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Frage von Hartmut R. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Hartmut R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Steinmeier,

Vilnius in Litauen ist „Kulturhauptstadt 2009“.

Seit 1985 wird der Titel kontinuierlich jeweils für ein Jahr verliehen.
In dem entsprechenden Jahr finden in den „Kulturhauptstädten“ zahlreiche kulturelle Veranstaltungen statt. Die Städte erhoffen sich vom Tragen dieses Titels für ein Jahr eine erhöhte Aufmerksamkeit und zahlreiche Besucher.

Zur Bewerbung für künftige Kulturhauptstädte Europas müssen sich ihre Bewerbungen an Kriterien wie „Gemeinsame Durchführung von Initiativen zur Förderung des Dialogs zwischen den europäischen Kulturen und den Kulturen in anderen Teilen der Welt“ messen lassen.

Über Homosexualität darf in Zukunft in Litauen nicht mehr öffentlich gesprochen oder informiert werden. Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP hat das litauische Parlament am Dienstag ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, gegen das zuvor vom Präsidenten ein Veto eingelegt wurde. Jeglicher öffentlicher Aufruf zu „homosexuellen, bisexuellen und polygamen Beziehungen" sind somit verboten.

Es stellt sich die Frage, ob eine Europäische Kulturhauptstadt eine Aushängeschild sein kann, die Menschengruppen ausgrenzt und den Dialog darüber zensiert. Auch in der Vergangenheit wurde die Rede- und Versammlungsfreiheit für Homosexuelle seitens der Stadtverwaltung eingeschränkt.

Wie stehen Sie zu diesem Thema? Wie reagiert Ihre Partei und Ihr Ministerium darauf? Üben Sie Kritik? Sollte das Kriterium Umgang mit Minderheiten und Bürgerrechte bei der Titelvergabe "Kulturhauptstadt" eine stärkere Rolle einnehmen?

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Rus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rus,

durch einen Beschluss des Ministerrates und des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2006 wurden alle 27 EU-Mitgliedstaaten eingeladen, zwischen 2005 und 2019 reihum als Gastgeber der Veranstaltung "Kulturhauptstadt Europas" aufzutreten. Jedes Jahr dürfen zwei der 27 Mitgliedstaaten Gastgeber der Veranstaltung sein. Die genaue zeitliche Abfolge wurde in einer gemeinsamen Vereinbarung der Mitgliedstaaten festgelegt. Demnach wurde Litauen also bereits im Jahr 2006 als Gastgeberland der Veranstaltung festgelegt. Soviel zu den Hintergründen um die Verleihung des Titels „Kulturhauptstadt Europas“.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Gesetz: Im Juni 2009 hat das litauische Parlament ein neues Jugendschutzgesetz verabschiedet, das die von Ihnen angesprochenen Bestimmungen enthält. Am 26. Juni 2009 hat der aus dem Amt geschiedene Präsident Adamkus von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht. Darauf hin hat das litauische Parlament am 14. Juli 2009 mit dem erforderlichen Quorum das Veto des Präsidenten überstimmt.

Die neue litauische Staatspräsidentin Grybauskaite musste dieses Gesetz deshalb unterzeichnen und ausfertigen. Unserer Kenntnis nach soll das Gesetz am 1. März 2010 in Kraft treten. Zugleich hat die Staatspräsidentin eine Kommission einberufen, die Änderungen zu diesem Jugendschutzgesetz ausarbeiten soll. Nach Informationen des Auswärtigen Amtes hat sich Staatspräsidentin Grybauskaite die Anrufung des litauischen Verfassungsgerichts vorbehalten für den Fall, dass die Kommission sich nicht auf Änderungen des Gesetzesvorhabens einigen kann.

Nach Rücksprache mit dem Auswärtigen Amt wurde uns versichert, dass die deutsche Botschaft in Wilna die weitere Entwicklung der Jugendgesetzgebung beobachten und sich in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen in Litauen für eine den europäischen Menschenrechtsstandards konforme Ausgestaltung des Gesetzes einsetzen wird.

In unserem Regierungsprogramm „Sozial und Demokratisch“ (zu finden unter: http://www.frankwaltersteinmeier.de/_media/pdf/Regierungsprogramm2009_LF_navi.pdf ) machen wir deutlich, dass wir uns aktiv für die Verhinderung der Verfolgung Angehöriger sexueller Minderheiten einsetzen und auf internationaler Ebene die Umsetzung der Yogyakarta-Prinzipien befördern wollen. Für uns ist es selbstverständlich, dass Menschen nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt werden. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender sind ein Teil unserer gesellschaftlichen Gemeinschaft. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften verdienen Anerkennung, Respekt und rechtliche Absicherung. Dafür arbeiten wir weiter.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Frank-Walter Steinmeier Team