Anke Hennig
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SPD
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Frage von Reinhard G. •

Verstößt eine Impfpflicht nicht gegen grundlegende Menschenrechte? Sollte nicht deshalb bei allen Anträgen für eine Impfpflicht mit nein gestimmt werden?

Sehr geehrte Frau Hennig,

das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit wurde als Antwort auf die NS-Diktatur in das Grundgesetz aufgenommen. Mit der Begründung, der „Zweck heilige die Mittel“ wird weltweit dagegen verstoßen. Sollten wir solche Prinzipien nicht hochhalten?

Finden Sie Ängste verständlich, dass, wie beim einem Polio-Impfstoff, Risiken erst spät erkannt werden?
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/krebsrisiko-polio-impfstoff-ueber-jahrzehnte-verseucht-a-307721.html
Und wenn weitere Impfstoffe entwickelt werden – gibt es dann nicht wieder neue Risiken?

In Österreich wurde die Impfpflicht aus verfassungsrechtlichen Gründen aufgehoben. Spricht nicht auch dass gegen eine Impfpflicht?

Könnte nicht, statt einer Impfpflicht, das Personal in den Krankenhäusern aufgestockt werden?

Kann eine „Endemie“ nicht nur entstehen, wenn sich Menschen mit der leichteren neuen Virusvariante natürlich immunisieren? Sind wir dadurch für den Herbst besser gerüstet?

MfG

Anke Hennig
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr G.,

 

natürlich müssen wir alle die Grundwerte, die in unserer Verfassung festgeschrieben sind, stets hochhalten und berücksichtigen. Damit diese Grundwerte Gehör finden und bei Zuwiderhandlung eingefordert werden können, gibt es die Möglichkeit, diese vor Gericht einzufordern und auch neue Gesetze kritisch prüfen zu lassen – wie zuletzt im Hinblick auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht geschehen. Unser höchstes Gericht in Deutschland – das Bundesverfassungsgericht – hat dazu heute folgendes entschieden:

Zwar bedeutet die einrichtungsbezogene Impfpflicht einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, aber dieser Eingriff ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, denn der Gesetzgeber verfolgt damit einen wichtigeren Zweck – nämlich den, Alte und Kranke vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Dieses Urteil unserer höchsten Richter:innen in Deutschland können Sie hier noch einmal nachlesen: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2022/04/rs20220427_1bvr264921.html;jsessionid=59C918A0EC3732C7359696ADB70CFA70.1_cid329

 

Es ist keine Option anstelle einer einrichtungsbezogenen Impflicht, einfach das  Krankenhauspersonal in den Kliniken aufzustocken, um krankheitsbedingte Ausfälle und erhebliche Mehrbelastung für die Kliniken und unser Gesundheitssystem durch hohe Coronazahlen zu kompensieren. Hierzu gibt  es schlichtweg nicht genügend Menschen in Deutschland, die für diese spezifischen Tätigkeiten qualifiziert sind. Ganz abgesehen davon muss natürlich auch und vor allem das Krankenhauspersonal vor dem Coronavirus geschützt werden, da gerade die im Krankenhaus beschäftigten Personen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, sich selbst im Rahmen ihrer Tätigkeit zu infizieren und wiederum vulnerable Gruppen, die sich in den Krankenhäusern aufhalten, anzustecken.

Auch auf die Durchseuchung der Bevölkerung zu hoffen, um sicherzustellen, dass im Herbst ein ausreichender Schutz der gesamten Bevölkerung in Deutschland erreicht ist, kann keine Lösung sein, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Virus erneut mutiert und sich eine deutlich gefährlichere Variante als Omikron durchsetzt. Wir sollten deshalb aus meiner Sicht von allen Möglichkeiten Gebrauch machen, um andere und uns selber vor schweren Verläufen einer Coronavirusinfektion zu schützen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Anke Hennig, MdB

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