Frage an Bernd Reinert von Detlef S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Herr Reinert,
immer mehr Menschen in Hamburg fahren Rad. Das haben Zählungen der Behörde für Stadtentwicklung kürzlich ergeben. Leider wird die Politik den Anforderungen, die sich daraus ergeben, nicht gerecht - wie man u. a. in der HafenCity beobachten kann. Fast an jeder Hauptstraße werden hier einseitige Zwei-Richtungs-Radwege angelegt. Dies sind jedoch die unfallträchtigsten Radwege überhaupt. Deswegen sollen einseitige Zwei-Richtungs-Radwege - so die internen Richtlinien der Behörde - nur noch in Ausnahmefällen erstellt werden. Ausgerechnet in der neuen HafenCity wird diese Ausnahme aber zur Regel.
Nun kommt zusätzlich erschwerend im Fall der HafenCity hinzu, dass diese Radwege oftmals Tiefgaragenzu- bzw. -ausfahrten kreuzen, was alles noch gefährlicher macht. Und um das Ganze auf die Spitze zu treiben, sind die Radwege in einem grauem Ton gehalten und als solche von Autofahrern nur schlecht zu erkennen. Unfälle sind hier also geradezu vorprogrammiert. Wenigstens ist auf die Polizei Verlass, die sich in den meisten Fällen weigert, diese Radwege als benutzungspflichtig kennzeichnen zu lassen. Nur, was ist die Alternative? Radfahrer haben sich auf vierspurigen Fahrbahnen gegen Autofahrer zu behaupten, die die Radfahrer gnadenlos anhupen und ohne ausreichenden Sicherheitsabstand überholen - weil ja ein Radweg vorhanden ist.
Dabei wäre die Lösung so einfach gewesen. Man hätte einfach auf der Fahrbahn Radfahrstreifen abmarkieren können - so wie es in anderen deutschen Großstädten wie Berlin, München oder Frankfurt längst üblich ist. Das wäre nicht teurer gewesen, es hätte Radfahrern aber ein zügiges, sicheres und konfliktfreies Radfahren ermöglicht. Und auch Fußgänger und Autofahrer hätten von dieser Regelung profitiert.
Warum ist dies nicht auch in Hamburg möglich? Warum baut man im angeblich modernsten Stadtteil Europas Radverkehrsanlagen wie in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts?
Mit freundlichen Grüßen,
Detlef Sander
22763 Hamburg
Sehr geehrter Herr Sander,
vielen Dank für Ihre Mail und Ihre Anmerkungen und Fragen zu den Radwegen in der HafenCity. Die HafenCity ist das größte innerstädtische Stadtentwicklungsprojekt in Europa und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Auch die Verkehrsströme müssen dem wachsenden Bedarf der Besucher und Anlieger gerecht werden. Gleiches gilt auch für den Radverkehr. Die CDU-Fraktion setzt sich dafür ein, dass bei der Planung von Radwegen die rechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und städtebauliche Aspekte gegenüber der Verkehrssicherheit nachrangig behandelt werden. Dies schließt nicht aus, dass es in bestimmten Bereichen auch so genannte Zweirichtungsradwege geben kann. Über den Nutzen und die Gefahr solcher Radwege gibt es tatsächlich unterschiedliche Auffassungen. In der Radfahrstadt Kiel wird z.B. auch mit Zweirichtungsradwegen geplant.
Die von Ihnen angesprochene Straße "Am Sandtorkai" ist eine Hauptverkehrsstraße, die leistungsfähig ausgebaut wurde, um den Ziel- und Quellverkehrs der HafenCity und Speicherstadt sowie Funktionen für den Durchgangsverkehr zu erfüllen. Ein beidseitiger Radweg ist hier nicht möglich, da die Andienung der nördlich unmittelbar angrenzenden Ladezone der Speicherstadt mit LKW/Sattelzügen einen Radweg parallel zur nördlichen Fahrspur aus Gründen der Verkehrssicherheit ausschließt. Ebenso kamen Radfahrstreifen auf den Fahrbahnen hier nicht in Betracht. Der südliche Radweg (mit Zweirichtungsverkehr) ist meines Wissens in anthrazit ausgeführt worden, um einen ruhigen Grundton in den Nebenflächen der Straße in unmittelbarer Nähe der Speicherstadt zu erhalten.
Es handelt sich bei diesem Radweg zudem um einen so genannten anderen Radweg, der nicht benutzungspflichtig ist. Dieses bedeutet, dass den Radfahrern freigestellt wird, den Radweg zu benutzen oder auf der Straße im Mischverkehr zu fahren. Dies wird vor dem Hintergrund eines Angebotes für Kinder und unsicherer Radfahrer für sehr sinnvoll gehalten.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Reinert