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Frage von Simon B. •

Frage an André Martens von Simon B. bezüglich Umwelt

Hallo Herr Martens,

kurz vor der Wahl möchte ich Ihnen noch ein paar Grundsatzfragen stellen. Die Themen Umwelt und Generationengerechtigkeit tauchen im Wahlkampf fast gar nicht auf. Ihr Programm hat einen anderen Fokus.

Wie wollen Sie als Politiker Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig gestalten?

Die jetzige Strategie "Wohlstand durch Wachstum" wurde bereits 1972 durch die Studie "Die Grenzen des Wachstums" in Frage gestellt. Mittlerweile ist klar, dass die Weiterverfolgung dieser Strategie auf Dauer nicht funktionieren kann. Momentan beträgt der globale menschliche Fußabdruck 1,4 Erden. Auch wenn wir unseren CO2-Ausstoß in den nächsten Jahrzehnten senken, werden wir spätestens in der zweiten Hälfte des 21.Jahrhunderts am Rand eines sich selbst verstärkenden Klimawandels stehen (z.B. tauende Permafrostböden setzen Methan frei, was zu weiterer Erwärmung und damit noch mehr Methan in der Atmosphäre führt ...). Dieser würde das Leben unserer Nachkommen - vorsichtig gesagt - erheblich "erschweren". Selbst wenn es nicht dazu kommt, wird es extremere Wetterverhältnisse etc. geben. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen, die der Klimawandel auf Menschen in Ländern hat,
die fast nichts dazu beigetragen haben.

Bedeutet das nicht, dass wir heute alles dafür tun müssen, Umweltverschmutzung und CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren?
Oder sollten wir das ungeschriebene Gesetz: "Unseren Nachkommen soll es mindestens genauso gut gehen wie uns" einfach verwerfen?

Es ist mir klar, dass man mit solchen unangenehmen Themen nicht unbedingt Wähler gewinnt. Allerdings stellt sich mir hier die Frage, ob Ihre Aufgabe als Politiker nur im Gewinnen von Stimmen (durch Opportunismus?) liegt oder ob Sie als Volksvertreter nicht auch die Verantwortung haben, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen - auch auf die Gefahr hin, dass Sie weniger Stimmen erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Simon Birmele

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Hallo Herr Birmele,

bei den meisten Parteien ist es mittlerweile Konsens, dass wir den Ressourcen-Verbrauch effizienter gestalten und auf erneuerbare Energien umsteigen müssen. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. In der Gleichung fehlt nämlich noch der Verzicht.

Die Fixierung auf ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts ist ein Problem. Diese führt nämlich zu sehr merkwürdigen Effekten. Wenn man zum Beispiel einen aufwändigen Produktionsprozess so vereinfacht, dass er mit weniger Energie auskommt, dann sinkt das BIP, weil ja weniger für Energie ausgegeben wird. Das ist ziemlich absurd.

Wenn man also schon auf ein Wachstum abzielt und es unbedingt messen möchte, dann müssen dort auch andere Faktoren mit berücksichtigt werden: Zeitwohlstand: Wenn Automatisierung dafür sorgt, dass weniger menschliche Arbeit benötigt wird, dann sollte man die dadurch gewonnene Zeit als Erfolg feiern und alle Menschen mit geeigneten Verteilmechanismen daran teilhaben lassen. Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass eine Vollbeschäftigung erreichbar ist. Gerade im Bereich niedriger Qualifikationen wird es aufgrund der Automatisierungen immer enger. Hier helfen Investitionen in unser Bildungssystem, um die Menschen besser zu qualifizieren, aber ganz wird man das nicht abfedern können.
Umwelt: Die Schädigung der Umwelt und die Erzeugung von CO2 als Hauptursache für den Klimawandel sollte stärker in die Gleichung mit einfließen und somit dafür sorgen, damit ein besserer Umgang mit Ressourcen durch die Gesellschaft honoriert wird.

Dazu kommt aber auch, dass wir unser Leben umstellen müssen. Das kann man ganz privat im eigenen Umfeld tun. Ich selbst bin z.B. Allwetter-Radler und werde im gegenwärtigen Wahlkampf hin und wieder sogar von den Grünen belächelt, wenn ich unser komplettes Infostandmaterial von Denzlingen nach Freiburg mit dem Fahrradanhänger kutschiere. Auch den Weg zur Arbeit könnten die meisten mit dem Fahrrad zurücklegen und wer dazu nicht in der Lage ist, könnte sich zumindest über ein Pedelec Gedanken machen. Seltsamerweise empfinden viele den Umstieg vom Auto auf´s Fahrrad als Verlust von Lebensqualität. Stattdessen quälen sie sich dann in Fitness-Studios, um nach dem Bürotag etwas Bewegung zu bekommen. Auf dem Fahrrad hat man beides - Fitnesstraining und den entspannenden Blick in die Natur.

Es hilft aber nicht, mit dem erhobenen Zeigefinger bei anderen Druck zu machen. Man muss bei sich selbst beginnen und wir müssen vor allem lernen, das geänderte Verhalten in positive Geschichten zu verpacken, um andere Menschen zur Nachahmung zu animieren.

Viele Dinge lassen sich aber auch komplett ohne Komfortverlust realisieren: Solarthermie für die Warmwasser-Erzeugung, LED-Beleuchtung (ja, die sind mittlerweile wirklich gut), kleine Investments in Bürgerprojekte für erneuerbare Energien und der Strom-Bezug von Anbietern wie z.B. der EWS. Mit wenig Aufwand kann man hier viel Gutes bewirken.

Wir haben nur diese eine Erde und wenn man wie ich Kinder hat, ist ein Denken an die nachfolgenden Generationen alles andere als ein theoretisches Konstrukt.

Also in kurz: Ja, Sie haben Recht. Wir müssen diese Themen diskutieren und umsetzen. Mir persönlich ist dabei egal, ob das jetzt mehr oder weniger Wähler bringt. Ich habe mich schon bei den Piraten engagiert, als wir eine 0,9%-Partei waren. Es kommt nicht darauf an, in der beliebtesten Partei zu sein, sondern darauf, die richtigen Werte und Ziele zu verfolgen. Ich möchte meinen Kindern sowohl eine lebenswerte Umwelt als auch einen Staat hinterlassen, der ohne Überwachung auskommt und stattdessen seinen Bürgern vertraut und sie nach ihrer Meinung fragt.

Viele Grüße
André Martens