Portrait von Beate Müller-Gemmeke
Beate Müller-Gemmeke
Bündnis 90/Die Grünen
96 %
23 / 24 Fragen beantwortet
Frage von Matthias J. •

Sollten Online-Handelsplattformen wie z. B. Amazon verpflichtet werden, Ihren Kunden die Möglichkeit zu geben, Anbieter oder Produkte aus bestimmten Regionen zu priorisieren?

Sehr geehrte Frau Müller-Gemmeke,
In den seltenen Fällen, wo ich auf Online-Handelsplattformen wie z. B. Amazon unterwegs bin, ist mir aufgefallen, dass immer mehr Produkte "made in China" sind oder von chinesischen Händlern vertrieben werden. Nicht immer sieht man das der Produktpräsentation sofort an. Eine gezielte Suche nach deutschen Anbietern oder Produkten Europäischer Herkunft ist nicht möglich. Ich würde mir wünschen, dass ich grundsätzlich bei jeder Online-Handelsplattform die Möglichkeit hätte, Priorisierungfilter meiner Wahl zu setzen, z. B. 1. Priorität Anbieter/Produkte aus BW, 2. Priorität Anbieter/Produkte aus Deutschland, 3. Priorität Anbieter/Produkte aus der EU und erst dann Anbieter/Produkte aus aller Welt. Oder jemand möchte gezielt Anbieter oder Produkte aus bestimmten Entwicklungsländern oder seinem Heimatland fördern.
Halten Sie es für möglich, so etwas über ein Bundesgesetz zu regeln? Wenn ja, würden Sie ein solches Gesetz befürworten?

Portrait von Beate Müller-Gemmeke
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Junk,

Ihre Beobachtungen beim Online-Handel sind richtig. Insbesondere in den letzten 2-3 Jahren ist zu beobachten, dass immer mehr Händler aus China versuchen, ihre Waren über Amazon oder andere Online-Plattformen direkt in Deutschland und anderen Ländern zu vermarkten. Dabei kommt es teils auch zu groß angelegtem "Rezessionsbetrug", also zu gefälschten positiven Kundenbewertungen, die für diese Produkte Vertrauen schaffen sollen. Gegen solch unlautere Vorgehensweise muss zunächst die Plattform einschreiten, also Amazon & Co. müssen sicherstellen, dass auf ihren Plattformen keine Händler auftreten, die Bewertungen fälschen. Die EU-Kommission hat den sogenannten „digital service act“ vorgelegt, der künftig die Mitgliedsstaaten mit der Überwachung von Plattformen beauftragen soll. Und bei dieser Überwachung ist das Thema Produktbewertungen ausdrücklich eingeschlossen.

Ihre Idee, gesetzlich vorzuschreiben, woher online angebotene Produkte stammen, ob sie also in einer Region in Deutschland, der EU oder anderen Ländern hergestellt wurden, klingt zunächst interessant, stößt aber auf EU-rechtliche Probleme. Denn die EU und hier der EuGH achten sehr genau auf protektionistische Tendenzen, durch die Handelshemmnisse entstehen können. So dürfte nicht mithilfe einer gesetzlichen Regelung etwa ein Produkt aus Österreich in Bayern durch bayerische Regionalprodukte bewusst verdrängt werden. Außerdem besteht noch die Schwierigkeit, dass das offiziell angegebene Produktionsland nicht immer Auskunft darüber gibt, wo gegebenenfalls wesentliche Produktkomponenten hergestellt wurden.  

Davon abgesehen halte ich es für äußerst wichtig, nicht den Online-Handel, sondern das Leben und damit den Einzelhandel in unseren Innenstädten stärker zu fördern. Denn viele Einzelhändler befinden sich aufgrund steigender Mietkosten oder übermächtiger Onlinekonkurrenz schon seit Jahren in einem andauernden Existenzkampf. Innenstädte und Ortskerne sind das Herz einer Stadt. Sie sind Orte der Begegnung, versorgen Menschen mit allen möglichen Waren und Dienstleistungen, bieten kulturellen Austausch und geben dem Leben einer Stadt eine Bühne. Das wollen wir stärken.

Mit freundlichen Grüßen

Beate Müller-Gemmeke

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Beate Müller-Gemmeke
Beate Müller-Gemmeke
Bündnis 90/Die Grünen