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Claudia Roth
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Manfred J. •

Frage an Claudia Roth von Manfred J. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Roth.

1. Glauben Sie nach Abschaltung der deutschen AKWs gibt es keine mehr in der Welt weil die anderen Länder dem guten deutschen Beispiel folgen ?

2. Gibt es dann die gleiche Anzahl minus der abgeschalteten deutschen ?

3. Gibt es die gleiche Anzahl oder mehr wie jetzt weil andere Länder unbeeindruckt weitere AKWs bauen ?

Welche Antwort ist die warscheinlichste ?

MIt freundlichen Grüßen
M. Jakstait

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Jakstait,

Wahrscheinlichkeitsberechnungen sind für die Frage der politischen Positionierung und der Erklärung von Beweggründen wenig handhabbar, wenn die vorgeschlagenen Szenarien plakativ dargestellt werden. Zum Beispiel wäre es sinnvoll gewesen, den Faktor Zeit in die Szenarien zu integrieren, der ein wichtiger Faktor ist. Unter Berücksichtigung dessen ließe sich die Szenarien 1 und 2 gut verbinden. Der unter der rot-grünen Bundesregierung mit den Energiekonzernen ausgehandelte Atomkompromiss sah den sukzessiven Ausstieg aus der Atomkraft vor. Das bedeutet, dass alle deutschen Atomkraftwerke nach 32 Jahren Laufzeit hätten vom Netz gehen müssen. Der letzte Atommeiler sollte demnach ungefähr 2022 stillgelegt werden. Beim deutschen Atomausstieg handelt es sich somit um einen Prozess. Ähnliche Prozesse sind auch in anderen Ländern zu erwarten, denn Fakt ist, dass der Bau neuer Atomkraftwerke zunehmend unpopulärer wird. Ein Grund dafür ist mitunter die von ihnen ausgehende Gefahr für Mensch und Umwelt. Die dramatischen Ereignisse in Fukushima haben alte Erkenntnisse leider nochmals verdeutlicht, dass die Atomkraft nicht beherrschbar ist. Ein weiterer Grund betrifft die Wirtschaftlichkeit von Atomkraftwerken. In allen Ländern der Welt wurden Atomkraftwerke nur mit horrenden staatlichen Subventionen gebaut. Fällt die staatliche Unterstützung weg, schrecken Energiekonzerne vor dem eigenverantwortlichen Bau neuer Meiler zurück, weil sie ausufernde Kosten, wie beim finnischen AKW Olkiluoto, befürchten. Auf diese Unwirtschaftlichkeit hatte zuletzt die vielbeachtete Studie der Citi Group „New Nuclear - The Economics Say No“ hingewiesen. Mit dem Atomausstieg und der Förderung der Erneuerbaren Energien hat Rot-Grün die Energiewende eingeleitet. Dieser Weg muss aber in den nächsten Jahren weitergehen, die Energieeffizienz, die Energieeinsparung und Erneuerbaren Energien weiter auszubauen und zu fördern. Diese Strategie, die ohne strahlenden Atommüll und ohne neue Kohlekraftwerke auskommt, ging bislang auf: Aktuell beträgt der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung 18%. Das Bundesumweltministerium und andere Institute gehen davon aus, dass wir diesen Anteil bis 2020 auf 40% erhöhen können. Das schützt nicht nur am besten das Klima, sondern senkt auch die Abhängigkeit von zum Teil unsicheren Energielieferungen und trägt zur gesunden internationalen Wettbewerbsfähigkeit bei. Natürlich erwarten wir nicht, dass alle anderen Länder sofort unserem Beispiel folgen. Aber Katastrophen wie in Tschernobyl 1986 und Japan 2011 verdeutlichen einmal mehr, dass Regierungen verantwortungslos handeln, wenn sie ihre Bürgerinnen und Bürger dieser Gefahr grundlos aussetzen. Deshalb ist sehr wohl davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren immer mehr Länder dieser Risikotechnologie sagen: „Atomkraft - Nein Danke!“
Weitere Informationen zum Thema Atomkraft finden Sie auf der Seite der grünen Bundestagsfraktion http://www.gruene-bundestag.de

Mit freundlichen Grüßen

Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro

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