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Frage von Jan M. •

Frage an Frank Heinrich von Jan M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Heinrich,
meine Frage bezieht sich auf den investigativen Journalisten Julian Assange, der zur Zeit in Isolationshaft im britischen Belmarsh-Gefängnis inhaftiert ist. Der UN Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, spricht von psychologischen Folterbedingungen und berichtet, dass Assange in den USA „kein rechtsstaatliches Verfahren bekommen“ wird.
Heute, am 6. Februar 2020 wurde eine Pressekonferenz gegeben, in welcher sich unter anderem Günter Wallraff, der ehemalige Deutsche Außenminister Sigmar Gabriel und die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen zu den Vorgängen geäußert haben und die sofortige Freilassung Assanges forderten. Wie schätzen Sie, als Mitglied des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, die Äußerungen des UN-Sonderberichterstatters ein und werden Sie sich ebenfalls dem Appell der eben genannten Personen anschließen, um Druck auf die britische Justiz auszuüben um ein rechtsstaatliches Verfahren zu gewährleisten?
Ich freue mich auf eine schnelle Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
J. M.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Frage. Zu einer ähnlichen Frage habe ich hier erst kürzlich Stellung bezogen. Gerne wiederhole ich meine Antwort:

Prinzipiell verlassen wir uns darauf, dass andere europäische Länder ähnlich hohe rechtsstaatliche Standards haben wie wir.

Als Menschenrechtler im Deutschen Bundestag habe ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen den Auftrag, dass im jährlichen "Bericht der Bundesrepublik über ihre Menschenrechtspolitik" Folter umfassend berücksichtigt wird. Diese Systematik gibt es auch in anderen Ländern.

Deutschland selbst hat aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland einen nationalen Präventionsmechanismus, der aus zwei Institutionen besteht: Für den Zuständigkeitsbereich des Bundes (unter anderem Gewahrsamseinrichtungen der Bundespolizei und des Zolls, Vollzugseinrichtungen der Bundeswehr) ist eine Bundesstelle zur Verhütung von Folter gegründet worden. Für den Zuständigkeitsbereich der Länder (unter anderem Alten- und Pflegeheime, Justizvollzug, Polizeigewahrsam, psychiatrische Kliniken) wurde durch Staatsvertrag unter den Ländern eine gemeinsame Kommission der Länder eingerichtet. Sowohl der Organisationserlass, mit dem die Bundesstelle eingesetzt worden ist, als auch der Staatsvertrag der Länder halten ausdrücklich fest, dass die jeweiligen Institutionen weisungsungebunden und unabhängig sind.

Die Bundesstelle zur Verhütung von Folter hat ihre Arbeit zum 1. Mai 2009 aufgenommen, die Länderkommission wurde offiziell am 24. September 2010 eingesetzt. Die Bundesstelle und die Länderkommission arbeiten eng zusammen. Gemeinsam bilden sie die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, die ihren Sitz in Wiesbaden hat. Sie haben die Aufgabe, zur Verhütung von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe regelmäßig und unangekündigt Gewahrsamseinrichtungen des Bundes und der Länder aufzusuchen. Bundesstelle und Länderkommission sollen auf vorgefundene Missstände aufmerksam machen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge unterbreiten. Darüber hinaus können sie auch Empfehlungen zu bestehenden oder im Entwurf befindlichen Rechtsvorschriften aussprechen. Jährlich legen beide Einrichtungen gemeinsam einen Tätigkeitsbericht gegenüber der Bundesregierung, den Landesregierungen, dem Deutschen Bundestag und den Länderparlamenten vor.

Unser Auftrag ist, national und international auf klare Ungerechtigkeiten und Verstöße hinzuweisen. Bei alldem sind und bleiben wir aber die Legislative. Damit Rechte gewahrt werden, muss juristisch dagegen vorgegangen werden. Das steht mir als Abgeordnetem nicht zu.

Vielleicht haben Sie von der Resolution über Medienfreiheit gehört, die am 28. Januar von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates mit großer Mehrheit angenommen wurde. Darin werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Julian Assange freizulassen und eine Auslieferung an die USA zu verhindern. Als Teil der Parlamentarischen Versammlung des Europarates war ich selbst in Straßburg und habe die Resolution ausdrücklich unterstützt. Die Resolution unterstreicht, dass Großbritannien auch nach dem Brexit an die Europäische Menschenrechtskonvention und die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gebunden bleibt. Diese garantieren Julian Assange das Recht auf ein faires Verfahren und den Schutz vor Folter und unmenschlicher Behandlung. Darüber hinaus habe ich die Schriftliche Erklärung Nr. 705 mit dem Titel "Defend the rights of Julian Assange and the freedom of the press" der Parlamentarischen Versammlung des Europarates mitgezeichnet.

Der Resolution der Parlamentarischen Versammlung war eine Anhörung vorausgegangen in der John Shipton, der Vater von Julian Assange, Nils Melzer, der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Anthony Bellanger, der Generalsekretär der Internationalen Journalisten-Föderation und Regis Brilliard, der Exekutivsekretär des Anti-Folter-Komitees des Europarates, zum Fall Assange gesprochen haben.

Der breite Konsens war sehr ermutigend, auch wenn klar ist, dass nun auch Konsequenzen folgen müssen.

Wir werden dranbleiben.

Ich danke auch Ihnen für Ihr Engagement für Julian Assange.

Mit besten Grüßen

Frank Heinrich