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Christine Scheel
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Frage von Fabian G. •

Frage an Christine Scheel von Fabian G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Scheel,

die grüne Fraktion im Bundestag hat dem Anti-Piraten-Einsatz „Atalanta“ am 19.12.08 zugestimmt. Sie persönlich haben das auch getan, was ich persönlich erst einmal begrüßen möchte.
Jetzt stellt sich die Frage, wie mit evtl. festgenommenen Piraten zu verfahren ist.
Welche Möglichkeiten gibt es diesbezüglich Ihrer Meinung nach?
Wie stehen Sie zu der Idee, dass man ggf. festgenommene Piraten in Deutschland nach deutschem Recht verurteilt und sie dann auch in deutschen JVA’s unterbringt?
Würde diese Maßnahme nicht die Kriminalität erst zu uns nach Deutschland holen?

Mit freundlichen Grüßen,

Fabian Gareis

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Gareis,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Anti-Piraten-Einsatz "Atalanta". Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen hat sich ausführlich mit dem Anti-Priaten-Einsatz beschäftigt, und die Bundesregierung aufgefordert für rechtstaatliche Verfahren nach einer eventuellen Gefangennahme von Priaten zu sorgen.
(siehe: http://www.gruene-bundestag.de/cms/sicherheitspolitik/dok/263/263240.gegen_piraterie.html )
und
http://www.jerzy-montag.de/cms/default/dok/263/263201.operation_atalanta_zur_bekaempfung_der_p.html .,
vgl auch Antrag der Bundestagsfraktion vom Dez. 2008 siehe Anlage)

Jetzt sind neun Personen, die von der Besatzung der deutschen Fregatte "Rheinland-Pfalz" wegen Piraterie festgenommenen worden waren, an die kenianischen Behörden übegeben worden. Laut einer Meldung von dpa vom 10.03.09 beruht das am vorigen Freitag unterzeichnete Abkommen der Europäischen Union (EU) mit Kenia zur Überstellung und Strafverfolgung von Piraten beruht auf dem Austausch zweier Briefe. Darin bekennen sich beide Seiten jeweils zu einem gleichlautenden Anhang. In neun Kapiteln mit vielen Unterpunkten ist detailliert geregelt, wie die von EU-Kriegsschiffen an Kenia übergebenen Seeräuber zu behandeln sind.
Demnach dürfen die Piraten in Kenia weder gefoltert noch zu einer grausamen, entwürdigenden Strafe oder gar zum Tode verurteilt werden. Die Gefangenen sind angemessen unterzubringen und zu ernähren. Ihnen ist Zugang zu medizinischer Behandlung zu gewähren und die Ausübung ihrer Religion zu ermöglichen. Die Piraten sollen unverzüglich einem Richter vorgeführt und in angemessener Zeit verurteilt oder freigelassen werden. Sie haben Anspruch auf einen Dolmetscher und einen - gegebenenfalls kostenlosen - Rechtsanwalt. Eine Verurteilung dürfen sie vor einem höheren kenianischen Gericht anfechten. Kenia muss Vertretern der EU oder ihrer Anti-Piraten-Mission «Atalanta» Zugang zu den Gefangenen gewähren, ebenso wie internationalen humanitären Organisationen. Die gesundheitliche Verfassung der Gefangenen, ihre Unterbringung und ihr beschlagnahmtes Eigentum sind genau zu dokumentieren. Die Unterlagen müssen EU- Vertretern auf Anforderung zugänglich gemacht werden.
Trotzdem ist die Frage längst noch nicht beantwortet, ob ein rechtstaatliches Verfahren und ein den Menschenrechten gerecht werdender Strafvollzug in Kenia gewährleistet ist. Erst vor wenigen Tagen hat der UN-Sonderbeauftragte zur Politzeigewalt, Philip Alston, einen vernichtenden Zwischenbericht über seine Recherchereise in Kenia im Februar vorgelegt. (vgl. Artikel im Tagesspiegel vom 10.03.2009 S. 2) Für uns ist klar, mit der Übergabe der der Piraterie beschuldigten Gefangenen an Kenia ist die deutsche Verantwortung nicht beendet.

Mit freundlichen Grüßen

Christine Scheel