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Frage von Sven-Jacob S. •

Frage an Christian Carstensen von Sven-Jacob S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Carstensen,

Sie haben ja bereits zwei Fragen zur sogenanneten "Umweltprämie" beantwortet. Meiner Meinung nach treffen diese Fragen aber gar nicht den Kern der Kritik, die berechtigterweise an der Abwrackprämie geübt wird.
Ich werde versuchen, das hiermit nachzuholen.

Die Abwrackprämie ist eine kurzfristige Konjunkturmaßnahme. Warum gehen sie davon aus, dass ihre Wirkungen "auch langfristig nicht verpuffen" wird?
Die Ursache der Krise der Automobilindustrie liegt meiner Meinung nach nicht im Zusammenbruch der weltweiten Finanzmärkte und der damit verbundenen Wirtschaftskrise. Sie hat ihre ganz eigenen Gründe. Ich behaupte, dass diese es nämlich nicht geschafft hat sich umweltgerecht, innovativ und zukunftsorientiert den neuen Rahmenbedinungen veränderter Nachfrage anzupassen. Was die Abwrackprämie nun tut, ist die Automobilindustrie in ihrer eskapistisch- notorischen Sturheit zu ermutigen weiterhin auf alte Modelle und Motoren zu setzen, anstatt endlich den Schritt weg vom Otto-Motor zu tun.
Was sagen Sie dazu?!

Außerdem: Auch wenn offensichtlich ältere und umweltschädlichere Autos durch umweltfreundlichere Autos ersetzt werden; finden Sie es nicht etwas überzogen zu behaupten, es handele sich um eine "Umweltprämie"? Da kann doch jeder umweltbewusste Mensch nur lachen (bzw heulen), dass man versucht der Umwelt durch Autos etwas Gutes zu tun.
Ein anderer Fragensteller hat ja zurecht bemängelt, dass kein oder wenig Geld in zb öffentliche Verkehrsmittel gesteckt wird.

Ich halte die Abwrackprämie für aktionistisch, wirtschaftlich kurzfristig und langfristig umweltschädlich.
Und: Beschwören die Argumente (es würden zb Arbeitsplätze gesichert - was ja richtig ist) nicht erneut die ewige Trennung und Ambivalenz von Umwelt und Wirtschaft?!

Ich würde mich freuen, wenn Sie zu diesen - in eine etwas andere Richtung verweisenden - Punkten (als die bereits gestellten Fragen) Stellung beziehen könnten.

Herzliche Grüße und einen guten Wahlkampf,

Sven-Jacob Sieg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sieg,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Umweltprämie, die natürlich auch Abwrackprämie genannt werden kann.

Die Prämie dient auch langfristig, da in der Automobilindustrie und in der noch größeren Zuliefererindustrie viele Arbeitsplätze gesichert werden konnten. Die Prämie gibt den Betrieben Zeit, den Nachfrageeinbruch von Ende des Jahres 2008 aufzufangen. Darüber hinaus wird der Impuls, der jetzt gesetzt wurde, als Überbrückung dienen, bis das große öffentliche Investitionsprogramm greift, das den Kern des zweiten Konjunkturpaketes der Regierung bildet. Daher denke ich, dass die Umwelt- oder Abwrackprämie auch langfristig wirkt.

Der Umweltaspekt der Prämie wird durch die Erneuerung des Kraftfahrzeugbestandes (die zu verschrottenden Wagen müssen älter als neun Jahre alt sein) und die Vorgabe, dass die neuzugelassenen Wagen mindestens die Euro 4 Norm erfüllen müssen, deutlich. Über die Regelung zur Kfz-Steuer gibt es weitere Anreize zum Kauf besonders umweltschonender Autos. Sie haben aber natürlich Recht, dass jeder Pkw die Umwelt belastet. Dennoch: Mobilität ist in einer Gesellschaft ein hohes Gut, und dafür braucht es neben der umweltfreundlichen Bahn und dem Fahrrad auch das Auto.
Umso wichtiger ist es daher, moderne Hybrid-, Wasserstoff- oder Elektroantriebe zu bezahlbaren Preisen auf den Markt zu bringen.

Ich gebe Ihnen Recht, dass die deutsche Automobilindustrie es bisher nicht geschafft hat, konsequent auf umweltfreundlichere Modelle zu setzen. Denken Sie an die wochenlangen Streitigkeiten über die Zielvorgaben der Europäischen Union, dass Autos in der EU nur noch 140 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen dürfen, ab 2012 nur noch 120 Gramm. Diese Regelung musste verabschiedet werden, da die Autoindustrie ihr 1998 versprochenes Ziel, maximal 140 Gramm CO2 pro Kilometer bei Neuwagen bis 2008 zu erreichen, nicht halten konnte.

Wie der Gegensatz Umwelt und Wirtschaft auch überwunden werden kann, zeigt die Initiative ökologische Industriepolitik von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Bei Interesse können Sie die Initiative hier einsehen: http://www.bmu.de/oekologische_industriepolitik/doc/41061.php

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Meinung zu diesem tatsächlich ausgesprochen wichtigen Punkt in der Debatte um die Mobilität der Zukunft deutlich machen, danke Ihnen für den Wunsch nach einem „guten Wahlkampf“ und würde mich freuen, Sie bei dieser Gelegenheit persönlich kennenzulernen.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Carstensen