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Alexander-Martin Sardina
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Frage von Jan G. •

Frage an Alexander-Martin Sardina von Jan G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Sardina,

wie ich der Bürgerschaftshomepage entnehmen konnte, sind Sie ja auch Mitglied im PUA zur Geschlossenen Unterbringung von Jugendlichen in Hamburg. Meinen Sie nicht auch, dass es dringend an der Zeit war, die Missstände in der Feuerbergstraße mit dem PUA aufzuklären, eigentlich müsste man der SPD und GAL ja sehr dankbar dafür sein. Zudem würde mich interessieren, ob Sie sich grundsätzlich für oder gegen eine geschlossene Unterbringung von Jugendlichen aussprechen, wobei es doch schrecklich ist für junge Menschen perspektivlos in heruntergekommenen Verwahranstalten wie dem Torgauer Jugendwerkhof sitzen zu müssen! Für eine Stellungnahme wäre ich Ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Gernke

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Antwort von
CDU

Guten Tag Herr Gernke,

bitte entschuldigen Sie die etwas verzögerte Antwort, aber ich musste mich erst einmal schlau machen, was der "Torgauer Jugendwerkhof" ist bzw. war. Dazu weiter unten dann mehr.

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur Geschlossenen Unterbringung Jugendlicher in der Feuerbergstraße (GUF) hat vor kurzem erst seine Arbeit aufgenommen mit dem Ziel herauszuarbeiten, ob und wenn ja was unter welchen Umständen in den letzten Jahren nicht korrekt gelaufen ist in der GUF. Die Ermittlungen des Ausschusses dauern an (vermutlich noch über ein Jahr ab jetzt gerechnet), und ich denke, wir werden erst am Ende mit dem Abschlussbericht des PUAs wirklich sehen, ob die Vorwürfe, die SPD und GAL vorbringen, sich überhaupt alle in der Sache und der Form bestätigen. Bei der Bewertung ist es sicherlich klug, hier kein Endergebnis vorwegzunehmen - schon gar nicht nach den ersten paar Sitzungen des PUA. Deswegen kann ich derzeit SPD und GAL nicht dankbar sein für ihre Initiative, einen PUA einzuberufen, zumal dieser fast 1,5 Millionen Euro Steuergeldern an Kosten verursacht (Tendenz vermutlich steigend).

Festzuhalten bleibt meines Erachtens als allererstes Zwischenergebnis, dass die öffentliche Vernehmung des ersten Zeugen und der Vor-Ort-Termin in der GUF deutlich gezeigt haben, dass es keinen dienstlich organisierten Reizgaseinsatz gegeben hat, einer der Hauptvorwürfe der Opposition. Zudem gestatten Sie mir nach über zwei Jahren Arbeit (2002-2004) in den Aufsichtskommissionen für den Maßregelvollzug (§ 38 HmbMVollzG) und der Aufsichtskommission für die Unterbringung psychisch Kranker (§23 HmbPsychKG) die persönliche Einschätzung, dass die Ausstattung der GUF, wie ich sie gesehen habe, geradezu Hotelcharakter hat wie ich ihn vergleichbar nur vom Neubau des Hauses 18 im Klinikum Nord (geschlossene Psychiatrie) her kenne. Die Jugendlichen haben in der GUF neben sehr modernen Sportstätten (Fußballplatz, Kraftraum) und einem Musikraum sogar Internetzugang mit E-Mail (!), die einzelnen Zimmer und Gemeinschaftsräume sind fröhlich-bunt, funktionell aber durchaus gut ausgestattet (TV, Video, mehrere Playstations) und alles in allem kann nicht die Rede von einem "herzlosen Kinderknast" sein. Manch eine Jugendherberge oder Kindertagesheim steht im Vergleich dazu schlechter da. Dass die Ausstattung in der GUF fast nur von IKEA und Aldi beschafft wird, finde ich angebracht, da dies auf einen wirtschaftlich-effizienten Mitteleinsatz seitens der Verwaltung verweist.

Dies leitet über zu der letzten Bemerkung von Ihnen, bei der ich unterstelle, dass sie ganz bewusst überzogen ist, denn nachdem ich mich jetzt eingelesen habe in die Geschichte des "Jugendwerkhofes Torgau" in Sachsen, ist es völlig unangebracht, hier einen Vergleich zur GUF in Hamburg herzustellen! Der Torgauer Jugendwerkhof war von 1964 bis 1989 ein Instrument der "sozialistischen" DDR-Diktatur, um "kriminelle Kinder" zu verwahren ("Disziplinareinrichtung"); dort wurde in Steh- und Wasserzellen auf perverse Art aktiv gefoltert, es gab kein vernünftiges Essen, keine verwertbare Schulbildung (trotz der "Werkarbeit in der Produktion") und keine Konzepte, die den dort inhaftierten Jugendlichen den Hauch einer Perspektive für ihr Leben gegeben haben. Dies bitte ich doch zu beachten und künftig derart absurde Parallelen nicht zur GUF herzustellen.

In der Hoffnung, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben, wünsche ich Ihnen
ein schönes Wochenende.

Gruß, AMS.