Portrait von Anette Hübinger
Anette Hübinger
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Anette Hübinger zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sebastian S. •

Frage an Anette Hübinger von Sebastian S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Hübinger,

das Bundesverfassungsgericht hat das von Ihnen und der CDU-Bundestagsfraktion seinerzeit mitbeschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung 2010 für nichtig erklärt. Es hat deutlich gemacht, dass eine verfassungskonforme Umsetzung nur unter Einhaltung sehr enger Voraussetzungen überhaupt möglich ist. Gleichzeitig dürfe es keine Totalerfassung der Freiheitswahrnehmung der Bürger geben; durch die Vorratsdatenspeicherung werde der Spielraum für weitere anlasslose Datensammlungen erheblich geringer. Das Gericht geht also von einer „Überwachungsobergrenze“ aus, die insgesamt nicht überschritten werden darf.

Es kann daher bezweifelt werden, dass das Bundesverfassungsgericht eine verfassungskonforme Ausgestaltung für möglich gehalten hätte, wenn seinerzeit bekannt gewesen wäre, dass deutsche Sicherheitsbehörden von viel umfassenderen Datensammlungen durch ausländische Geheimdienste wie die NSA und den GCHQ profitieren, wie dies nun der Fall zu sein scheint.

Zugleich hat der Europäische Gerichtshof in der mündlichen Anhörung zu zwei Vorabentscheidungsverfahren gegen die zugrundeliegende Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie sehr kritische Fragen zum Grundrechtsschutz gestellt und wird die Richtlinie vermutlich Anfang 2014 kippen. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Vorratsdatenspeicherung nach EU-Recht dann noch geregelt werden darf, ist noch unklar.

Vor diesem Hintergrund und unter Bezugnahme auf Ihre Antwort auf die erste Frage des Kandidaten-Checks frage ich Sie: Wie soll die von Ihnen vorgeschlagene Mindestspeicherfrist für eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung bemessen sein? Sprechen Sie sich dafür aus, an die Grenze des verfassungsrechtlich noch Zulässigen zu gehen und eine Speicherungspflicht für sechs Monate wiedereinzuführen? Oder genügt angesichts der besonderen Schwere des Eingriffs auch eine Speicherung besonders wichtiger Verkehrsdaten (etwa der IP-Adresse) für wenige Tage?

Schon im voraus besten Dank für Ihre Antwort!

Portrait von Anette Hübinger
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schweda,

dass Bundesverfassungsgericht setzt in dieser Frage zu Recht enge Grenzen, schließt die Speicherung aber nicht grundsätzlich aus. Der Staat muss persönliche Kommunikationsdaten der Menschen schützen und zugleich dürfen wir jedoch Schutzlücken bei Strafverfolgung und Gefahrenabwehr nicht hinnehmen. Mindestspeicherfristen für Verbindungsdaten sind in meinen Augen notwendig, damit bei der Verfolgung von schweren Straftaten auf Anordnung eines Ermittlungsrichters oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit ein Datenzugriff erfolgen kann. Manche Straftaten, wie etwa die Verbreitung von Kinderpornographie im Netz, lassen sich nur darüber aufklären. Gerade auch im Kampf gegen Terroristen ist dies oftmals ein entscheidendes Mittel, um Anschläge verhindern zu können. Wir wollen daher eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht umsetzen – Dazu sind die Mitgliedstaaten verpflichtet. Die grundsätzliche Notwendigkeit einer solchen Mindestspeicherungsfrist wird von keinem anderen Mitgliedsstaat und auch nicht vom Bundesverfassungsgericht angezweifelt.

Wir halten die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform anerkannte Frist von sechs Monaten für angemessen und gleichzeitig auch als unerlässlich.

Die Vorgaben der EU-Richtlinie gelten bereits für Anonymisierungsdienste. Über diese Vorgaben hinauszugehen, streben wir aber nicht an. Insbesondere sollen keine Kommunikationsinhalte erfasst werden. Die bisherigen Urteile haben die Rechtsmäßigkeit der Richtlinie bestätigt.

Die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen Deutschland beruht auf der bislang nicht erfolgten Umsetzung der EU-Richtlinie. Eine mögliche Verurteilung durch den EuGH wegen Nichtumsetzung unterstreicht aus unserer Sicht die Notwendigkeit, zeitnah die Vorratsdatenspeicherung europarechtskonform im nationalen Recht zu verankern.

Mit freundlichen Grüßen
Anette Hübinger MdB

---

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: abgeordnetenwatch.de [mailto:antwort@abgeordnetenwatch.de]
Gesendet: Montag, 16. September 2013 21:57
An: Huebinger Anette
Betreff: Eine Frage an Sie vom 16.09.2013 21:31

Sehr geehrte Frau Hübinger,

Sebastian Schweda aus Saarbrücken hat als Besucher/in der Seite
www.abgeordnetenwatch.de (Bundestagswahl) bzgl. des Themas "Demokratie und
Bürgerrechte" eine Frage an Sie.

Um diese Frage zu beantworten, schicken Sie diese Mail mit Ihrem
eingefügten Antworttext an uns zurück (als wenn Sie eine normale Mail
beantworten würden).
---------------------------------

Sehr geehrte Frau Hübinger,

das Bundesverfassungsgericht hat das von Ihnen und der
CDU-Bundestagsfraktion seinerzeit mitbeschlossene Gesetz zur
Vorratsdatenspeicherung 2010 für nichtig erklärt. Es hat deutlich
gemacht, dass eine verfassungskonforme Umsetzung nur unter Einhaltung sehr
enger Voraussetzungen überhaupt möglich ist. Gleichzeitig dürfe es keine
Totalerfassung der Freiheitswahrnehmung der Bürger geben; durch die
Vorratsdatenspeicherung werde der Spielraum für weitere anlasslose
Datensammlungen erheblich geringer. Das Gericht geht also von einer
„Überwachungsobergrenze“ aus, die insgesamt nicht überschritten
werden darf.

Es kann daher bezweifelt werden, dass das Bundesverfassungsgericht eine
verfassungskonforme Ausgestaltung für möglich gehalten hätte, wenn
seinerzeit bekannt gewesen wäre, dass deutsche Sicherheitsbehörden von
viel umfassenderen Datensammlungen durch ausländische Geheimdienste wie
die NSA und den GCHQ profitieren, wie dies nun der Fall zu sein scheint.

Zugleich hat der Europäische Gerichtshof in der mündlichen Anhörung zu
zwei Vorabentscheidungsverfahren gegen die zugrundeliegende
Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie sehr kritische Fragen zum
Grundrechtsschutz gestellt und wird die Richtlinie vermutlich Anfang 2014
kippen. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Vorratsdatenspeicherung
nach EU-Recht dann noch geregelt werden darf, ist noch unklar.

Vor diesem Hintergrund und unter Bezugnahme auf Ihre Antwort auf die erste
Frage des Kandidaten-Checks frage ich Sie: Wie soll die von Ihnen
vorgeschlagene Mindestspeicherfrist für eine anlasslose
Vorratsdatenspeicherung bemessen sein? Sprechen Sie sich dafür aus, an die
Grenze des verfassungsrechtlich noch Zulässigen zu gehen und eine
Speicherungspflicht für sechs Monate wiedereinzuführen? Oder genügt
angesichts der besonderen Schwere des Eingriffs auch eine Speicherung
besonders wichtiger Verkehrsdaten (etwa der IP-Adresse) für wenige Tage?

Schon im voraus besten Dank für Ihre Antwort!

---------------------------------
Um die Frage direkt einzusehen, können Sie auch diesem Link folgen:
http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-1031-70889--f405331.html#q405331

Mit freundlichen Grüßen,
www.abgeordnetenwatch.de
(i.A. von Sebastian Schweda)

Ich erkläre mich durch Beantwortung dieser e-Mail mit der
Veröffentlichung meiner Antwort auf www.abgeordnetenwatch.de und mit der
dauerhaften Archivierung im digitalen Wählergedächtnis einverstanden.

Aus Gründen der Rechtssicherheit wird Ihre IP-Adresse beim Beantworten
dieser e-Mail gespeichert, aber nicht veröffentlicht.