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Bernhard Daldrup
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Frage von Niklas D. •

Frage an Bernhard Daldrup von Niklas D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Daldrup,

wie stehen sie zu den Thema, das eine Firma, wie Thyssenkrupp, wegen eines Beschlusses der EU-Kommission, tausende Arbeitsplätze streichen muss ? Und finden sie das die Politik in der Richtung irgendwas machen sollte?

Mfg N. D.

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Sehr geehrter Herr D.,

ich danke Ihnen für die Frage, die ich gern beantworte.

Auch ich verfolge die Entscheidungen von Thyssenkrupp besonders aufmerksam, weil ich den Standort in Neubeckum, nicht zuletzt aus meiner früheren Tätigkeit als Leiter des Amtes für Stadtentwicklung der Stadt Beckum, seit Jahrzehnten kenne.

Die EU-Kommission hat sich auf Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bezogen. Dieser untersagt Fusionen von Unternehmen, die eine marktbeherrschende Stellung ermöglichen und somit den Wettbewerb einschränken. Hätte die Fusion stattgefunden, wäre eine Monopolstellung des fusionierten Unternehmens die Folge, was nichts anderes hieße, als dass andere (Konkurrenz-)Unternehmen aus dem Markt ausgeschieden wären. Im guten Fall werden die zugrunde gehenden Unternehmen aufgekauft und somit (zumindest einen Teil der) Arbeitsplätze gerettet, im schlechten und öfter vorkommenden Fall lässt man die Unternehmen pleitegehen, was gleichbedeutend mit einer hohen Zahl von arbeitslos werdenden Menschen ist.

Dazu kommt das Kernproblem von Monopolstellungen: Durch den Preisspielraum, den die Monopolstellung dem fusionierten Unternehmen garantieren würde (meist höhere Preise, in diesem Fall die Stahlpreise), müssten andere Unternehmen die z.B. Stahl beziehen, höhere Preise in Kauf nehmen, somit niedrige Gewinne erwirtschaften und schlimmstenfalls auch kostensparende Maßnahmen tätigen müssten, etwa die Entlassung von Arbeitskräften. Die Wirkungskette ist lang.

Daher:

Die EU-Kommission hat ihr bestmögliches versucht, um Arbeitsplätze zu erhalten und somit eine funktionierende Wirtschaft zu garantieren.

Dabei muss man auch erwähnen, dass EU-Recht in diesem Fall Anwendungsvorrang hat. Das deutsche Kartellrecht ähnelt jedoch dem europäischen Kartellrecht sehr.

Nun zu Ihrer eigentlichen Frage, wie ich zu diesem Thema stehe:

Ich habe ein Problem mit Ihrer Formulierung, dass „Thyssenkrupp wegen eines Beschlusses der EU-Kommission tausende Arbeitsplätze streichen muss“. Den darin implizierten Automatismus würde ich in Frage stellen. Auch bei einer Fusion mit dem indischen Unternehmen Tata plante Thyssenkrupp, Arbeitsplätze zu streichen. Weder ist die Streichung von Arbeitsplätzen allein der Entscheidung der EU-Kommission anzulasten noch „muss“ der Konzern zwingend Tausende von Arbeitskräften entlassen.

Ich finde es bedauerlich, dass die Thyssenkrupp AG sich nun zu dieser kostensparenden Maßnahme entschieden hat. Über die Frage, ob man Mitarbeiter entlassen „muss“, damit das Unternehmen im Endeffekt etwas höhere Gewinne erwirtschaftet und für einige Aktionäre eine höhere Dividende herausspringt, könnte man zumindest diskutieren. Ich sehe das jedenfalls nicht so einseitig.

Unabhängig davon brauchen wir konkrete Lösungen für Menschen, die ihren Job verloren haben. Dazu gehört es, Zeiten der Erwerbslosigkeit möglichst kurz zu halten. Vor allem für Beschäftigte in Branchen, die stark von Strukturwandel betroffen sind, ist es wichtig, dass die Möglichkeiten der Weiterqualifizierung ausgebaut und verbessert werden. Das haben wir uns als SPD in dieser Koalition vorgenommen und dank unserem Arbeitsminister Hubertus Heil mit dem Qualifizierungschancengesetz, das am 01.01.2019 in Kraft getreten ist, umgesetzt. Wir schaffen zum ersten Mal ein Recht auf Weiterbildungsberatung und bauen die Weiterbildungsförderung der Bundesagentur für Arbeit (BA) massiv aus. Wir wollen damit die BA zu einer Agentur für Weiterbildung und Qualifizierung ausbauen, um von Vornhinein Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Daldrup

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