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Frage von Richard E. •

Frage an Christian Carstensen von Richard E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Carstensen

Es geht um das Gesetz zur Internetfilterung, das von Ihnen „uneingeschränkt begrüßt“ wird.

1) Es ist immer von Sperren die Rede. Das klingt, als würde dem Verbrechen „der Hahn abgedreht“. In Wirklichkeit existiert das illegale Material ja weiter, es wird nur quasi ein Vorhang vorgezogen, während das Verbrechen dahinter ungestört weiter stattfindet.

Wie viele Menschen glauben Sie, lassen sich täuschen und denken, dass das Material durch die sogenannten „Sperren“ nicht mehr existiert?

Carechild hat bewiesen, dass es anders geht: Anhand einer bekannt gewordenen dänischen Sperrliste forderte Carechild die Internetprovider von 20 Webauftritten auf, diese abzuschalten. Nach drei Stunden waren acht Seiten verschwunden, nach einem Tag bereits 16. Bei drei Adressen wiesen die Provider nach, das sie nicht gegen geltendes Recht verstießen.(!)“ Quelle: heise.de ( http://www.heise.de/ct/Die-Argumente-fuer-Kinderporno-Sperren-laufen-ins-Leere--/artikel/135867 )

Warum wird nicht mehr unternommen, so dass die illegalen Seiten endgültig abgeschaltet werden und die Verantwortlichen bestraft werden?

2) Das BKA soll die Liste im Geheimen zusammenstellen. Wie bitte? Wie soll man denn prüfen, ob eine Seite zu recht gefiltert würde? Über jeden, der das kontrollieren will, hängt das Damokles-Schwert der Hausdurchsuchung, Verhaftung, gesellschaftlichen Ächtung. Wer auf diese Stopp-Seite gerät, ist ja schon des scheusslichsten Verbrechens verdächtig.

Wie denken Sie darüber?

4. Das Gesetz eignet sich als Instrument zur Zensur. Schon gibt es Wünsche nach Ausweitung der Filterung.
(Quelle: zB http://www.heise.de/ct/Medienrechtsforum-Streit-um-Web-Sperren--/news/meldung/136683 oder http://www.sueddeutsche.de/computer/252/462865/text/?page=23 )

Sehen Sie eine Gefahr, dass die Technik, die durch das Gesetz geschaffen wird, hierzu missbraucht werden könnte?

Bei welchen anderen Seiten würden Sie eine Filterung für sinnvoll halten?

Mit freundlichen Grüßen

R. Ehrmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ehrmann,

gerne antworte ich Ihnen auf Ihre Fragen, auch wenn ich Hamburger Abgeordneter und Verkehrspolitiker bin.

Ich denke wir sind uns einig: Sexuell orientierte Gewalt gegen Kinder ist ein abscheuliches Verbrechen und wir dürfen der kommerziellen Verbreitung über das Internet nicht tatenlos zusehen. Die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet hat in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen und deshalb müssen wir die Sperrung von entsprechenden Internetangeboten (auch aus dem Ausland) anstreben. Dafür brauchen wir eine gesetzliche Grundlage.

Es ist klar, dass eine Zugangssperre nicht jegliche Verbreitung im Internet ausschließen, sondern nur erschweren kann. Aber es ist wichtig, die Hemmschwelle und damit die Sensibilität im Umgang mit solchen kriminellen Inhalten deutlich zu erhöhen. Dem dient auch die vorgesehene Umleitung auf eine Stoppseite, die sich in Norwegen bewährt hat. Die Sperrung kann und wird die Nachfrage dämpfen. Wie die Sperrung oder der weitere Umgang mit dem verbotenen Material technisch ausgestaltet wird, kann ich als Laie nicht beurteilen. Mir ist wichtig, dass auf das Material nicht mehr zugegriffen werden kann und die Anbieter des Materials strafrechtlich verfolgt werden.

In den jetzt anstehenden, parlamentarischen Beratungen werden wir aus der SPD-Bundestagsfraktion prüfen, an welchen Stellen es möglicherweise Verbesserungsbedarf gibt, etwa im Hinblick auf Datenschutz und verfahrensrechtliche Regelungen. Die Forderung nach einer zügigen Evaluation des Gesetzes hat die SPD in den Verhandlungen bereits durchsetzen können.

Natürlich werden wir am Grundsatz des freien Internets festhalten, deshalb braucht die ausnahmsweise Sperrung in diesem besonderen Fall einen rechtsstaatlich einwandfreien Rahmen.

Das Bundeskriminalamt wird eine Liste von Telemedienangeboten erstellen, die Kinderpornographie enthalten. Alle großen Zugangsvermittler werden gesetzlich verpflichtet, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten, die in dieser Sperrliste aufgeführt werden, durch geeignete und zumutbare technische Maßnahmen zu erschweren. Nutzeranfragen werden auf eine Stoppmeldung umgeleitet, die über die Gründe der Sperrung sowie eine Kontaktmöglichkeit zum BKA informiert – eine Vorverurteilung von Nutzern, die versehentlich auf die Seite mit der Stoppmeldung geraten, gibt es nicht.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen ein wenig Ihre Sorgen bezüglich des Gesetzentwurfes zur Bekämpfung der Kinderpornographie nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Carstensen