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Alexander-Martin Sardina
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Frage von Manfred B. •

Frage an Alexander-Martin Sardina von Manfred B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Sardina,

Danke für die schnelle Antwort.

Nun haben Sie es also doch getan und den undemokratischen Vorstoß Ihrer Partei mitgetragen. Schade!

Aber - entgegen Ihrer Vermutung - hat mich Ihre Antwort (und Ihr Stimmverhalten) nicht enttäuscht; ich habe so etwas in dieser Richtung erwartet. NUR: man soll die Hoffnung nicht aufgeben.

Viele - eigentlich alle - Änderungen, von denen wir heute profitieren, sind gegen den oft massiven Widerstand von "Besitzstandwahrern", die um ihre Pfründe bangten, durchgesetzt worden. Oftmals bedurfte es daher seitens der "Veränderer" eines langen Atems.

So ist es auch hier der Fall, denn "steter Tropfen höhlt den Stein" oder - weniger technisch - auf dieses Forum übertragen: "stete Anfragen überzeugen die Abgeordneten".
Ein gutes Beispiel dafür ist die wundersame
Wandlung Ihres Parteikollegen Herrn Ahlhaus was seine Vorstellung von Kommunikation zwischen Abgeordneten und Bürgern angeht. Ein kleiner Anfang zwar, der aber Grund zu Hoffnung gibt.

Nun zu den Punkten Ihrer Antwort:

1.) Mit der Aussage "[...] 63 Abgeordnete können nicht Stimmverantwortung für eine Million Wahlberechtigte übernehmen." meinte ich natürlich nicht die gesetzliche/juristische Situation. Sonst würde dieser Streit ja auch vor den Gerichten ausgefochten werden.
Ich meinte natürlich, dass aus moralischen Gründen den Bürgern deutlich mehr Mitspracherecht eingeräumt werden muss. Da dem die gegenwärtige (undemokratische und damit nicht mehr zeitgemäße) Gesetzeslage und Rechtsprechung entgegensteht, müssen Wege gefunden werden, wie der Bürgerwille zu seinem Recht kommt. Ein Weg läuft über die Abgeordneten, die VolksVERTRETER, also auch über Sie.
Lösen Sie sich doch mal von der strikten repräsentativen Demokratie als allein seligmachendes politisches Heilmittel!
Repräsentativ heisst, dass das Volk repräsentiert wird und nicht die Abgeordneten!

2.) Die Aussage "[...] in der glücklichen Situation, einen sauberen demokratischen Start zu haben." ist zum Teil von Ihnen schon richtig gedeutet worden. Nur handelt es sich dabei nicht um "Altlasten", die Ihre Parteifreunde mit sich herumtragen, sondern um permanentes undemokratisches Verhalten.
Der Fokus meiner Aussage lag aber darin, dass sich jeder für den Rückschritt oder den Fortschritt entscheiden kann. Sie hatten die Chance gehabt, ein Zeichen für letzteres zu setzen. Sie haben sie nicht genutzt.
Tun Sie es beim nächsten mal!

Nun zu meiner Frage:

Warum sperren Sie sich gegen die Stärkung der direkten Demokratie?

Gruß,

Manfred Bensel

Portrait von Alexander-Martin Sardina
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Bensel,

bitte entschuldigen Sie zunächst die etwas verspätete Antwort, aber die letzten Tage hatte ich viele Termine und einfach keine Ruhe für eine Replik.

Unabhängig davon muss ich allerdings gleich wieder gegenhalten: Mit meinem "ja" in der Bürgerschaft bei der ersten Lesung habe ich nach meiner Auffassung keinesfalls einen "undemokratischen Vorstoß" meiner Fraktion mitgetragen. Das ist in der Form ganz allein Ihre Sichtweise, und es wäre vielleicht sachdienlich, solche Ansichten künftig etwas diplomatischer zu postulieren.

Zu Ihrer Formulierung "stete Anfragen überzeugen die Abgeordneten" kann ich nur sagen, dass Sie mit derartigen Methoden bei mir ganz sicher keine Veränderung erreichen werden. Gehen Sie bitte davon aus, dass ich mir mein Abstimmungsverhalten grundsätzlich gut überlege, so wie es meine 62 anderen Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion auch tun (für die Oppositionsfraktionen wage ich hier keine Aussage zu treffen).

Bei der Frage der Volksgesetzgebung habe ich seit Jahren - auch durch mein Studium und durch einzelne persönliche Erfahrungen in Süd-Baden (Region um Waldshut-Tiengen) und im Kanton Bern - eine klare Meinung. Wir haben im Stadtstaat Hamburg Möglichkeiten für Volksbegehren bzw. -entscheide, optimieren jetzt die Verfahrensweise, beschneiden dadurch aber niemanden in seinen Rechten.

Kurz nur noch abschließend zu Ihren ergänzenden Kommentaren:
Mit "Repräsentativ heißt, dass das Volk repräsentiert wird und nicht die Abgeordneten!" haben Sie zwar grundsätzlich Recht, aber haben nicht Sie selbst in Ihrer ersten Frage auch auf die Gewissensfreiheit hingewiesen? Außerdem ist Ihnen doch auch bewusst, dass wir kein imperatives Mandat haben in Deutschland. Abgeordnete sind an Weisungen und Aufträge nicht gebunden, und das ist richtig und wichtig so. Der Repräsentationsgedanke bedeutet also gerade nicht, dass die Meinung einer bestimmten Gruppe repräsentiert werden soll, sondern dass im Idealfall in Parlamenten ein Querschnitt der Bevölkerung sitzen möge, der das gesamte Volk repräsentiert: Alte und junge Abgeordnete, Männer und Frauen, ein Mix an Berufen und Biografien. Insofern haben Sie also den Gedanken der Repräsentation leider falsch verstanden - oder wollten ihn vielleicht falsch verstehen.

Zu Ihrem Kommentar "[...] Die Aussage ´[...] in der glücklichen Situation, einen sauberen demokratischen Start zu haben.´ ist zum Teil von Ihnen schon richtig gedeutet worden. Nur handelt es sich dabei nicht um ´Altlasten´, die Ihre Parteifreunde mit sich herumtragen, sondern um permanentes undemokratisches Verhalten. Der Fokus meiner Aussage lag aber darin, dass sich jeder für den Rückschritt oder den Fortschritt entscheiden kann. Sie hatten die Chance gehabt, ein Zeichen für letzteres zu setzen. Sie haben sie nicht genutzt." kann ich nur sagen, dass ich Ihre Sicht der Dinge reichlich schräge finde: Die Abgeordneten der CDU-Fraktion sind alle demokratisch gewählt worden und ganz gleich, wie Sie im Einzelfall unsere Politik bewerten, so muss ich doch die Aussage, wir würden uns permanent undemokratisch verhalten, strikt von mir weisen. Gleichfalls stimmt es einfach nicht, dass ich eine Chance zum Fortschritt nicht genutzt hätte. Richtig ist lediglich, dass ich nicht in Ihrem Sinne abgestimmt habe. Es ist schade, dass Sie persönlich mein Abstimmungsverhalten nicht positiv bewerten, Sie werden es aber in letzter Konsequenz hinnehmen müssen.

Immerhin haben Sie ja dann doch noch eine richtige Frage nachgelegt mit "Warum sperren Sie sich gegen die Stärkung der direkten Demokratie?".

Die wesentlichen Punkte zum Thema selbst haben alle meine Fraktionskollegen mehrfach hier in ihren Antworten bereits formuliert. Ich denke, ich brauche deswegen diese nicht alle zu wiederholen. Insbesondere die Kollegen Reinert und Jäger haben viele wichtige Details genannt, die ich alle uneingeschränkt mittrage.

Vielleicht nur soviel noch: Alle Abstimmungsberechtigten erhalten die Briefabstimmungsunterlagen für Volksentscheide künftig automatisch per Post, was den Anteil der Abstimmenden deutlich steigern wird; dies widerlegt die Unterstellung, der CDU-Vorschlag würde eine Erschwernis für Elemente direkter Demokratie bedeuten. Die Eintragung in Amtsstellen halte ich in der Tat für sinnvoll und angemessen. Der Hinweis auf einen Gruppenzwang beim Sammeln von Unterschriften habe ich selbst erlebt; eine Einzeleintragung macht die ganze Sache einfach viel glaubwürdiger. Zu der Abkoppelung von Wahlen: Bei den kommenden Bürgerschaftswahlen werden die Wahlvorstände sehr beansprucht werden durch das neue Wahlrecht. Ich befürchte, dass sich eh kaum Wahlhelferinnen und Wahlhelfer werden finden lassen. Wenn wir uns dann noch die zusätzliche Belastung eines möglichen Volksentscheides dazudenken, wird die gesamte Situation noch viel schwieriger.

Sie sehen, ich sperre mich nicht gegen die Stärkung der direkten Demokratie (das ist - wie gesagt - allein Ihre Bewertung meines Verhaltens), sondern meine, dass die CDU-Vorschläge zur Veränderung der Gesetzgebung sinnvoll sind und eine Verbesserung der jetzigen Regelung bedeuten.

Besten Gruß, ams