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Frage von Gebauer H. •

Frage an Dirk Niebel von Gebauer H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Herr Minister,
Parteinahe Stiftungen (von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und Linke) bekommen jährlich etwa 500 Mio. Euro aus Steuergeldern, insbesondere auch über das von Ihnen geleitete Ministerium. Damit unterhalten sie etwa 300 Büros in aller Welt, beschäftigen Tausende von Fachleuten und Stipendiaten, die allesamt den genannten Parteien angehören und deren Mitglieder etwa 1,5% der gesamten Bevölkerung in der Bundesrepublik ausmachen. Die 500 Mio. Euro jährlich teilen sich die Bundestagsparteien selbst zu. Die 98,5% der Bevölkerung Nicht-Parteien-Mitglieder verfügen nicht über analoge Stiftungen, unterhalten folglich auch keine Auslands- geschweige denn Inlandsbüros und beschäftigen deshalb auch nicht Tausende von Fachleuten und Stipendiaten. Diese Nicht-Parteien-Bevölkerung kann aus diesem Grund auch nicht zur Förderung der Demokratie in der Welt, vordringlichstes Ziel der parteinahen Stiftungen, beitragen. Nun zwei Fragen: 1.) Ist das Monopol der Bundestagsparteien, parteinahe Stiftungen aus öffentlichen Haushalten, besonders dem BMZ, finanziert zu bekommen nicht eigentlich verfassungswidrig, da die Nicht-Parteien-Miglieder (98,5% der Bevölkerung) ein derartiges Privileg nicht besitzen? 2): Wie viele Stellen bzw. welcher Prozentsatz von Stellen in ihrem Ministerium in der Kategorie "Höherer Dienst" werden von Bundestagsparteien-Mitgliedern besetzt? Welches sind die Zahlen für Nicht-Bundestagsparteien-Mitglieder? Sollten dazu keine Zahlen vorliegen, könnte eine anonyme Umfrage nach Nichtparteienzugehörigkeit hilfreich sein.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Gebauer,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 19. Oktober 2012, in der Sie die Förderung von parteinahen politischen Stiftungen und die Personalpolitik des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ansprechen.

Die politischen Stiftungen spielen in der entwicklungspolitischen Konzeption des BMZ eine bedeutende Rolle. Die zentrale entwicklungspolitische Aufgabe der vom BMZ geförderten politischen Stiftungen ist es, Demokratie und Zivilgesellschaft in Schwellen- und Entwicklungsländern nachhaltig zu fördern. Zur Erreichung ihrer entwicklungspolitischen Ziele unterstützen die politischen Stiftungen geeignete staatliche und nichtstaatliche Institutionen in ihren Partnerländern und wirken beim Aufbau entsprechender Institutionen und Strukturen mit.

In der parallelen Tätigkeit von sechs parteinahen politischen Stiftungen spiegelt sich eine Grundüberzeugung wider, die das politische System der Bundesrepublik Deutschland prägt: Nämlich dass die offene Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen und Organisationen unverzichtbarer Bestandteil einer pluralistischen demokratischen Willensbildung ist.
Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1983 entspricht der Staat seiner verfassungsrechtlichen Neutralitätspflicht, wenn er die dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in Deutschland angemessen berücksichtigt. Die staatliche Förderung der sechs parteinahen politischen Stiftungen trägt damit der pluralistischen Struktur der gesellschaftlichen und politischen Kräfte Rechnung.

Es ist Teil des Selbstverständnisses der politischen Stiftungen, dass sie von den Parteien rechtlich und finanziell unabhängig sind und ihre Aufgaben selbstständig und eigenverantwortlich wahrnehmen. Die politischen Stiftungen halten dabei die gebotene Distanz zur jeweiligen nahestehenden Partei ein. Auch hierfür hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1983 den Rahmen festgesetzt.

Die Besetzung von (Plan-) Stellen im BMZ erfolgt gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und gemäß § 9 BBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Eine mögliche Parteizugehörigkeit von Bewerberinnen und Bewerbern wird im Einklang mit Art. 3 Abs. 3 GG nicht abgefragt und ist insofern für Einstellungsentscheidungen nicht relevant.

Mit freundlichen Grüßen