Portrait von Birgit Reinemund
Birgit Reinemund
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Birgit Reinemund zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas Mohr (GdP-Vorsitzender M. •

Frage an Birgit Reinemund von Thomas Mohr (GdP-Vorsitzender M. bezüglich Innere Sicherheit

1) Die Besoldung der Polizistinnen und Polizisten wurde in der Vergangenheit deutlich nach unter gesenkt. Nun liegt ein weiteres „Reformpapier“ auf dem Tisch, welches auch unter der Bezeichnung „Eckpunktepapier“ bekannt ist. Damit sollen angeblich die Leistungselemente der Beamtenbesoldung gestärkt werden, tatsächlich wird nicht nur die Besoldung, sondern auch die Altersversorgung drastisch gesenkt. Soll dies ihrer Meinung nach so umgesetzt werden ? Wie will man Leistung bei der Polizei messen ?

2) Die Diskussion nach einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit nimmt immer mehr zu. Sind sie der Meinung, dass eine Anhebung auf 67 Jahre wirklich sinnvoll ist. Polizeibeamtinnen und - beamte haben eine vorgezogene Altergrenze von 60 Jahre. Soll diese aus guten Gründen eingeführte Altersgrenze ihrer Meinung nach auch angehoben werden?

Portrait von Birgit Reinemund
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Mohr,

ich muss zugeben, dass mir der aktuelle Stand der Beamtenbesoldung auf Landes- und Bundesebene und der Inhalt des "Eckpunktepapiers" weitgehend unbekannt war. Im Wahlkampftrubel hat es einige Tage gedauert, Informationen für eine fundierte Aussage einzuholen:
Das Eckpunktepapier, von dem die Rede ist, ist gemeinsam vom dbb beamtenbund und tarifunion und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit dem Bundesministerium des Innern Anfang Oktober 2004 vereinbart worden. Auf der Grundlage dieses Eckpunktepapiers "Neue Wege im öffentlichen Dienst" hat die Bundesregierung noch einen Gesetzentwurf beschlossen, der bislang nur dem Bundesrat zugeleitet worden ist, aber den Deutschen Bundestag noch nicht erreicht hat. Angesichts der Neuwahlen wird er voraussichtlich nicht in der jetzt vorgelegten Form dem Bundestag zugeleitet, geschweige denn beschlossen werden.

Die FDP steht dem Grundanliegen des Eckpunktepapieres positiv gegenüber. Sie sieht hierin einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung des öffentlichen Dienstrechts und begrüßt die in dem Eckpunktepapier zum Ausdruck kommende Reformbereitschaft. Als einzige Fraktion im Deutschen Bundestag hat die FDP in ihrem Antrag „Für ein modernes Berufsbeamtentum“ eine zügige Umsetzung der Eckpunkte gefordert. Wir brauchen eine leistungsbezogene Bezahlung, die gerecht, transparent und unbürokratisch ausgestaltet ist. Basis ist eine für Bund, Länder und Gemeinden einheitliche Grundgehaltstabelle. Das Bezahlungsrecht muss den jeweiligen Dienstherren aber die Möglichkeit geben, nicht nur im Einzelfall nach Leistung, sondern auch regional-, arbeitsmarkt-, berufsgruppen- und aufgabenbezogen zu differenzieren, und zwar im Interesse sowohl der Beamten als auch der Dienstherren. Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf bleibt jedoch hinter wichtigen Reformzielen wie z. B. der Förderung der Mobilität zwischen privatem und öffentlichem Bereich zurück. Entgegen der ursprünglichen Absicht ist die Mitnahmefähigkeit von Versorgungsanwartschaften im Gesetzentwurf ausgespart. Im Bereich der Leistungsbezahlung plädiert die FDP dafür, diese entsprechend der übernommenen Funktion festzulegen.

Der FDP-Bundestagsfraktion ist bekannt, dass beachtenswerte Bedenken gegen eine Leistungsbezahlung in der Polizei bestehen. Diese werden wir mit den Vertretern der Polizeigewerkschaften erörtern und nach geeigneten Lösungen suchen.

Wir werden uns auch in Zukunft für eine Dienstrechtsreform einsetzen. Ein neues Besoldungsrecht darf jedoch nicht wie bei der ersten Dienstrechtsreform 1997 durch die Länder zu einseitigen Sparmaßnahmen verwendet werden; umgekehrt muss aber angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte dringend darauf geachtet werden, dass Mehrkosten beim beamteten Personal wie überhaupt vermieden werden.

Im Eckpunktepapier selbst oder dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung befinden sich keine Regelungen über eine "drastische" Senkung der Altersversorgung der Beamten. Der Gesetzentwurf enthält nur die aus der Flexibilisierung folgenden notwendigen Änderungen für das Beamtenversorgungsrecht. Ohne dies im Einzelnen bewerten zu wollen, ist der Ansatz konsequent. Wäre es anders, wäre auf Bundesebene harsche Kritik seitens der beteiligten Gewerkschaften geäußert worden. Dem ist aber nicht so.

Richtig ist aber, dass die Bundesregierung schon vorher ihren Entwurf für ein sogenanntes Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz auf den Weg gebracht hatte, mit dem sie Änderungen im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung "wirkungsgleich" auf die Beamtenversorgung übertragen wollte. Das Gesetz ist aber vom Bundestag noch nicht beschlossen. Die FDP wird diesem Gesetz nicht zustimmen. Ziel der FDP ist, die Eigenständigkeit der Beamtenversorgung zu erhalten, sie auf eine in sich geschlossene Grundlage zu stellen und so ihre Finanzierung auch in Zukunft unter Wahrung der Generationengerechtigkeit zu sichern. Die Eigenständigkeit der Beamtenversorgung lässt sich auf Dauer nicht mit der wirkungsgleichen Übernahme von Maßnahmen zur Regulierung der Rentenversicherung begründen. Die Beamtenversorgung muss eigene, selbständige Lösungen finden, ihre Finanzierbarkeit in Zukunft zu gewährleisten. Angesichts der absehbaren Entwicklung der Ausgaben für die Beamtenversorgung in Bund, Ländern und Gemeinden, wie sie nicht nur durch den Dritten Versorgungsbericht der Bundesregierung, sondern auch durch Gutachten unabhängiger Sachverständiger, wie z. B. von Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Universität Freiburg, Mitautor der Studie „Die angekündigte Katastrophe“ der Stiftung Marktwirtschaft, Frankfurter Institut, belegt wird, sind weitere Reformen unabweisbar. Dieses Problems muss in der nächsten Legislaturperiode gelöst werden.

Was die Altersgrenzen in den verschiedenen Alterssicherungssystemen anbelangt, gilt folgendes: Richtig ist, dass auch nach Auffassung von Sachverständigen als Maßnahme sowohl zur Finanzierung als auch zur Verringerung der Aufwendungen für die Altersversorgung eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit in Betracht kommt. Für die FDP hat zur Zeit aber Priorität, die Lebensarbeitszeit auf anderem Wege zu erhöhen, nämlich durch einen früheren Ausbildungsabschluss und die Annäherung des tatsächlichen Renteneintritts- oder Pensionierungsalters an die bestehenden gesetzlichen Altersgrenzen. Über die Altersgrenzen der Landesbeamten, auch der Polizeivollzugsbeamten der Länder, muss, soweit erforderlich, auf Länderebene entschieden werden. Für die FDP stehen auf Bundesebene, also für die Bundespolizei, den früheren Bundesgrenzschutz, die gesetzlichen Altersgrenzen für Beamte, auch für Polizeivollzugsbeamte, aus den genannten Gründen aktuell nicht zur Diskussion.

Freundliche Grüße aus Mannheim
Dr. Birgit Reinemund