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Dagmar Enkelmann
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Frage von Luis Alberto Fernández V. •

Frage an Dagmar Enkelmann von Luis Alberto Fernández V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Abgeordnete,

in seiner ersten Rede vor dem Bundestag gab der Präsident des Deutschen Bundestages am 27.10.09 (vgl. Plenarprotokoll 17/1, S.9 B) zu verstehen, daß aus seiner Sicht § 48 BVerfGG für verfassungswidrig erklärt sein müßte. Er drückte diese Meinung wie folgt aus:

„Aus gegebenem Anlass wird sich der neue Bundestag sehr bald sowohl mit den Transparenzregeln für Abgeordnete wie mit einzelnen Bestimmungen unseres
Wahlrechts befassen müssen. Ich hoffe sehr, dass wir bei diesen beiden Themen mit möglichst breiten, fraktionsübergreifenden Mehrheiten zur überzeugenden Korrektur von Regelungen kommen, die nicht erst seit den gerichtlichen Beanstandungen umstritten sind. Dabei empfehle ich uns auch einen ruhigen Blick auf die geltenden Regelungen zur Zulassung nicht bereits im Parlament vertretener Parteien zur Bundestagswahl. Dass im dafür zuständigen Wahlausschuss Vertreter der etablierten Parteien über die Zulassung von Konkurrenz entscheiden, ist nicht über jeden demokratischen Zweifel erhaben.

… Beifall …

Und dass unser Wahlgesetz eine Überprüfung dort mit Mehrheit abgelehnter Bewerbungen erst nach der Wahl zulässt, halten nicht nur einige Kommentatoren des Grundgesetzes für eine Rechtsschutzlücke – ich auch. Dann ist es nämlich für eine Korrektur zu spät.“

Ergänzend stelle ich fest, dass nach der gegenwärtigen Praxis durch Parlament und Gericht eine Wahlprüfung auch nach der Wahl „für eine Korrektur zu spät“ ist.

In der 231. Plenarsitzung des 16. Bundestages vom 03.07.09 äußerten Sie sich zur Gültigkeit des derzeitig geltenden Bundeswahlgesetz (BWG) negativ.

Was ist aber Ihre Auffassung zu § 48 BVerfGG? Wären Sie bereit, seine Gültigkeit einer Prüfung zu unterziehen? Sind Sie bereit, die dort vorhandene Rechtsschutzlücke in Anbetracht des Art. 19(4) GG zu schließen?

Für eine aussagefähige Antwort wäre ich Ihnen äußerst verbunden.

Mit freundlichen Grüßen

Luis Fernández Vidaud

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Vidaud,

mit Ihren Bemerkungen sprechen Sie wichtige Probleme an, die auch bei den kommenden Beratungen des Wahlprüfungsausschusses des Bundestages zu den Einsprüchen der Bürgerinnen und Bürger zur Bundestagswahl 2009 eine Rolle spielen werden. Ich halte die derzeitigen Regelungen, wie die Parteien zur Bundestagswahl zugelassen werden, einschließlich einer möglichen Beschwerde dagegen, wie auch den Umgang mit Wahlprüfungsbeschwerden insgesamt für überprüfenswert. Auch teile ich die vom Bundestagspräsidenten geäußerten Bedenken. Diese Fragen gehören auch zu den Themen, mit denen ich mich als eine zuständige Berichterstatterin im Wahlprüfungsausschuss in den nächsten Wochen intensiv befassen werde. Ob und inwieweit der von Ihnen angesprochene Paragraf 48 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes dabei von Bedeutung ist, wird die Prüfung zeigen. Klar scheint indes, dass die in dieser Legislatur notwendigerweise zu beschließende Novelle des Wahlrechts sich nicht allein auf die Abschaffung des sogenannten „negativen Stimmgewichts“ beschränken darf.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dagmar Enkelmann