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Claudia Lücking-Michel
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Frage von Fred S. •

Frage an Claudia Lücking-Michel von Fred S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Claudia Lücking-Michel,

wir erleben zurzeit eine Flüchtlingskrise in Europa.

Bis zu einer Million Flüchtlinge werden in diesem Jahr in Deutschland erwartet. Warum wurde der Bundestag nicht aus der Sommerpause zurückgerufen, um über adäquate Maßnahmen zu beraten?

Wo liegt Ihrer Meinung nach die Belastungsgrenze für Deutschland? Wann reagiert der Bundestag? Wann reagiert die Bundesregierung?

Warum findet nicht eine klare Trennung zwischen Einwanderung (dazu bräuchte man ein Einwanderungsgesetz und Kriterien für Einwanderer) und Asyl statt?

Europäische Partnerländer wie Großbritannien, Dänemark, Ungarn, Polen, Italien und Ungarn haben alle Maßnahmen ergriffen, um ihr Land für die Flüchtlinge weniger attraktiv zu gestalten, die primär aus wirtschaftlichen Gründen einwandern oder um Einwanderung zu begrenzen.

Warum hat Deutschland nicht ähnliche Maßnahmen ergriffen?

Freundliche Grüße,
Fred Schmidt

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Der wachsende Zustrom von Flüchtlingen ist in der Tat die zentrale Herausforderung für längere Zeit Sie ist eine nationale und eine europäische Aufgabe.

Für den Umgang mit Flüchtlingen nennt das Grundgesetz klare Grundsätze: Dort steht: „Politisch Verfolgte genießen Asyl.“ (GG 16a). Das Recht auf Asyl ist damit ein Grundrecht und hat in Deutschland – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – sogar Verfassungsrang. Ich denke, wir können stolz sein auf die Humanität unseres Grundgesetzes. Und es macht mich stolz, wie viele Menschen sich für Flüchtlinge in Deutschland einsetzen.

Die Flüchtlingsproblematik kann dabei jedoch nicht allein national gelöst werden und bedarf europäischer Antworten. Dabei geht es nicht nur um die Frage nach einer ausgeglichenen Aufnahme von Flüchtlingen durch die einzelnen europäischen Staaten, sondern gerade auch darum, diejenigen Staaten zu stärken, die unmittelbar an Krisengebiete angrenzen und die großen Flüchtlingszahlen kaum bewältigen können. Ich habe den Vorschlag von Entwicklungsminister Müller zur Einrichtung von Notaufnahmezentren in EU-Staaten mit Außengrenzen daher mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Dies ist ein Schritt von vielen notwendigen, der in die richtige Richtung geht.

In Deutschland müssen Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen; Parteien und Fraktionen dürfen sie nicht als Feld der Profilierung betrachten. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik gibt es keine einfachen Lösungen. Viele einzelne Maßnahmen mit unterschiedlichem Zeithorizont und auf unterschiedlichen Ebenen sind erforderlich.

Kanzlerin Merkel erklärte vor wenigen Tagen, voraussichtlich am 24. September werde bei einem Treffen mit den Regierungschefs der Länder ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen. Besonders dringend ist die Beschleunigung der Asylverfahren. Zudem benötig Deutschland mehr Erstaufnahmeeinrichtungen. Bei denjenigen, die keine Chance auf eine Bleibeperspektive haben, wie vor allem Flüchtlinge vom Westbalkan, ist eine schnelle Entscheidung notwendig. Für Menschen aus sicheren Herkunftsländern müssen wir Wege finden, Verfahren zu beschleunigen und diejenigen, die nicht verfolgt werden, wieder in ihre Heimatländer zurückschicken. Zugleich ist es bedeutend, Flüchtlingen mit einer hohen Bleibeperspektive verstärkt bei der Integration zu helfen.

Die Union geht mit einem 12-Punkte-Plan zur Flüchtlingspolitik in das Gespräch mit der SPD im Koalitionsausschuss am kommenden Sonntagabend. Der Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beschloss vorgestern ein entsprechendes Papier zur Flüchtlingshilfe und zur gleichzeitigen Bekämpfung von Asylmissbrauch.

Die Bundesregierung reagiert schon: Das Personal des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird deutlich aufgestockt – um 2.000 neue Stellen, vielleicht sogar mehr. Das Bundesamt hat sich zu der zentralen Behörde in der Flüchtlingspolitik entwickelt.
Zugleich unterstützt der Bund die Länder und Kommunen finanziell: allein in diesem Jahr mit einer Milliarde Euro für die Unterbringung, medizinische Versorgung und Ernährung der Flüchtlinge. Ab kommendem Jahr will sich der Bund dauerhaft an den Kosten beteiligen.

Zu den Zahlen: Von Januar bis Juli 2015 wurden in Deutschland 218 000 Asylanträge gestellt, davon 196 000 Erstanträge. Prognosen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gehen von bis zu 800 000 Anträgen bis Ende 2015 aus. Diese Anzahl ist für unsere Land zu bewältigen.

Klar ist aber auch: Europa muss sich als Ganzes bewegen. Die Staaten müssen die Verantwortung für asylbegehrende Flüchtlinge teilen. Neben der Situation in Deutschland und der europäischen Dimension gibt es auch das Thema der Bekämpfung der Fluchtursachen. Hier zeigt sich, welche Bedeutung Außenpolitik und internationale Kooperation hat. Wichtig sind vor allem Anstrengungen in Zusammenhang mit dem Syrien-Konflikt und Afghanistan.

Gleichzeitig dürfen die Flüchtlingsproblematik und Fragen der Einwanderung nicht durcheinander gebracht werden. Fakt ist, dass Deutschland in Zukunft zahlreiche Fachkräfte brauchen wird, die wir auch im Ausland ansprechen müssen.

Freundlich grüßt Sie

Claudia Lücking-Michel