Portrait von Brunhilde Irber
Brunhilde Irber
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Brunhilde Irber zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Stefan R. •

Frage an Brunhilde Irber von Stefan R. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Irber,

die anhaltend schwierige Situation auf dem Markt für Milch und Milchprodukte nimmt zunehmend existenzgefährdende Ausmaße für die Milchbauern an. Das Interesse der Verbraucher an einer nachhaltigen Milchversorgung ist damit ebenfalls bedroht.

Eine aktuelle Studie von TNS Infratest besagt, dass 79 Prozent der befragten Milchbauern bei dem aktuellen Milchpreis die Existenz ihres Hofes gefährtet sehen. Zwei Drittel dieser Milchbauern rechnen damit, die Milcherzeugung innerhalb der nächsten Zwölf Monate einstellen zu müssen.

Deshalb habe ich folgende Fragen an Sie:

(1) Angesichts der Tatsache , dass bis zu 250.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, frage ich Sie: Wie kann die Existenz der Milchbauern langfristig gesichert werden?

(2) Wie kann Ihrer Meinung nach ein vernünftigen und gerechter Michpreis langfristig gesichert werden?

(3) Wie stehen Sie zu einer flexiblen Quotenregelung des Milchmarktes, die einen fairen und existenzsichernden Milchpreis ermöglichen?

(4) Unterstützen Sie die Forderung der Milchbauern, die Milchproduktion und einen fairen Milchpreis durch ein flexibles europäische Milchmengensteuerungs-Instrument stabil zu halten?

Nur gemeinsam können die Politik und die Milchviehbauern ein tragfähigen Kompromiss erreichen. Ich baue auf Ihre Bereitschaft zum Dialog

Mit freundlichen Grüßen

Reitberger Stefan

Portrait von Brunhilde Irber
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Herr Reitberger,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 14. Mai 2009 zum Milchpreis.

Vor 25 Jahren wurde die Quotenregelung in der EU geschaffen, noch länger bestehen Regelungen zur Preisstützung im Binnenmarkt und zur Absicherung der Erzeugerpreise für Milch im Außenhandel. Wir haben die europäischen Märkte abgeschottet zu Lasten der Erzeuger in Drittländern, und im Innern wurde viel Geld – der Steuerzahler, aber auch der Verbraucherinnen und Verbraucher – aufgewendet, um möglichst auskömmliche Preise für Milchbauern zu sichern. Das Ergebnis war und ist unbefriedigend. Für die Fortsetzung dieser Politik gibt es deshalb weder in der EU noch in Deutschland eine Mehrheit, auch wenn manche jetzt unter dem Druck der niedrigen Preise und massenhafter Proteste jetzt anderes behaupten. Die europäische Agrarpolitik hat beschlossen, sich schrittweise von den alten Instrumenten zu verabschieden.

Es ist zu begrüßen, dass der Bundesverband Deutscher Milcherzeuger (BDM) sich eindeutig gegen die Wiedereinführung der Exporterstattungen ausgesprochen hat, und auch andere direkte Subventionen zur Erleichterung der schwierigen Situation wie z. B. weitere Steuererleichterungen für Agrardiesel ablehnt. Unsere Probleme können wir nicht zu Lasten von Entwicklungsländern oder von kommenden Generationen lösen.

Nicht überzeugend ist es allerdings, wenn der BDM mit einer „flexiblen Mengensteuerung“ den Eindruck erwecken will, die Fehler der Quotenregelung könnten vermieden und es könnte ein deutlich höherer Erzeugerpreis als bisher durchgesetzt werden. In 25 Jahren Quotenregelung war dieser Versuch nicht erfolgreich, obwohl die Konditionen immer wieder neu diskutiert und die Regelungen angepasst wurden. Die Regierungen konnten oder wollten es nicht durchsetzen, die Milchproduktion noch stärker zu reglementieren: Weil Landwirte in verschiedenen Teilen der EU darauf verweisen konnten, dass ihre Region nicht ausreichend mit Milch versorgt ist und die Wachstumschancen der Betriebe dennoch behindert werden. Weil man existierenden Betrieben die Produktionsmöglichkeiten weiter beschneiden müsste, ohne sagen zu können, woher denn die zusätzlichen Mittel für notwendige Ausgleichszahlungen kommen oder wie die Betriebe ihr Einkommen erwirtschaften sollen. Zudem lassen sich die Verbraucher nicht zwingen, Milchprodukte zu einem höheren Preis zu kaufen: Wer das Geld nicht hat, oder von den Qualitäten des Produkts nicht überzeugt ist, lässt in vielen Fällen die Milch stehen und greift nach anderen Produkten. So ist es im vorigen Jahr vielfach geschehen und hat mit dazu beigetragen, dass Nachfrage und Preise für Milcherzeugnisse zurück gegangen sind.

So bitter diese Erkenntnis auch sein mag: Es ist richtig, dass die EU beschlossen hat, bis 2015 aus der Quotenregelung auszusteigen. Gerade im Interesse der Landwirte, die für sich, ihre Familien und ihre Betriebe langfristige Perspektiven benötigen, wäre es fahrlässig den Eindruck erwecken zu wollen, mit einer neu gestalteten Mengensteuerung könne man die Probleme lösen.

Die Politik kann unterstützen und begleiten. Sie kann dafür werben und Regelungen treffen, damit die Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft und insbesondere auch die der Milchbauern in bestimmten Lagen, deutlicher als bisher für Steuerzahler sichtbar werden und vergütet werden. Faire Preise sind für eine nachhaltige Entwicklung nicht nur in Entwicklungsländern erforderlich, sondern auch bei uns in Deutschland. Politik kann auch hier unterstützen. Sie kann und darf aber nicht den Eindruck erwecken, dass sie selbst tragfähige Unternehmenskonzepte entwickeln oder langfristige Zusicherungen machen könnte, für die sie keine Durchsetzungschancen sieht.

Ich sichere Ihnen und allen Milcherzeugern zu, dass wir uns mit den Experten und Verantwortlichen in der Bundesregierung intensiv darum bemühen werden, die vorhandenen Spielräume im Interesse einer nachhaltigen Milcherzeugung in Deutschland zu nutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Brunhilde Irber, MdB