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Angelika Graf
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Frage von Wolfgang W. •

Frage an Angelika Graf von Wolfgang W. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Graf,

ich möchte die Fragen von Herrn Martens gerne noch ergänzen:

Die Gleichberechtigung der Frau kann als weitgehend verwirklicht angesehen werden. Woran es jedoch völlig mangelt und was daher in den nächsten Jahren an Bedeutung immens zunehmen wird, ist die Gleichberechtigung des Mannes. Die ist dringend notwendig, denn Männer werden heutzutage in vielen Bereichen benachteiligt:

schon im Schulbereich konzentriert sich die Förderung weitgehend auf Mädchen, hier vor allem auf die Fächer Mathematik/Naturwissenschaften. Obwohl Jungen in ihren Schulleistungen immer mehr hinter den Mädchen zurückfallen und schon daher einer verstärkten Förderung bedürften, wird für sie kaum etwas getan. Maßnahmen der Politik zur Behebung der personellen Schieflage im Primarbereich (kaum männliche Erzieher und Grundschullehrer) lassen bislang auf sich warten.

nur Männer müssen zum Wehr-/Zivildienst, Frauen dürfen zur Bundeswehr. Obwohl die Wehrpflicht im Prinzip gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt, wird sie nach wie vor nicht abgeschafft.

das geltende Scheidungs-, Unterhalts- und Familienrecht benachteiligt Männer, vor allem Väter, in eklatanter Weise. Schon mehrfach ist die Bundesrepublik vom Europäischen Gerichtshof verklagt worden, weil dieser die Menschenrechte der betroffenen Männer verletzt sah. Geschehen ist bislang nichts, diesem Zustand abzuhelfen.

es gibt zwar einen Frauen-, aber keinen Männer-Gesundheitsbericht, und das, obwohl Männer im Schnitt sechs Jahre früher sterben als Frauen. Die Forschungsausgaben für Brustkrebs liegen um ein Vielfaches über denjenigen für Prostata- und Hodenkrebs; in den Genuss einer Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung kommen Frauen 15 Jahre eher als Männer und dass, obwohl sie in dem entsprechenden Alter öfters von Hautkrebs betroffen sind.

obwohl eine Vielzahl von wissenschaftlichen Dunkelfeld-Untersuchungen ergeben hat, dass Frauen genau so häufig häusliche Gewalt ausüben wie Männer, verbreitet die Politik nach wie vor die Falschaussage, es seien vor allem (oder gar fast ausschließlich) die Männer, die hier als Täter in Erscheinung träten. Von staatlicher Seite her werden Männer somit zu Unrecht als häusliche Gewalttäter diffamiert.

Dies sind nur einige Beispiele, die aufzeigen, wie sehr es not tut, dass die Politik mehr für Männer unternimmt. Wie weit ist das Bewusstsein für die Probleme von Männern bei Ihnen? Was gedenken Sie, was gedenkt Ihre Partei konkret zu unternehmen, um die oben genannten Missstände zu beheben?"

Wolfgang Wenger
www.majuze.de - Männer- und Jungenzentrale in Rosenheim
www.pro-Test.net - Das Netzwerk pro Vaterschaftstests

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Martens,
sehr geehrter Herr Wenger,

vielen Dank für Ihre Emails. Sie beide thematisieren Männer-Diskriminierung in Ihrer Anfrage, da Sie thematische Überschneidungen haben, werde ich Ihre Emails zusammenfassend beantworten. Vorab: ich stehe für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft und im Beruf. Gleichstellung bedeutet dabei nicht, ein Geschlecht zu bevorzugen, sondern auf teilweise strukturell angelegte Ungleichheiten zu reagieren. Die tatsächliche Gleichstellung ist in vielen Lebensbereichen noch nicht erfolgt, deshalb gilt nicht, ungleiches gleich zu behandeln, denn das wäre ungerecht. Ich stehe dafür, dass wir indirekte und strukturelle Diskriminierungen von Frauen und Männern abbauen.

Im Folgenden möchte ich zu einigen Punkten in Ihren Diskriminierungslisten Stellung nehmen: Männergesundheit - Die SPD steht für ein leistungsfähiges und solidarisches Gesundheitswesen. Die von uns durchgeführten Gesundheitsreformen haben die Versorgung aller gesichert und das Solidarprinzip gewahrt. Wir stehen für Solidarität: wer sie aufgibt gefährdet Wohlstand und gesellschaftlichen Frieden. Für mich heißt dass: Wer Hilfe braucht, der bekommt sie. Gleichzeitig bedeutet es auch: Rücksicht nehmen auf die, die die Hilfe finanzieren und damit garantieren. Ich und die SPD stehen dafür, dass die Geschlechterbelange in der Gesundheitsforschung, Gesundheitsvorsorge und -versorgung sowie in der Gesundheitsberichtserstattung auch künftig in geeigneter Weise verstärkt umgesetzt wird (siehe Antrag der Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen (Drucksache 15/5030) "Auf dem Weg in ein geschlechtergerechtes Deutschland - Gleichstellung geht alle an" vom 9.3.2005).
Herr Martens, Sie sprechen in Ihrer Email die unterschiedlichen Altersgrenzen für kostenlose Hautkrebsuntersuchungen an und beklagen, dass Männer diese später in Anspruch nehmen müssen. Diese Richtlinien werden nicht von der Bundesregierung oder dem Parlament ausgehandelt, sondern vom Bundesauschuss der Ärzte und Krankenkassen, die dies medizinisch begründen.

Wir haben außerdem ein Präventionsgesetz vorgelegt, welches vorsieht, Prävention und Gesundheitsförderung in den Lebenswelten der Menschen anzusiedeln. Ausdrücklich werden dabei die unterschiedlichen Situationen von Frauen und Männern sowie Jungen und Mädchen berücksichtigt, auf die mit spezifischen Angeboten der Prävention und Gesundheitsförderung zugegangen wird. Das Präventionsgesetz wurde von der Mehrheit des Deutschen Bundestages beschlossen, wird jedoch, obwohl nicht zustimmungspflichtig, von der Unionsmehrheit im Bundesrat blockiert. Jungenarbeit - Das Kinder- und Jugendhilfegesetz KJHG enthält seit 1991 die Forderungen, "die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern." (in§ 9 Abs. 3). Hieraus ergibt sich ein Auftrag an geschlechtsbezogene Jungenarbeit, die in Landesjugendplänen der Länder als Förderschwerpunkt ausdrücklich vorgesehen ist.

Ende 2000 hat das SPD-geführte Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Richtlinien für den Kinder- und Jugendplan ergänzt, danach ist in der Kinder und Jugendhilfe zu fragen, wie sich Maßnahmen und Gesetzesvorhaben jeweils auf Mädchen und Jungen auswirken und ob und wie sie zum Ziel der Chancengleichheit der Geschlechter beitragen können – die Einhaltung dieser Vorgabe ist die Foraussetzung für die Finanzierung der Maßnahmen aus dem Kinder- und Jugendplan. Dies soll dazu beitragen, tradierte patriarchalische Wahrnehmungen und in der Folge, die vorherrschenden Geschlechterrollen bei Jungen und Mädchen zu verändern.
Gleichzeitig mit dem von Ihnen angesprochenen "Girls´ Day" startete im April 2005 erstmals auch das Modellprojekt "Neue Wege für Jungs" – ebenfalls gefördert vom SPD-geführten Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Dies soll das eingeschränkte Berufswahlspektrum bei Jungen erweitern, die eine Auseinandersetzung mit männlichen Rollenbildern fördern und die Jungen in ihrer Sozialkompetenz stärken. Umgangsrecht nichtehelicher Väter - Grundsätzlich steht Eltern, die bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind, nach geltendem Recht die elterliche Sorge nur dann gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen oder einander heiraten. Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

Der Hintergrund ist, dass nichteheliche Kinder nicht nur in intakten nichtehelichen Lebensgemeinschaften geboren werden, sondern auch im Rahmen flüchtiger Beziehungen. Der Gesetzgeber hat deshalb angenommen, dass unverheiratete Eltern nicht immer die für die gemeinsame elterliche Sorge notwendige Kooperationsfähigkeit besitzen. Er hat die gemeinsame Sorge davon abhängig gemacht, dass die Eltern ihre Bereitschaft durch die Abgabe übereinstimmender Sorgeerklärungen dokumentieren. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Regelung in seinem Urteil vom 29. Januar 2003 im Wesentlichen für verfassungskonform erklärt. Es hat jedoch festgestellt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die gesetzlichen Annahmen auch vor der Wirklichkeit Bestand haben. Diesem Auftrag ist die SPD-Bundestagsfraktion durch eine Expertenanhörung nachgekommen, die noch ausgewertet wird.

Unterhaltsrecht - Das SPD-geführte Bundesministerium der Justiz hat im April 2005 den "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts" vorgelegt. Ziel ist es, aus den gesellschaftlichen Veränderungen Konsequenzen zu ziehen und für mehr Verteilungsgerechtigkeit - insbesondere zugunsten der Kinder – zu sorgen. Außerdem bedarf es mehr Eigenverantwortung nach der Ehe, damit auch die Zweitfamilien eine realistische Chance haben. Beim nachehelichen Unterhalt soll die Eigenverantwortung gestärkt werden, die Möglichkeiten, nacheheliche Unterhaltsansprüche herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, sollen erweitert werden. Männliche Gewaltopfer - Die SPD-geführte Bundesregierung hat sich die Bekämpfung von Gewalt als ein vordringliches Ziel auf ihre Fahnen geschrieben. Das Gewaltschutzgesetz, das Anfang 2002 in Kraft trat, gilt für Frauen und Männer, als Opfer und als Täterinnen oder Täter. Erfahrungen zeigen jedoch, dass Männer häufiger Täter und Frauen häufiger Opfer von Gewalt, vor allem im häuslichen Bereich, sind. Inzwischen ist das Thema Gewalt gegen Männer jedoch auch stärker in das Bewusstsein gerückt.

Das Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt - BIG e. V. - hat zur Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes spezielle Formulare für Männer zur Beantragung zivilrechtlichen Schutzes nach dem Gewaltschutzgesetz erarbeitet. Der Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung wurde Anfang 2003 von der SPD-geführten Bundesregierung beschlossen. Um sexuellem Missbrauch, dem auch Jungen zum Opfer fallen, vorzubeugen, sollen im Sinne einer geschlechterorientierten Präventionsarbeit auch jungenspezifische Aspekte besonders berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund, dass Jungen nicht nur Opfer von sexueller Gewalt sind, sondern dass sexuelle Gewalt hauptsächlich von männlichen Jugendlichen und Männern ausgeht, werden in der Präventionsarbeit auch täterpräventive Aspekte angewandt, indem z.B. mit Jungen an der Entwicklung gewaltfreier Konfliktlösungsmöglichkeiten gearbeitet wird.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte. Schade finde ich, dass Sie in Ihren Fragen nicht auf die Bereiche eingehen, in denen Frauen immer noch diskriminiert werden; da Sie mir sicherlich zustimmen, dass jede Diskriminierung gegen ein Geschlecht, ebenso das andere diskriminiert. Wenn Sie sich über die ungleichen Lebensbedingungen von Frauen in Deutschland informieren wollen, empfehle ich Ihnen den Gleichstellungsbericht der Bundesregierung ( http://www.bmfsfj.de/Politikbereiche/gleichstellung,did 708,render=renderPrint,bereich=.html ) aber auch den Schattenbericht von Frauen-NGOs zu CEDAW ( http://baer.rewi.hu-berlin.de/w/files/lsb_wissen/w_comp_cedaw_schatten.pdf ).

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Graf