Frage an Christopher Paun von Philipp K. bezüglich Bundestag
Sehr geehrter Herr Paun,
im letzten Jahr ist die Föderalismuskommission gescheitert, weil keine Einigung über die Kompetenzen in der Bildungspolitik gefunden werden konnte. Trotz vieler Bekenntnisse zur Notwendigkeit der Reform und Aufforderungen aller seiten wurde bisher kein ernsthafter neuer Versuch unternommen, sicher auch wegen der Unterbrechung durch die Neuwahlen.
Ich halte diese Neuerungen für sehr dringend und interessiere mich daher für Ihre Position zur Reform der föderalen Strukturen. Wo sehen Sie geeignete Ansatzpunkte, um die staatliche Organisation wieder effektiver zu machen, ohne in Zentralismus zu verfallen?
In dieser Diskussion tauchen oft Forderungen nach Länderfusionen auf. Welche Haltung haben Sie dazu, besonders im Hinblick auf einen möglichen Zusammenschluss Berlins mit Brandenburg? Nach einigen Berichten über Expertenmeinungen brächte dies keinen umfangreichen Einspareffekt, und viele sehen die kulturellen Eigenheiten der kleineren Länder gefährdet. Parteiübergreifend wird außerdem mangelnde Gerechtigkeit im Länderfinanzausgleich angeführt, logischerweise meist aus den "reicheren" Ländern heraus.
Wie stehen Sie zu diesen Argumenten?
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Krämer
Sehr geehrter Herr Krämer,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu diesem wichtigen Thema. Der konsensuale Föderalismus verhindert in der Tat viele Entscheidungen und führt zur Blockade. Anstelle der vielen Doppelt- oder Dreifachzuständigkeiten brauchen wir eine klare Trennung der Kompetenzen, damit für den Bürger auch klar ist Wer für Was verantwortlich ist. Wir brauchen außerdem mehr Bürgernähe mit mehr direkten Entscheidungsmöglichkeiten des Bürgers selbst.
Wir brauchen eigentlich eine Generalinventur des politischen Systems mit klaren Neuverteilungen. Das sagen uns viele Stimmen aus der Wissenschaft ganz eindeutig. Und meine eigenen Vorstellungen hierzu sind im wissenschaftlichen Kontext ziemlich radikal. (Bei Interesse können Sie hier einen Artikel von mir Lesen:
http://www.cp-media-service.de/archiv/idoc-freiraum.pdf
Doch in der Praxis wird das wohl alles etwas langsamer und behäbiger ablaufen. In der deutschen Parteienlandschaft ist die FDP allerdings ganz eindeutig ein Motor der Föderalismusreform. Die FDP wird nach der Bundestagswahl einen erneuten Anlauf zur Reform des deutschen Föderalismus unternehmen. Die Reform muss konsequent dem Subsidiartätsprinzip folgen: Das, was der Bürger selbst entscheiden kann, soll die Politik nicht entscheiden dürfen. Im föderalen Aufbau hat die Gemeinde Vorrang vor Ländern und Bund. Jede Ebene des Staates braucht eigene klare Kompetenzen, damit der Bürger erkennen kann, wer was entscheidet. Der Trend zur Zentralisierung von Entscheidungen in Berlin muss umgedreht werden, damit wieder die Länder mehr selbst entscheiden und ein produktiver Wettbewerbsföderalismus in Gang kommt.
Wir brauchen eine Neuverteilung und Trennung der Aufgaben zwischen den staatlichen Ebenen. Die jeweils ausschließliche Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern muss die Regel sein, während die konkurrierende Gesetzgebung die Ausnahme werden muss. Der hohe Anteil von zustimmungspflichtigen Gesetzen muss reduziert werden. In einer neuen Finanzverfassung sind Mischfinanzierung und Mischsteuern abzuschaffen. Jede staatliche Ebene braucht eigene, gesicherte Einnahmequellen.
Für die Bürger muss sichtbar sein, wer welche Steuer erhebt und wer welche Ausgabe tätigt. Mit mehr Transparenz der jeweiligen Entscheidungsverursacher wächst auch die Verantwortlichkeit der Entscheidungsträger gegenüber den Bürgern.
Die Fusion Berlins mit Brandenburg zu einem neuen, starken Bundesland bleibt herausragendes Ziel Berliner Politik. Mit knapp sechs Millionen Einwohnern kann das gemeinsame Bundesland im Konzert der Bundesländer und im Wettbewerb der europäischen Regionen eine wesentlich stärkere politische Rolle spielen als die beiden Länder Berlin und Brandenburg jeweils für sich allein. Eine gelungene Fusion wäre ein wichtiges Zeichen, dass Länderneugliederungen möglich sind. Das neue Bundesland würde so zu einem wichtigen Reformvorreiter.
Mit internetten Grüßen
Christopher Paun