des Börsenhandels zur Verfügung, dessen Kompetenzen sehr weitreichend sind. Einen Börsencrash durch das Festlegen von Mindestkursen zu verhindern, halte ich dagegen nicht für ein sinnvolles Instrument.

Mit freundlichem Gruß

Gabi Frechen