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Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Horst K. •

Frage an Anton Hofreiter von Horst K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Hofreiter,
nachdem am 18.11.2020 das "3. Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" ansteht, die entscheidende Grundgesetze aushebeln wird, bitte ich Sie und die Fraktion der Grünen um eine Fakten- und Gewissensbasierte Abstimmung. Gibt es bei so einer fundamentalen Abstimmung, bei der es um extremste Einschränkungen von wichtigen Grundgesetzen geht, eigentlich so etwas wie einen Fraktionzwang? Auf welcher Grundlage (RKI-Faktenbasiert - zB über offizielle Informationsquellen wie "Dashboard RKI" oder nach dem Bauchgefühl?) treffen sie ihre Abstimmungsentscheidung? !?
Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Horst Kirschner,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Inzwischen sinken die Infektionszahlen erfreulicherweise, viele der einschränkenden Maßnahmen konnten schon zurückgenommen werden.
Auch die verschiedenen Infektionsschutzmaßnahmen und die fortschreitende Impfkampagne tragen dazu bei.
Sorge bereitet allerdings die Zunahme der Delta-Variante, wie auch der Blick in andere Länder zeigt. Die Pandemie ist noch nicht vollständig gebannt.

Im vergangenen Herbst war auch Deutschland schwer von der Pandemie getroffen, die Infektionszahlen waren besorgniserregend, Intensivbetten wurden immer knapper. Es ging darum, das Leben und die Gesundheit aller schützen. Dafür braucht es ein funktionierendes Gesundheitssystem. Viele Krankenhäuser, viele Ärzte und Pflegekräfte kamen in dieser Zeit zunehmend an ihre Grenzen. Es ging darum die Pandemie einzudämmen und darum haben Bund und Länder Gegenmaßnahmen ergriffen, die teilweise tief in die Grundrechte von uns allen eingreifen. Die Corona-Maßnahmen haben uns viel abverlangt. Aber es war und ist richtig, dass wir unser Gesundheitssystem vor dem Kollaps bewahren und Leben schützen. Und es war richtig, dass das im November letzten Jahres mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz dann auf demokratisch und rechtssichere Füße gestellt wurde, als es bis dato der Fall war.

Denn davor gab es als rechtliche Grundlage für die Maßnahmen nur die ziemlich allgemein gehaltene Generalklausel des § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG), die wurde dann von den Landesregierungen in jeweiligen Infektionsschutzverordnungen oder Landesgesetzen konkretisiert.
Wir als Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen hatten seit April 2020 für eine stärkere Einbindung des Parlaments in der Corona-Krise gekämpft und die unzureichenden Rechtsgrundlagen kritisiert. Denn: bei Grundrechtseingriffen braucht es eine vom Parlament beschlossene konkretere gesetzliche Grundlage und klare Voraussetzungen, insbesondere Ziele, Zwecke, Eingriffsschwellen und Grenzen. Verordnungsermächtigungen im Infektionsschutzgesetz reichten nicht aus, um mögliche Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen.
Wir haben damals auch gesagt: dieses Gesetz kann nur ein erster Schritt sein. Unsere weiteren Forderungen und rechtlichen Klarstellungen hatten wir deshalb in einem Änderungsantrag eingebracht.

Für uns war klar, dass die Regelungen immer weiter nachgebessert werden müssen und das haben wir auch in diesem Jahr immer wieder - also auch schon lange vor den Abstimmungen zum 4. Bevölkerungsschutzgesetz - gefordert.

Eine zentrale Datenquelle für unsere Entscheidungen, neben anderen, sind die täglichen Berichte des RKI. Darüber hinaus berät sich die Bundestagsfraktion mit zahlreichen Wissenschaftlern, u.a. Epidemiologen und Virologen, Gesundheitswissenschaftlern und Ärzten, Rechtswissenschaftlern u.a. .

Wir verlangen aktuell von der Bundesregierung, dass sie über den Sommer das bestehende Regelungschaos entwirrt und die Voraussetzungen für eine rechtsstaatliche und zukunftssichere Novellierung des Infektionsschutzrechts sofort angegangen und nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden.
Dazu haben wir einen Antrag für einen geordneten Ausstieg aus dem Pandemie-Sonderrecht, mit den nötigen Forderungen an die Bundesregierung, eingebracht.
Den Antrag mit weitergehenden Informationen dazu finden Sie über folgenden Link

https://dserver.bundestag.de/btd/19/304/1930401.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Team Hofreiter

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