Portrait von Andreas Storm
Andreas Storm
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Andreas Storm zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Verena G. •

Frage an Andreas Storm von Verena G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Werden Sie sich gegen einen EU-Beitritt der Türkei einsetzen?

Portrait von Andreas Storm
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Ganssauge,

vielen Dank für Ihre Email vom 16. August 2005, in welcher Sie mich auf das Thema EU-Beitritt der Türkei ansprechen.

Nach den gescheiterten Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden braucht die EU eine kritische Bestandsaufnahme und einen neuen Anlauf aus der Krise heraus. Für die Union ist dabei von zentraler Bedeutung:

Wir müssen die Sorgen und Ängste der EU-Bürger sehr ernst nehmen. Ein einfaches Weiter-so in den europäischen Angelegenheiten wird der Lage nicht gerecht.

Europa braucht eine politische Ordnung mit weniger Bürokratie, mehr Subsidiarität sowie transparenten und demokratisch besser legitimierten Entscheidungswegen. Die Bürger wollen ein Zeichen sehen, dass die EU-Ebene dort, wo es geboten ist, auch wieder substantielle Kompetenzen nach unten abzugeben bereit ist.

Die EU muss sich jetzt über ihre Grenzen klar werden. Die Beitritte von Rumänien und Bulgarien können nur erfolgen, wenn die Kriterien zur Beitrittsfähigkeit vollständig erfüllt werden. Die Verhandlungen mit der Türkei müssen tatsächlich ergebnisoffen geführt werden. Die Union wird dabei für die privilegierte Partnerschaft werben.

Die Verhandlungen zwischen der EU und der Türkei sollen am 3. Oktober 2005 beginnen, wenn die Türkei bis dahin alle beim EU-Gipfel vereinbarten Voraussetzungen erfüllt. Selbstverständlich respektieren CDU und CSU eingegangene Verpflichtungen. Dennoch setzen wir bei Verhandlungen auf eine privilegierte Partnerschaft mit der Türkei. Eine Vollmitgliedschaft lehnen wir ab, weil das vierte Kopenhagener Beitrittskriterium nicht erfüllt ist, nämlich die Integrationsfähigkeit der Europäischen Union. Mit einer privilegierten Partnerschaft, nicht mit einer unrealistischen Beitrittsperspektive, wollen wir die demokratische rechtsstaatliche und wirtschaftliche Entwicklung der Türkei, mit der wir sicherheitspolitisch in der NATO eng verbunden sind, nach Kräften fördern.

Da die Integrationsfähigkeit der Europäischen Union in unserer Generation sich sicherlich nicht so entscheidend ändern wird, dass die EU die Türkei als Vollmitglied aufnehmen könnte, ohne dass „die Stoßkraft der europäischen Integration zu erhalten“ (4. Kopenhagener Beitrittskriterium beschlossen vom Europäischen Rat in Kopenhagen im Juni 1993) verloren ginge, kann ich Ihre Frage mit ja beantworten.

Die Privilegierte Partnerschaft wird das Ergebnis von Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei sein. Selbst in dem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenem Verhandlungsmandat mit dem Ziel einer Vollmitgliedschaft ist die Möglichkeit einer Klausel für eine dauerhafte Verweigerung der Freizügigkeit vorgesehen. Im Rahmen der Privilegierten Partnerschaft ist sie undenkbar.

Die demokratische, rechtsstaatliche und wirtschaftliche Entwicklung der Türkei ist im nationalem Interesse unseres Landes und der EU insgesamt. Daher halten wir es für richtig, dass auch weiterhin diese Entwicklung auch mit finanziellen mitteln der EU gefördert wird. Da Deutschlands Haushaltslage nach sieben Jahre rot-grüner Regierung verheerend ist und wir Deutschen als EU-Nettobeitrags-zahler daher an einer sehr sparsamen Haushaltentwicklung der EU interessiert sind, ist es klar, dass wir uns dafür einsetzen, dass diese EU-Mitteln für die Türkei nicht erhöht werden.

Zur Privilegierten Partnerschaft haben die Präsidien von CDU und CSU am 7. März 2004 wie folgt formuliert:

„Unser Konzept der ‚Privilegierten Partnerschaft’ statt eines Beitritts trägt der europäischen Perspektive der Türkei Rechnung. Die ‚Privilegierte Partnerschaft’ geht weit über die zwischen der EU und der Türkei eingegangene Zollunion hinaus: So könnte eine alle Gütergruppen umfassende Freihandelszone geschaffen werden. Weiterhin könnte die Zusammenarbeit vertieft werden – insbesondere zur Stärkung der Zivilgesellschaft, des Umweltschutzes, zur Förderung von Kleinen und Mittleren Unternehmen, im Gesundheits- sowie im Bildungsbereich.

Zudem könnte die Türkei verstärkt in die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und in die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik einbezogen werden. Schließlich könnte zur Bekämpfung von Terrorismus, Extremismus und Organisiertem Verbrechen die Zusammenarbeit der Behörden und Institutionen im Innen- und Justizbereich sowie der Geheimdienste deutlich intensiviert werden.“

Zu weiteren Einzelheiten darf ich Sie abschließend vor allem auf unsere Anträge „Probleme mit der Türkei nicht ausblenden“ und „Für ein glaubwürdiges Angebot der EU an die Türkei“ verweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Storm, MdB