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Andreas Lämmel
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Frage von Christoph R. •

Frage an Andreas Lämmel von Christoph R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lämmel,

die Anhörung vom 27.05.09 ist vorbei. Ich interessiere mich für ihren Eindruck und habe Fragen.

Die Stellungnahme des BITKOM führt aus, dass die Sperrmaßnahmen technisch und rechtlich nicht die von Frau v.d.Leyen propagierte Wirkung erreichen kann. Ich denke, dass sie, da sie ebenfalls Dipl.Ing. sind, die Beurteilung anders lesen als ein Jurist oder Politologe.

Frau v.d. Leyen führt am 16. März diverse Informationen an, deren Richtigkeit fraglich ist. So spricht sie von Zuwächsen von 111% bei Kinderpornographie im Internet. Der BDK spricht davon, dass diese Zahlen nicht belastbar sind.

1. Wie bewerten sie die Aussage der Frau Ministerin unter Berücksichtigung der Stellungnahme des BDK? Können sie der Aussage zustimmen, dass eine Wahrheit zur Lüge werden kann, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen wird? Wenn ja, wie treten sie der Ministerin gegenüber?

Des Weiteren spricht sie von 50.000 bis 60.000 Seiten mit Kinderpornographie im Internet. Nach verfügbaren Informationen hat die Liste aus Finnland ca. 1.000, Schweden 5.000 (?) Einträge.

2. Wie hoch schätzen sie die Effektivität der Sperrlisten und die ihrer erstellenden Autoritäten unter der Berücksichtigung der von der Ministerin genannten Zahlen ein? Demnach werden bestenfalls 10% der Inhalte von den Sperren erfasst. Sehen sie hier die Verhältnismäßigkeit gewahrt?

Die Regierung, speziell ihre Fraktion, führt wiederholt aus, dass sie der Sperrung anderer Inhalte eine klare Absage erteilen. Das Vertrauen des Volkes in die Dauerhaftigkeit von Gesetzen und die Kompetenz unser Politiker erscheint 60 Jahre nach Gründung der Republik auf dem Tiefpunkt. Es herrscht die Meinung, und das wie ich finde nicht unbegründet, vor, dass wir von Interessenverbänden regiert werden.

3. Wie will die Regierung das Vertrauen der Bürger in ihre „klare Absage“ erlangen? Können sie zustimmen, dass sicherheitsbezogene Gesetzesprojekte von Aktionismus und verdecktem Lobbyismus geprägt sind?

Mit freundlichem Gruß

C. Ripcke

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Ripcke,

vielen Dank für Ihre Nachfrage vom 31. Mai 2009 zu meiner
Antwort vom 22. Mai 2009 auf die Frage von Herrn Peters. Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen wurde am 18. Juni 2009 vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass ich arbeitsbedingt leider nicht eher dazu gekommen bin, Ihnen zu antworten.

Zunächst möchte ich Ihnen versichern, dass ich die Diskussion um das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet mit der gebotenen Sorgfalt und Sensibilität behandele. In Deutschland ist mit der Umsetzung des „Aktionsplans der Bundesregierung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung“ bereits viel verändert und erreicht worden, dennoch bedarf es in manchen Bereichen noch flankierender Maßnahmen. Dazu gehört das Internet, denn das Internet ist kein rechtsfreier Raum.

Bei der Kinderpornographie geht es rechtlich grundsätzlich um zwei Komplexe:

Zum einen bedroht § 184b des Strafgesetzbuches (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) all diejenigen mit Strafe,
- die kinderpornographische Schriften, wozu auch Ton- und Bildträger sowie Datenspeicher gehören, verbreiten,
- solche Schriften öffentlich ausstellen, anschlagen, vorführen oder sonst zugänglich machen oder
- die diese Machwerke herstellen, beziehen, liefern, vorrätig halten, anbieten, ankündigen, anpreisen, einzuführen oder auszuführen unternehmen.

Dies sind grob zusammengefasst diejenigen, die kinderpornographische Inhalte ins Netz stellen. Hier genügt oft ein Hinweis an die Betreiber der Server, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. In manchen Ländern allerdings bleibt dies leider fruchtlos.

Gemäß § 184b des Strafgesetzbuches gilt grundsätzlich aber auch, dass sich strafbar macht, wer es unternimmt, sich kinderpornographische Schriften – dazu gehören auch Dateien und das Betrachten von Bildern im Netz – zu verschaffen. Es geht daher bei der Sperrliste und der Verpflichtung der Internetprovider, die auf dieser Liste enthaltenen Internet-Seiten zu sperren, nicht um eine Zensur des Internets, sondern die Verhinderung einer Straftat.

Lassen Sie mich hier noch einmal – auch für andere interessierte Leser – die wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfes hervorheben:

1) Durch die Sperrung der kinderpornographischen Seiten im Internet wird der Kampf gegen dieses Verbrechen um präventive Maßnahmen ergänzt. Zufällige Besuche auf diesen Seiten werden durch eine Stopp-Seite verhindert. Die Koalition hat im parlamentarischen Verfahren den Ursprungsentwurf dahingehend abgeändert, dass die Aufnahme in die Sperrliste nur erfolgen darf, wenn Maßnahmen zur Löschung der Inhalte – etwa bei ausländischen Angeboten – nicht möglich oder nicht erfolgversprechend sind.
2) Nutzer, die z. B. durch Links in Spam-Mails auf diese Stopp-Seite gelangen, müssen nicht mit Strafverfolgung rechnen. Die Daten, die an der Stopp-Seite anfallen, dürfen für die Strafverfolgung nicht genutzt werden.
3) Der Datenschutzbeauftragte benennt fünf Mitglieder in ein Expertengremium, die berechtigt sind, jederzeit die Sperrliste beim Bundeskriminalamt einzusehen und zu überprüfen.
4) Es wurde klargestellt, dass Sperrmaßnahmen auf kinderpornographische Internet-Seiten beschränkt bleiben.
5) Das Gesetz wurde im Zuge der parlamentarischen Verhandlungen befristet und soll am 31. Dezember 2012 wieder außer Kraft treten.

In der öffentlichen Diskussion ist leider der vorletzte Punkt bisher nicht ausreichend verdeutlicht worden. Es ist nicht daran gedacht, ähnliche Maßnahmen auch bei anderen Rechtsverletzungen zu ergreifen, bei denen z. B. das Betrachten der Seite straflos ist und eine weitere Handlung – möglicherweise ein Download einer Datei – hinzutreten muss, um ein Rechtsgut zu verletzen. Damit habe ich schon Ihre 3. Frage beantwortet.

Nun zu Ihrer 1. Frage: Ich habe keinen Anhaltspunkt, die von der Bundesfamilienministerin zitierten Zahlen, anzuzweifeln. Schließlich gehen diese auf die Polizeiliche Kriminalstatistik zurück. Demnach ist die Zahl der Fälle von Besitz, Beschaffung und Verbreitung von Kinderpornographie von 7.318 Fällen im Jahr 2006 auf 11.357 Fälle im Jahr 2007 angestiegen. Dies entspricht einer Steigerung von 55 Prozent. Bei der Besitzverschaffung von Kinderpornographie über das Internet war von 2006 auf 2007 ein Zuwachs von 2.936 auf 6.202 Fälle zu verzeichnen. Dies entspricht der von Ihnen zitierten Steigerung um 111 Prozent. Wenn Sie den Zahlen der Polizeiliche Kriminalstatistik keinen Glauben schenken wollen, liegt es an Ihnen, aufzuzeigen, warum diese Zahlen nicht belastbar sind bzw. wie hoch die „richtigen“ Zahlen sind.

Abschließend zu Ihrer 2. Frage: Es ist überaus schwierig, konkret quantitativ zu beurteilen, ob und inwiefern dieses Gesetz den Konsum von Kinderpornographie und die Produktion von Kinderpornographie verhindert oder erschwert. Eine Patentlösung wird es nicht geben. Dies sollte uns aber nicht daran hindern, Maßnahmen zu ergreifen, die zumindest einige Straftaten verhindern. Das Gesetz ist kein Allheilmittel, aber es ist ein weiterer Baustein in unserer Gesamtstrategie, Kinder zu schützen und den Markt für Kinderpornographie, soweit es geht, auszutrocknen. Deswegen habe ich nach Abwägung aller Argumente für den Gesetzentwurf gestimmt.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Lämmel